Weltraumpartisanen 19: Astropolis
den ungünstigen Eindruck zu zerstreuen, den ich von ihm gewonnen hatte.
»Ich hab’ das ja auch nur gelesen, Sir, um überhaupt mal mitreden zu können. Man will ja schließlich auf dem laufenden sein.«
»Nun, wenn Sie der Ansicht sind, mitreden zu können – wie stehen Sie dazu?«
Ich nahm ihn beim Wort.
Armandez hob die Schultern.
»Ich meine Sir, irgendwie klingt das ja logisch – aber man sollte die Finger davon lassen.«
Ich dachte an die Fingerabdrücke auf den Seiten.
»Tun Sie das, Armandez«, sagte ich. »Sie tun sich selbst einen Gefallen damit. Die Warrensche Welt wäre nicht mehr lebenswert – auch nicht für Sie. Wie alt sind Sie?«
»Einunddreißig, Sir.«
»Einunddreißig!« wiederholte ich. »Suchen Sie sich eine anständige Frau, und setzen Sie ein Dutzend gesunder Kinder in die Welt. Das ist wahrscheinlich besser als jede Spritze.« Ich nickte ihm noch einmal zu, und der Fahrstuhl trug mich in das Licht der Sonne zurück, das über der betriebsamen City lag. Vor dem Turm parkte ein solargetriebener viersitziger Landcar – einer von der Sorte, wie man ihn auf Astropolis bevorzugt für den Individualverkehr benutzte –, und als ich an ihm vorüberschritt, ohne ihm Beachtung zu schenken, wurde ich angesprochen: »Ein wunderschöner Tag heute, nicht wahr, Commander?«
Ich blieb stehen und wandte mich um.
Lieutenant Mobuto, der es sich auf der Hinterbank bequem gemacht hatte, legte höflich die Hand an die Mütze. Pater Georgius saß am Steuer und sah mich mit lächelnden Augen an.
»Nun«, erwiderte ich, »ich würde doch sagen – ein Tag hier ist wie der andere.«
Pater Georgius winkte mit der Hand.
»Was halten Sie von einem kleinen Ausflug? Ich habe mich soeben davon überzeugt, daß Sie frei und abkömmlich sind – und nun lassen Sie sich von mir überzeugen, wie ich schon Ihren vortrefflichen Lieutenant Mobuto überzeugt habe.«
Ich zögerte.
Es mochte eine Gelegenheit sein, den Steuerbordtank zu inspizieren, der uns die lästige Bescherung eingebrockt hatte – und überdies wäre es wohl in der Tat eine Schande gewesen, Astropolis wieder zu verlassen – und der Tag kam unaufhaltsam auf mich zu –, ohne mehr davon gesehen zu haben als ein leeres Stadion, die Plaza Humanitas mit dem Astropol und das vermaledeite Cockpit.
»Wenn Sie mir eine Minute Zeit lassen, Pater …«
Pater Georgius lachte.
»Sie brauchen sich nicht eigens umzuziehen, Commander! Wir unternehmen einfach eine Landpartie. Offen gesagt – ich bin selbst ziemlich neugierig auf das, was mich vor den Toren der City erwartet.«
»Eine Minute, Pater!« wiederholte ich. »Ich möchte nur ein paar Konstruktionspausen einstecken – um über dem Angenehmen nicht das Nützliche zu vergessen.«
Im Tresorraum nahm ich an mich, was ich für diesen Tag benötigen würde: eine Konstruktionspause mit den Treibstoffkanälen, eine weitere Konstruktionspause mit dem eingetragenen Raumkutter, eine zuverlässige Straßen- und Geländekarte und einen kleinen, handlichen Peilkompaß.
Pater Georgius stieß den Schlag auf, und ich stieg ein.
»Sie sollten einmal völlig abschalten, Commander!« sagte Pater Georgius mit mildem Vorwurf. »Ein Mensch, der immer nur an seine Arbeit denkt, betrügt sich um den besseren Teil des Lebens. Lieutenant Wronski – der macht das richtig!«
Ich warf einen um Aufklärung heischenden Blick hinüber zu Lieutenant Mobuto.
»Wissen Sie, wovon die Rede ist?«
Lieutenant Mobuto machte sein schwärzestes und leerstes Gesicht.
»Verzeihung, Sir. Ich habe nicht zugehört.«
Pater Georgius schmunzelte.
»Nun, wenn es Ihnen noch nicht zu Ohren gedrungen ist, was die Spatzen gewissermaßen von allen Dächern pfeifen, Commander – ich habe nichts gesagt. Für Sie ist es ja wohl auch nur von Wichtigkeit, daß Lieutenant Wronski gewissenhaft seine Arbeit tut.«
Der Landcar setzte sich geräuschlos in Bewegung.
Pater Georgius lenkte ihn durch die City, und einen Atemzug lang lief ich Gefahr zu vergessen, wo ich mich befand. Ich glaubte mich versetzt in eine der geschäftigen Mittelstädte Südeuropas, in denen das Leben überschäumt. Mein Freund in der schwarzen Soutane hatte recht: Oben in der Abgeschiedenheit des Cockpits, in der strengen, nüchternen Welt der Armaturen, gewann man von diesem wohl kühnsten und phantasievollsten Werk moderner Raumfahrttechnik einen falschen Eindruck.
Astropolis war eine nicht nur in technischer Hinsicht gelungene Schöpfung – denn als technisch
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