Weltraumpartisanen 24: Astronautensonne
unverhofften Aufschub verschafft. Martin Seebecks Name war gefallen. Die Jagd auf ihn war mithin weiterhin in vollem Gange.
Jennifer Jordan wurde über die Schwelle gestoßen, gefolgt von Lieutenant Levy.
„Weltwacht und UGzRR“, sagte der Bursche mit den silbernen Pistolen geringschätzig, „ein Herz und eine Seele!“
Er schickte sich an, den Raum zu verlassen. Eine Sekunde lang war er nicht auf der Hut. Lieutenant Levy sah mich an. Ich nickte. Er konnte auf mich zählen. Wir hatten nichts zu verlieren.
Lieutenant Levy sprang den Universal-Guard-Hauptmann von hinten an und drückte auf den Anlasser des Ikarus . Der Raum füllte sich mit den ohrenbetäubenden Donnerschlägen der Explosionen, erstickenden Gasen und sengender Hitze. Das Gerät schnellte aufwärts und riß den Hauptmann mit. Der Hauptmann prallte mit dem Kopf gegen die Decke und blieb an dieser, vom Feuerstrahl auf seinen Rücken gewaltsam dagegen gepreßt, mit zappelnden Beinen hängen.
Die Überrumpelung war nahezu perfekt. Es fehlte nur, daß ich dem Hauptmann die Bell abnahm und hinaussprang auf den Gang.
Ich kam nicht hoch.
Irgend etwas in mir lief wieder verkehrt. Ich schaffte es gerade, auf die Knie zu kommen; danach brachte ich alles durcheinander und kippte wieder um.
Als Lieutenant Levy begriff, daß er auf sich allein gestellt war, hatten wir bereits verspielt. Zwar sprang er noch in die Höhe, um nach der Bell zu greifen, doch der Augenblick war verpaßt. Es halbes Dutzend Universal-Gardisten stürmte den Raum, und Lieutenant Levy bekam die Kolben ihrer Kosak-Karabiner zu spüren, bis er zusammenbrach. Danach holten sie den fluchenden Hauptmann von der Decke.
Vier kräftige Hände waren erforderlich, um dem Hauptmann den Helm vom Kopf zu zerren. Er hatte blutunterlaufene Augen und ein rotes Gesicht.
„Das tun Sie nicht noch einmal“, keuchte er, „ganz gewiß nicht. Das tun Sie nur einmal und dann nie wieder.“
Lieutenant Levy bekam von ihm einen Fußtritt, der einen Ochsen hätte umbringen können, zwischen die Rippen. Dann war ich an der Reihe. Ich sah den schweren Stiefel auf mich zukommen und wollte mich herumwerfen, doch auch diesmal lief in mir alles verkehrt, und ich erreichte mit meiner Abwehrbewegung lediglich, daß mich der Stiefel in der Magengegend traf. Ich verlor die Besinnung. Irgendwann kam ich zu mir. Jennifer Jordan kniete neben mir und war damit beschäftigt, mir den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Neben mir lag mein Helm. Sie hatte ihn mir abgenommen, ohne daß ich es bemerkt hatte.
„Wie geht es Ihnen, Sir?“ erkundigte sie sich.
Ich bewegte Arme und Beine. Es gab keine Komplikationen.
„Ich bin in Ordnung“, erwiderte ich. „Was ist mit Lieutenant Levy?“
Er selbst gab mir die Antwort. Er saß auf dem harten Zement, den Rücken gegen die Wand gelehnt, und ließ sich den belebenden Luftstrom ins Gesicht wehen, der aus dem Schacht der Klimaanlage kam.
„Was soll mit mir sein, Sir?“ erwiderte er in seiner kühlen Art. „Ich denke darüber nach, wie’s wohl der Weihnachtsgans zumute ist, wenn man sie in die Bratröhre schiebt. Was ich damit sagen will, Sir: Ich habe das todsichere Gefühl, daß diese Haltestelle zugleich Endstation ist.“
Nachdem ich den Raum abgesucht hatte, mußte ich ihm beipflichten. Der einzige Weg hinaus führte durch die von außen verriegelte Tür aus stahlhartem Synthoflex. Dem neuartigen Produkt aus der modernen Alchimistenküche wäre nicht einmal mit Hammer und Meißel beizukommen gewesen. Um die Tür gewaltsam zu öffnen, bedurfte es einer mittleren Sprengladung.
Bis vor kurzem war der Raum - alles deutete darauf hin - die Computerzentrale des flachen Bunkerkomplexes gewesen, in dem die Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker von Kosmos-Trust gelebt hatten, während die ersten Experimente mit dem Vulkanit durchgeführt wurden. Die hochwertigen Computer waren mittlerweile abgebaut; an den Anschlüssen konnte man erkennen, wo sie gestanden hatten. Als ich mich anschickte, die Kabelschächte abzuklopfen, bemerkte Lieutenant Levy resigniert:
„Sparen Sie sich das, Sir. Ich hatte die gleiche Hoffnung. Da kommt nicht mal eine Maus durch.“
Ich gab es auf.
Draußen hob die Najade ab. Der hohe, singende Ton des Triebwerks war unverkennbar. Die Wände vibrierten. Die Evakuierung des Titans war nahezu abgeschlossen.
Als ich auf die Uhr sehen wollte, stellte ich fest, daß sie zerbrochen war. Jennifer Jordan nannte mir die Uhrzeit. Es war 11.17 Uhr
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