Weltraumpartisanen 24: Astronautensonne
Es war noch nicht ausgestanden.
Und dann, mit einigen Sekunden Verzögerung, zu spät, um das Vulkanit weiter anzuheizen, explodierte die kritische Masse.
Es war vorbei. Die Welt war wieder still. Der Staubnebel lichtete sich. Lieutenant Stroganow und Lieutenant Levy tauchten aus dem Nebel auf und halfen mir aufzustehen. Am liebsten hätte ich ihre Hände abgeschüttelt, doch da ich spürte, wie sich meine Beine wieder verhedderten, ließ ich sie gewähren.
Sie führten mich. Ich brauchte ihnen nur zu folgen. Es war nicht weit. Bis dorthin, wo Captess Kato kniete, waren es nur ein paar Schritte. Der Boden war mit Betontrümmern übersät. Zwischen den Trümmern lag Jennifer Jordan: mit zerschmettertem Helm.
Captess Kato bemerkte uns und wandte sich um.
„Ihr war nicht mehr zu helfen, Sir. Sie kommen zu spät. Ich soll Ihnen ausrichten…“
Ich zwang mich, fest auf meinen Beinen zu stehen und nicht zu schwanken.
„Was?“
Captess Katos Stimme hörte auf zu singen. Sie wurde voll und klar. Ich lauschte ihr - und es war nicht Captess Katos Stimme, die ich vernahm, und auch nicht die von Jennifer Jordan. Es war die Stimme der Erde.
„Sie hat gesagt, Sir: Wenn man die Welt liebt, muß man sie verteidigen.“
18.
Ich war hinausgetreten auf den Balkon. Vor mir lag Metropolis, diese unvergleichliche Stadt mit über sechzig Theatern und Opernhäusern, mit vierzig Konzerthallen und mehr als hundert Museen, Sitz der Regierung und politisches und kulturelles Zentrum der EAAU, die Stadt, über die es hieß: Europa hat die Geschichte geliefert, Amerika Wagemut und Kühnheit - und Afrika den hämmernden Rhythmus des Lebens; der weiße Schaumkranz der atlantischen Brandung war in der Ferne gerade noch zu erkennen. Das Airtaxi war noch nicht in Sicht.
„Mark, das wird dich interessieren!“
Ich kehrte zurück. Ruth O’Hara war damit beschäftigt, mein Gepäck zu überprüfen, das reisefertig mitten auf dem Teppich stand.
Der Fernseher lief. Die TV-Wand füllte sich mit den Berichten vom Tage.
Der Zusammenbruch von Kosmos-Trust war besiegelt. Horst Jalta, der Präsident, hatte sich nach Las Lunas abgesetzt.
Im Astronautensonne -Prozeß war das Verfahren gegen die Universal Guard abgetrennt und auf einen späteren Zeitpunkt vertagt worden. Mit bitterer Ironie nannte ein Kommentator als vermutliches Datum den St. Nimmerleins-Tag.
Pfiffe und Tumult im Gerichtssaal: die Anklage gegen den MSD-General Irving Rothberg wegen Entführung, Mordes und erdgefährdender Umtriebe war vom Gericht zurückgewiesen worden. Man sah das bestürzte Gesicht des Generalstaatsanwaltes Pilsudski. Die Kamera zeigte den triumphierenden Auszug des MSD-Chefs aus dem Gericht. Ein auffallend blasser Mann im grauen Anzug schüttelte ihm die Hand.
„General, es gibt zum Glück noch Richter in der EAAU!“
Eine geschmeidige Stimme. Granit unter Seide.
Plötzlich erinnerte ich mich. Auf dem Titan hatte ich vergeblich in meinem Gedächtnis gekramt.
Kellermann.
Das Heulen des aufsetzenden Airtaxis ließ sich vernehmen. Ich schaltete das Gerät ab. Was es darauf zu sehen gab, war selten erfreulich. Ich hob das Gepäck auf, Ruth nahm den Kranz, und wir fuhren hoch zum Parkdeck.
Seebeck bezahlte das Taxi und entließ es. Er kam heran, wobei er das linke Bein leicht hinter sich herzog.
„Der eine Hauptverbrecher setzt sich ab, den anderen lassen sie laufen“, sagte er verbittert. „Das Friedman-Material hat angeblich nur die Gutachter belastet - und die kann man nicht mehr zur Rechenschaft ziehen. Wann werden Sie endlich als Zeuge gehört, Mark?“
Ich hob die Schultern.
„Samuel Plaatje hat mich vernommen, Pilsudskis schwarze rechte Hand. Plaatje meint, damit könnte man kaum jemanden festnageln.“
Seebeck machte ein angewidertes Gesicht.
„Sie werden doch nicht aufgeben, Mark? Ich habe für meinen Bericht mehr als hundert Zeitungen an der Hand, und auch Stella-TV steigt mit ein. Pilsudski wird, falls er sich mit dem heutigen Spruch nicht abfindet, jede Menge Rückendeckung haben. Wir werden diesen Saustall ausmisten!“
Ich schob ihn auf die Libelle zu.
„Sie wissen, daß Sie auf mich zählen können, Martin. Aber jetzt steigen Sie erstmal ein! Ich bin spät dran.“
Ruth O’Hara übernahm das Steuer. Uns blieb gerade noch Zeit für einen kleinen Umweg. Auf dem Südfriedhof legten wir auf Jennifer Jordans Grab den mitgebrachten Kranz nieder. Ruth bückte sich noch einmal und ordnete die Schleife. Die Aufschrift lautete:
DEN
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