Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
selbstmörderisches Unternehmen gewesen. Niemand kannte die Anlage der Burg, niemand kannte ihre Sicherheitseinrichtungen, und vor allem wußte niemand, was man eigentlich suchte. Drei Angehörige hatte er bei dem Angriff auf Evekians Haus verloren, weitere dreizehn waren im Krankenhaus gelandet. Aber dieser Angriff war noch eine harmlose Aktion, verglichen mit den Verlusten, die bei der Erstürmung der herzoglichen Festung zu erwarten gewesen wären. Er zweifelte nicht an einem möglichen Erfolg. Das Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Familie, der besttrainierten Agentengruppe in der Geschichte des Imperiums, war unerschütterlich. Doch wollte er die Kosten der Operation, die Zahl der Todesopfer, so gering als möglich halten.
Er hoffte, das Vertrauen Herzog Fjodors zu gewinnen und vielleicht sogar als Revanche eine Gegeneinladung in die Burg zu erhalten. Kannte er das Innere einigermaßen, konnte er die Situation schon besser einschätzen und einen Angriff planen.
Natürlich hatte er auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, mit Hilfe der hiesigen SOTE-Abteilung den Herzog aufgrund der von Evekian ausgeplauderten Tatsachen verhaften zu lassen. Doch waren die Beweise für ein offizielles Einschreiten nicht stichhaltig genug. Herzöge nahmen in der Adelshierarchie die zweithöchste Rangstufe ein, und man konnte einen so hohen Würdenträger nicht einfach einem Verhör unterziehen wie einen gewöhnlichen Verbrecher. Als rechte Hand des Kaisers verfügte das Service über große Machtbefugnis, doch damit verknüpft war die Verantwortung, diese Macht nicht zu mißbrauchen. Falls Herzog Fjodor sich nicht freiwillig zu einer Aussage bequemte, mußte sein Fall vor den Obersten Gerichtshof kommen, und bis dahin konnten Monate vergehen. In der Zwischenzeit blieb das Leben der Kronprinzessin noch immer ständig durch die Bombendrohung gefährdet. Man mußte also zu subtileren Methoden greifen.
Die Antwort des herzoglichen Sekretärs war eine Enttäuschung. Der Herzog verlasse wegen seiner körperlichen Gebrechen nur höchst selten die Burg. Überdies gestatte seine anfällige Gesundheit keinesfalls den Genuß von Wein und üppigen Speisen. Doch wäre der Herzog entzückt, sich eine Fernsehaufzeichnung der Vorstellung anzusehen – auch Sensabel-Übertragungen wären leider ungeeignet für ihn. Er lasse anfragen, ob es genehm wäre.
Der Senior der d'Alemberts antwortete umgehend, daß er Herzog Fjodors Gründe selbstverständlich respektiere, daß es jedoch gegen eine zweihundertjährige Tradition des Zirkus verstoße, eine Vorstellung übertragen oder aufzeichnen zu lassen.
Er äußerte sein Bedauern darüber, daß Herzog Fjodor bei Speisen und Getränken Vorsicht walten lassen müsse, wiederholte aber, daß der Zirkus auch darauf eingestellt sei, mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen kämpfende Menschen zu bewirten. Man würde den speziellen Bedürfnissen Seiner Gnaden allergrößte Aufmerksamkeit widmen. Herzog Fjodor würde mit derselben Sorgfalt bedient werden wie in seiner Burg.
Diesmal war Herzog Etienne mehr Erfolg beschieden. Im Antwortbrief Herzog Fjodors stand, der Herzog fühle sich durch Herzog Etiennes Fürsorge sehr geehrt und rechne es sich als besondere Ehre an, als sein Gast einer Zirkusvorstellung beizuwohnen. Er wollte bereits an diesem Abend kommen, und Etienne war außer sich vor Freude. Jetzt kam der Zirkusmanager in ihm zum Vorschein, der in aller Eile sämtliche Vorbereitungen treffen mußte.
Herzog Fjodor traf in seinem Privat-Kopter, begleitet von einem kleinen Mann, ein, den er als seinen Leibarzt Dr. Immanuel Rustin vorstellte. Zunächst war Etienne nicht wenig erschrocken beim Anblick von Herzog Fjodors Skelettgestalt, die in einem Labyrinth von Röhren und Apparaten verankert war. Zwar hatte er dank der SOTE-Unterlagen Bescheid gewußt, vermied es nun aber krampfhaft, sich sein Entsetzen über die straffgespannte Haut, die Käferaugen und die schimmernden Metallzähne anmerken zu lassen. Es glückte ihm nicht völlig. Herzog Fjodor lächelte ein Totenkopflächeln und sagte: »Ja, fast alle erschrecken, wenn sie mich sehen.« Seine Stimme, die aus den Doppellautsprechern zu beiden Seiten des Kopfes kam, klang völlig unmenschlich.
»Ich wollte Sie nicht beleidigen«, antwortete Etienne hastig. »Ja, ich gebe zu, daß ich verblüfft bin, mehr nicht. Schließlich benutze ich selbst eine Prothese, müssen Sie wissen.«
Zur Erläuterung hielt Etienne den rechten Arm hoch und
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