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Weltraumschwimmer

Weltraumschwimmer

Titel: Weltraumschwimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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er schließlich.
    „Sechs Monate jünger als Tomi“, murmelte Maytig. Johnny sah sie an. „Ich verstehe“, sagte er leise.
    „Das nahm ich an“, erwiderte sie. Sie schaltete den Film aus. „Jetzt weißt du also, wie es ist. Er ist nicht viel jünger als Tomi, aber so gut wie überhaupt nicht über seine Drittgenerationeltern weiterentwickelt, während Tomi sowohl physisch als auch im Wachstum seiner Instinkte weit fortgeschritten ist. Sicher, er ist der älteste der vierten Generation – und dein Sohn. Aber der Hauptgrund seines Unterschieds zu den anderen liegt doch darin, daß er sich ohne Furcht und Einschränkungen in der Nähe der Oberfläche frei entwickeln konnte. Diese Chance hatten die anderen nicht. Und wer weiß, ob ihnen noch genügend Zeit bleibt, ehe sie erwachsen sind, all die natürlichen Instinkte zu entwickeln, die Tomi als so selbstverständlich erachtet.“
    „Soll ich das Ebberly sagen?“ fragte Johnny.
    „Wenn du es für richtig hältst. Erkläre ihm, daß wir die seichten Gewässer und die Meeresoberfläche brauchen – selbst wenn wir die Lander töten müssen, um sie zu bekommen.“
    „Die Lander töten?“ Trotz seines aus dem Analog gewonnenen Wissens lief es Johnny kalt über den Rücken. Hier war sie also, die Zündschnur in der See, die er gesehen hatte.
    „Ja“, sagte Maytig fest. Wieder drückte sie auf eine Taste, und die Schreibtischplatte wurde zu einer Weltkarte – auf der jedoch Wasser und Land andere als die vertrauten Formen und Proportionen hatten. Johnny beugte sich mit gerunzelter Stirn darüber. Die Art, wie das Mittelmeer sich weit über die jetzigen Landmassen Afrikas, Europas und Asiens schob, war nicht neu.
    „Das ist ja die Tethys-See zur Permzeit des Paläozoikums“, murmelte er.
    „Nein“, entgegnete Maytig mit so angespannter Stimme, daß er hochsah. „So wird die Welt aussehen, wenn das Land uns zum Überlebenskampf zwingt.“ Sie holte tief Atem. „Hast du vom Feuerring gehört?“
    „Der Gürtel vulkanischer Gebiete im Pazifischen Ozean?“
    Sie nickte. „Wir vermuteten schon seit einiger Zeit, daß es gewisse Auslösepunkte an bestimmten Stellen unterhalb des Meeresbodens auf der Mohorovicic-Diskontinuität gibt, dort wo der Erdmantel die Erdkruste berührt – Stellen, von denen das gegenwärtige Gleichgewicht der Erdkruste abhängt. In den vergangenen Jahren haben wir diese Auslösepunkte gefunden – oder zumindest genügend von ihnen, um etwas zu unternehmen. Wir haben bis zu ihnen hinuntergebohrt und Nuklearsprengstoff gelegt. Wenn wir diese Explosionen auslösen, wird das Gleichgewicht der Erdkruste zerstört. Und das wird das Ergebnis sein …“ Sie deutete auf die Weltkarte. Sie blickte Johnny nicht an, als sie fortfuhr. „Du verstehst. Wir, das Seevolk, können die eintretenden Veränderungen in der Mitte der Tiefsee ohne Gefahr für uns abwarten. Aber der Großteil der gegenwärtigen Kontinente wird versinken. Und was übrigbleibt, wird von Fluten, Erdbeben, Feuer und Stürmen verwüstet werden.“
    Sie ließ sich auf den Stuhl fallen und sah aus, als wäre sie froh, die ungeheure Bürde, die auf ihr gelastet hatte, jetzt auf einen anderen abwälzen zu können.
    „So ist es, Johnny“, murmelte sie. „Seit fünf Jahren bin ich für die vierte Generation verantwortlich. Ich muß entscheiden, wieviel mehr dieses unnatürlichen Lebens die Kinder noch ertragen können, ehe sie ihr Geburtsrecht der höherentwickelten Sinne – über die der dritten Generation hinaus – verlieren. Denn die Veränderung in uns Seegeborenen ist evolutionsbedingt, Johnny. Das jedenfalls haben die von meiner Großmutter begonnenen Forschungen ergeben. Auf dem Land ist die Entwicklung stehengeblieben. Aber unsere Rückkehr in die See nach Hunderttausenden von Jahren brachte die Evolution wieder ins Rollen. Nicht nur des Seevolks wegen haben wir das Recht, das Land zu vernichten, Johnny, sondern für die Zukunft der menschlichen Rasse.“
    Sie hielt inne. Ihre Stimme nahm einen neuen Klang an. „Bis jetzt hing es von mir ab, den Befehl zur Landvernichtung zu geben. Aber jetzt bist du zurück, und nun ist es deine Sache.“
    Ihre Augen verrieten Kummer, daß sie ihm diese Last aufbürden mußte, ihm, den sie so plötzlich liebte. Johnny bemühte sich, seine eigenen Gefühle nicht zu zeigen.
    Denn dies war die Zündschnur in der See, deren Existenz ihm der Analog verraten hatte. Und es war genau, wie er seit dem ersten Blick auf Maytig in seinem Bergheim

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