Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
gelandeten Helikopters.
    »Die Nummer Zwei, Sir, ersucht darum, an Bord kommen zu dürfen.«
    »Sir Oleg?«
    »Sein Adjutant war eben hier. Keinen roten Teppich, sagt er, keinen großen Bahnhof. Sir Oleg besucht uns gewissermaßen als Privatperson.«
    Die Marotte eines hohen Herrn? Wißbegier? Sir Oleg stand in dem Ruf, selbst ein passabler Pilot zu sein. Galt sein Interesse dem Schiff?
    Unwahrscheinlich. Die Rettungskreuzer der UGzRR waren auf der Venus oft genug zu Gast. Gelegenheiten zur Besichtigung hatte es zu Hunderten gegeben. Also was? Nun, ich würde es erfahren.
    »Ich lasse Sir Oleg bitten.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Und so betrat eine knappe Minute später mit ausgestreckter Hand und einem gewinnenden Lächeln der zweitmächtigste Mann der EAAU – und wohl auch ihr elegantester – meine Kammer, der Gouverneur der Venus. Protokollarisch rangierte er gleich nach dem Präsidenten – und faktisch war er auf diesem von ihm regierten Planeten sein eigener Herr. Ein venerisches Sprichwort drückte es aus: Der Präsident ist weit, aber der Gouverneur nahe. Auf eine aktuelle Formel gebracht, besagte dies, daß Sir Oleg zu einer Zeit, in der die Drei Vereinigten Kontinente des Mutterplaneten um ihr Überleben rangen, mehr denn je der ungekrönte König dieses bedeutendsten Planeten im EAAU-Verbund war.
    »Commander Brandis, endlich lerne ich Sie kennen!«
    »Sie wären mir jederzeit willkommen gewesen, Sir Oleg.«
    »Ach, Sie wissen ja, wie das ist: Nie hat man richtig Zeit. Aber heute …«
    Sir Oleg schüttelte mir die Hand. Er war ein Mann in den Fünfzigern und bei aller Eleganz eine angenehme Erscheinung mit einem ungekünstelten Lachen und unkompliziertem Wesen; sein graumeliertes Haar kontrastierte vorzüglich zu seinem höhensonnengebräunten markanten Gesicht. Der Anzug, den er trug, war vom besten Schnitt, und der Duft des Rasierwassers, der ihn umschwebte, war einer von der teuersten Sorte.
    Da die Nachrichtenverbindung zur Erde nach wie vor gestört waren, nutzte Sir Oleg die unerwartete Gelegenheit, sich über die Verhältnisse auf dem Mutterplaneten unterrichten zu lassen. Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln kam er zur Sache.
    »Und die Verhältnisse auf der Erde, Commander, sind sie noch immer so katastrophal wie zu Beginn? Es soll hier und da zu Regenfällen gekommen sein.«
    »Das ist wahr«, bestätigte ich. »Auch über Metropolis ist ein Schauer niedergegangen. Doch selbst wenn es zu heftigeren Regenfällen käme, wäre noch nichts wirklich gewonnen. Die Dunkelheit hemmt alles pflanzliche Wachstum.«
    »Und diesbezüglich hat sich noch nichts geändert?«
    »Es wird nicht richtig Tag. Selbst mittags nicht, wenn die Sonne am höchsten steht. Der ikarische Staub schluckt das Licht.«
    »Es war Ihrer Ansicht nach, Commander, ein Fehler, den Ikarus zu sprengen?«
    »Der Planetoid war außer Kontrolle geraten. Die Sprengung war notwendig geworden. Von Anfang an hätte man die Finger davon lassen sollen. Die Himmelsmechanik ist äußerst sensibel.«
    Sir Oleg nickte nachdenklich.
    »Hastings tritt ein schweres Erbe an.«
    »Er ist sich dessen bewußt.«
    Falls Sir Oleg sich bei der Präsidentenwahl übergangen fühlte, ließ er sich das zumindest nicht anmerken. Seine Miene drückte aufrichtige Besorgnis aus.
    »Kaum Regen, kein Sonnenlicht – praktisch der nukleare Winter. Damit wird auch Hastings nicht fertig werden. Wie? Indem er Gesetze erläßt? Glauben Sie mir, Commander: Heute jubelt man ihm zu. Morgen wird man ihn in Stücke reißen. Ich möchte nicht in seinen Schuhen stecken.«
    »Er wird tun, was sich tun läßt, die Anstrengungen koordinieren. Bisher wurstelt jeder Kontinent auf eigene Faust vor sich hin, denkt nur an sich.«
    Sir Oleg neigte den Kopf.
    »Hastings ist, ich stimme Ihnen zu, ein tüchtiger Mann. Aber kann er auch zaubern? Wo kein Getreide wächst, ist keine Ernte einzubringen. Das ist das Dilemma. Daran wird er scheitern.«
    Sir Oleg stand auf.
    »Sie fliegen jetzt zum Uranus?«
    »So ist es.«
    »Und von dort mit einem Konvoi nach Metropolis?«
    »So ist es.«
    Sir Oleg musterte mich mit mitleidigen Augen.
    »Ich nehme an, die Goldonische Sperre macht Ihnen noch immer zu schaffen. Ich werde Anweisung geben, den Lima-Sektor für den Konvoi zu öffnen. Sie werden diesmal keine Schwierigkeiten haben. Betrachten Sie, was unlängst geschehen ist, als Eigenmächtigkeit einer untergeordneten Dienststelle.«
    »Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Sir Oleg.«
    Der Gouverneur der Venus

Weitere Kostenlose Bücher