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Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Weltraumpartisanen 19: Astropolis

Titel: Weltraumpartisanen 19: Astropolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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gelungen mußte man schließlich jede x-beliebige Raumstation bezeichnen. Was Astropolis zu einem verblüffend ähnlichen Abbild des Mutterplaneten werden ließ, war der irdische Geist, der aus dem Verhalten der Bewohner sprach. Sie – so spürte man – hatten die neue Welt mit all ihren Gesetzmäßigkeiten bereits angenommen, ohne sich selbst dabei zu verlieren.
    Die Ehrenwache vor dem Astropol, zwei baumlange Gendarmen, präsentierte, und Pater Georgius kniff vergnügt ein Auge zu.
    »Sie sind ein bedeutender Mann auf Astropolis, Commander, und, selbst wenn Sie niemals ausgehen, bekannt wie ein bunter Hund – falls Sie mir diesen Vergleich nicht übelnehmen. Haben Sie schon meine Kirche gesehen?«
    »Nur von oben.«
    »Nun, reden wir nicht von denen, die sich selbst erhöhen!« meinte Pater Georgius gutgelaunt. »An einem Blick auf ein Meisterwerk spätchristlicher Baukunst werden Sie nicht vorbeikommen – auch wenn das für uns einen kleinen Umweg bedeutet. Lassen Sie sich von Lieutenant Mobuto bestätigen, daß sich der Umweg lohnt.«
    Lieutenant Mobuto neigte zustimmend den Kopf. »So ist es, Sir.«
    Mir fiel auf, daß er kleine, zierliche Hände hatte. Sie sahen nicht aus wie Hände, die in der Kunst geübt waren, die schwere Buschtrommel zu schlagen.
    Ohne daß ich das beabsichtigt hatte, mußte ihn meine harmlose Frage nach seinen Beweggründen erheblich gekränkt haben. Unser Verhältnis war korrekt und kühl. Wenige Minuten später konnte ich mich davon überzeugen, daß Pater Georgius nicht übertrieben hatte. Die Magdalenen-Kirche von Astropolis zählte in der Tat zu den Juwelen zeitgenössischer Architektur.
    Pater Georgius gab seinen Gedanken Ausdruck.
    »Man hat das Astropolis-Projekt mit der Besiedlung des Wilden Westens vergleichen, aber dieser Vergleich hinkt. Die ungebärdige Pionierzeit, die kennzeichnend war für die Erschließung des amerikanischen Westens – uns bleibt sie erspart. Wir beginnen unser neues Leben auf einer Kulturstufe, in der sich die ganze schöpferische Intelligenz und Phantasie von drei geschichtsträchtigen Kontinenten vereinigt … Aber was ist das?«
    Pater Georgius stieg aus, und ich konnte sehen, wie er mit zorniger Gebärde ein Plakat zu entfernen trachtete, das das massive Kirchenportal verunzierte.
    Das Plakat zeigte auf giftgrünem Grund das flammendrote Symbol der Tarassenkoschen Spritze. Darunter prangte in herausfordernden Lettern das unselige Warren-Zitat:
    VORWÄRTS IN DIE UNSTERBLICHKEIT!
    Pater Georgius gelang es schließlich, das Plakat herabzureißen. Er knüllte es zusammen und trat es ein paarmal mit den Füßen.
    Als er zum Landcar zurückkehrte, machte er einen niedergeschlagenen Eindruck.
    »Es ist schon das zweite Mal, daß man mir so etwas anhängt«, sagte er. »Und was man dagegen auch unternimmt, wie sehr man auch die Leute von der Abscheulichkeit dieser Lehre zu überzeugen trachtet – ein paar Unbelehrbare bleiben immer.«
    Er wandte mir sein verstörtes Gesicht zu.
    »Oder finden Sie etwas Positives an dieser Spritzen-Religion, Commander?«
    Ich schwieg. Weder Warren mit seiner Lehre von der irdischen Unsterblichkeit noch die Hysterie um das im Gefolge dieser Heilbotschaft entwickelte Tarassenkosche Serum – von dem mittlerweile jedes Kind wissen mußte, daß es nicht wirkte – hatten mich je sonderlich interessiert. Ich war an ein Leben unter den Sternen gewöhnt, an ein Leben nach den strengen Regeln, wie sie an Bord eines schnellen Schiffes auf astraler Reise nun einmal gelten mußten. Für Warren und seine biotechnische Umsetzung war in diesem Leben kein Raum.
    Pater Georgius machte seiner Erbitterung Luft.
    »Schuld an allem ist der Umstand, daß die Leute eben nie zu Ende denken. Wer von ihnen hat Warrens Voraussetzung zum Überleben je ganz und gar gelesen? Das ist doch eine verschwindende Minderheit. Die anderen glauben, was einige fanatische Agitatoren ihnen verheißen – an das Ende aller Probleme und Widerwärtigkeiten, als da sind Hunger, Armut, Krankheit, soziale Ungerechtigkeit, wenn man sich nur der Herrschaft der Spritze unterwirft. Sie sehen nicht, daß am Ende unweigerlich der Terror stehen muß, ein Terror ohne Gnade und Erbarmen, denn es wird immer wieder ein paar normal denkende Menschen geben, denen die Unsterblichkeit weniger bedeutet als das eigene Kind.«
    Zum zweiten Mal an diesem Tag mußte ich an Gilbert Graham denken, der sein Leben einer geliehenen Soutane verdankte.
    Nun, ich wollte nicht vorschnell

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