Weltraumpartisanen 19: Astropolis
mit der Wissenschaft von den Computern und den diesen anvertrauten programmierbaren Objekten, der sogenannten Robotologie.
Währenddessen gingen Lieutenant Wronski und ich abwechselnd unsere Wachen – hoch oben in der schwindelnden Einsamkeit des Cockpits, in dem man das Gefühl hatte, den Sternen enger verbunden zu sein als dem Leben und Treiben am Fuße des Turms.
Was Lieutenant Wronski in seiner Freizeit trieb – danach fragte ich nicht: Er war fast ständig unterwegs, und ich gewann den Eindruck, daß er das süße Leben auf Astropolis in vollen Zügen auskostete. In seinem Alter und ledig und ungebunden, wie er war, hätte ich das wohl genauso gemacht.
Auf mich jedenfalls wartete, sobald ich die Wache an meinen Navigator abtrat, der Hauptteil der Arbeit: die gewissenhafte Führung des Tagebuchs, das dem weiteren PL-Programm zugute kommen sollte. Diese Tätigkeit verlangte, daß ich alle verschlüsselten Computerwerte über Kurs, Beschleunigung, Flugverhalten und kosmische Konstellationen in Klartext übertrug, zu einem Bericht zusammenfaßte und diesen in das Diktiergerät sprach, das ihn ausdruckte. Danach pflegte ich zu essen, was aus dem benachbarten Gasthaus auf den Tisch kam, und mich sodann zur Ruhe zu begeben. An den Geselligkeiten und Vergnügungen der City, zu denen ich regelmäßig eingeladen war, darunter auch ein Ball im Astropol, nahm ich nicht teil. Die Astropolitaner mochten Anlaß haben zum Feiern – ich jedenfalls, der für das Gelingen der Reise verantwortlich blieb, benötigte einen klaren Kopf, um gegebenenfalls im Handumdrehen Entscheidungen zu treffen, für deren Tragweite es keine Vorbilder gab.
Die Wahrscheinlichkeit sprach dafür, daß es nicht dazu kommen sollte. Die automatische Schubsteuerung arbeitete nahezu einwandfrei. Der einzige Ärger, den wir mit ihr hatten, rührte von der Mengenanzeige des Steuerbordtanks her. Die Uhr wies ihn aus als noch zu einem Viertel gefüllt; darauf, daß er möglicherweise leer war, kamen wir erst, als das mit ihm gekoppelte Triebwerk mitten im Manöver plötzlich aussetzte – eine Panne, die Lieutenant Wronski und mich mehr als 48 schlaflose Stunden kostete, bis wir sie wieder ausgebügelt hatten. Zwar sprang das Triebwerk nach dem Umschalten auf den Backbordtank sofort wieder an – aber bereits dieser Sekundenbruchteil reichte aus, um Astropolis aus der vorherberechneten Bahn zu werfen. Mit Hilfe des Korrektors konnte das schließlich berichtigt werden; doch es war eine anstrengende, lästige Rechnerei und ein nerventötendes Manöver, bis man schließlich aufatmend feststellen konnte, daß der alte Zustand wiederhergestellt war und die Automatik erneut übernehmen konnte.
Nicht einmal das Maschinenpersonal erfuhr die volle Wahrheit über diesen Zwischenfall. Eine Panik auf Astropolis war das, was wir in einer solchen Situation am wenigsten brauchen konnten: keine hysterischen Volksmassen am Fuße des Turms und keine besorgten Abordnungen, die einem lediglich die Zeit stahlen.
VEGA-Metropolis gegenüber, wo man die Reise mit Aufmerksamkeit verfolgte, ließ sich die Panne freilich nicht verschweigen. Harris übernahm selbst die funktechnische Beratung – und nie in meinem Leben war ich ihm enger verbunden gewesen als in diesen bangen Stunden. Ich glaube ihn zu sehen, jenseits des leeren Raumes, wie er hemdsärmlig und unrasiert vor seinem Kontrollpult saß und sich mit literweise genossenem Kaffee wach hielt, um mich nicht im Stich zu lassen.
Als es schließlich ausgestanden war, bemerkte er: »Jetzt frage ich mich nur, wozu ich diesen ganzen Affenzirkus veranstaltet habe. Sie sind ganz prächtig auch ohne mich zurechtgekommen.«
Das war richtig. Wir hatten uns ausschließlich an Lieutenant Wronskis Berechnungen gehalten. Ich gab es nicht zu. Es hätte ihn, der sich zwei Nächte um die Ohren geschlagen hatte, vor den Kopf gestoßen. Ich erwiderte: »Nicht doch, Sir! Sie waren uns eine fabelhafte Unterstützung.«
Durch den Äther kam Harris’ protestierendes Schnaufen.
»Ihre Scheinheiligkeit verdient einen Orden, Brandis!« Harris wechselte, wie das seine Art war, sprunghaft das Thema. »Lieutenant Mobuto weist mich darauf hin, daß Sie sich auf ein kosmisches Störfeld zubewegen.«
Ich drückte den Knopf.
»Roger, Sir. Wir müssen damit rechnen, daß die Verbindung demnächst abreißt.«
»Nun, Sie sind ein erwachsener Mann.«
Das war Harris’ Art, mir sein Vertrauen auszudrücken.
Die Kursabweichung blieb die einzige
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