Weltraumpartisanen 19: Astropolis
Kopf.
Es war ein kompliziertes Verfahren, das sich auf eine einfache Formel bringen ließ: »Das Prinzip besteht aus einer Folge von Schubstößen nach einem exakt festgelegten Programm, Exzellenz. Der erste Schubstoß erfolgt wenige Sekunden nach elf Uhr. Er wird ausreichen, um Astropolis aus der Umlaufbahn um die Erde zu lösen, in der wir uns zur Zeit noch befinden.«
Ich sah auf die Uhr und stellte fest, daß es angebracht war, mich zu verabschieden.
»Wenn Sie mich jetzt freundlicherweise entschuldigen, Exzellenz – mich ruft die Pflicht.«
Der Präsident begleitete mich zur Tür.
»Ich verstehe«, sagte er, »aber ich hoffe zuversichtlich, Sie geben mir noch einmal die Ehre, Commander.«
Lieutenant Wronski erspähte mich und verabschiedete sich von seiner Gesprächspartnerin. Es war die junge, hübsche Reporterin, die ich bereits kennengelernt hatte. Während er mit einer Handbewegung mich noch um ein, zwei Sekunden Geduld ersuchte, flüsterte er ihr etwas ins Ohr, und mir entging nicht, daß das Mädchen heftig errötete, wobei es doch zugleich lachen mußte.
»Da bin ich, Sir.«
Lieutenant Wronskis Augen hatten einen verträumten Glanz.
Neben dem Portal, im Schatten einer Statue des Ikarus, lagen auf dem Fußboden eine schwarze Soutane und ein breitkrempiger Priesterhut.
Kurz nach zehn Uhr betrat ich zum zweiten Mal an diesem Tag das Cockpit – diesmal, um darin meinen Platz einzunehmen. Das Cockpit, in zwei Etagen geteilt, hatte in etwa die Form eines altertümlichen Eisenbahnwagens. Die untere Etage – noch in der sogenannten Klimazone von Astropolis gelegen – beherbergte sowohl die eigentliche Brücke als auch das davon abzweigende Navigations-Center (NC) und die separate Funkkabine (FK). Darüber hinaus gab es rechts vom Fahrstuhl einen winzigen Ruheraum und die unerläßliche sanitäre Einrichtung.
Die Vorbereitungen zum Countdown waren bereits im Gange. Die Computer summten, und über die Wand mit den Monitoren huschten Signale und Zahlenkolonnen.
Lieutenant Mobuto, den ich noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, verließ für einen Augenblick das FK, um sich mir vorzustellen. Ich blickte in ein schmales, kühles ebenholzschwarzes Gesicht.
»Lieutenant Mobuto, Sir.«
»Sehr erfreut.«
Was die Personalakte über den mir zugeteilten Kommunikations-Offizier an Wissenswertem enthielt, war in meinem Gedächtnis gespeichert:
Pierre Mobuto, geb. 19.2.2051 in Dakar, Senegal, Hautfarbe schwarz, Ausbildung zum Funker (astr.) auf der Fachschule für transplanetarisches Signalwesen in Athen. Teilnahme an diversen Expeditionen. Veröffentlichte 2075 Die Reflextheorie und stellte sie 2079 unter Beweis.
Der Händedruck, den ich empfing, war knapp und fest.
»Es hat einigen Ärger gegeben mit den Antennen, Sir – aber jetzt ist die Verbindung astrein.«
»Danke, Lieutenant. Lassen Sie sich nicht aufhalten.«
»Sehr wohl, Sir.«
Lieutenant Mobuto wandte sich ab. Ich hielt ihn noch einmal zurück.
»Eine persönliche Frage, Lieutenant – was hat Sie dazu bewogen, die gegenwärtige Laufbahn einzuschlagen?«
Lieutenant Mobuto zeigte mir ein knappes Lächeln.
»In meiner Heimat, Sir, verfügte man bereits über eine funktionierende Telegrafie, als in der Ihren noch nicht einmal die Postkutsche erfunden gewesen war.«
Ich muß ein leicht verblüfftes Gesicht gemacht haben, denn Lieutenant Mobuto fügte hinzu: »Ich rede von den Buschtrommeln, Sir.«
Die Tür zum FK fiel ins Schloß.
Lieutenant Wronski sprach über das Mikrofon mit der Maschine, wo sich die beiden Ingenieure – Robins und Armandez – bereithielten. Beide hatten sich mir vorhin schon kurz vorgestellt – zu flüchtig, um mehr als einen oberflächlichen Eindruck von ihnen zu gewinnen – und waren dann in die dunkle, warme Tiefe der Kugel zurückgekehrt, wo sich das Triebwerk befand. Sowohl Robins als auch Armandez gehörten zur Einwohnerschaft von Astropolis. Mit dem Verholen des künstlichen Planeten auf seine Position liefen ihre alten Verträge aus, und diese Tatsache ließen sie mich spüren. Zur Begrüßung waren sie bereits in zivilen Overalls erschienen, und zivile Lässigkeit äußerte sich in ihrem ganzen Gehabe. Im Hinblick darauf, daß sich unsere Wege bald trennten, ließ mich das kalt. Mir war es genug, wenn aus ihren Personalakten hervorging, daß sie ihr Handwerk verstanden; und im übrigen war das Triebwerk, dessen Lebenserwartung aus Kostengründen auf die Dauer dieser einen Reise beschränkt war, eins von
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