Wem die Stunde schlaegt
den Rücken, wenn er nach der anderen Seite schaut. Paß auf, Alter! Wenn ich schieße, und der Mann sitzt, wird er aufstehen, bevor er läuft und sich hinhockt. Dann mußt du schießen. Wenn er sitzen bleibt, schieß auch. Nicht erst warten! Aber genau zielen! Schleiche dich bis auf fünfzehn Meter heran. Du bist ein geübter Jäger. Für dich ist das kein Problem.«
»Ich werde tun, was du befiehlst«, sagte Anselmo.
»Ja. Ich befehle es dir«, sagte Robert Jordan.
Ich bin froh, daß ich nicht vergessen habe, es als ausdrücklichen Befehl zu bezeichnen, dachte er. Das wird ihm helfen. Das nimmt der Sache etwas von ihrer Fluchwürdigkeit. Ich will es jedenfalls hoffen. Ein wenig! Ich hatte ganz vergessen, was er mir damals über das Töten von Menschen erzählt hat.
»Ich befehle es dir«, sagte er. »Geh jetzt.«
»Me voy«, sagte Anselmo. »Auf bald, Inglés !«
»Auf bald, Alter!« sagte Robert Jordan.
Er erinnerte sich wieder an seinen Vater auf dem Bahnhof und das tränenfeuchte Lebewohl, und er sagte weder salud, noch adieu, noch viel Glück, noch irgend etwas dergleichen.
»Hast du das Öl aus der Bohrung entfernt, Alter?« flüsterte er. »Damit das Ding nicht streut.«
»In der Höhle«, sagte Anselmo. »Ich habe sie alle mit dem Putzstock gesäubert.«
»Dann auf bald!« sagte Robert Jordan, und der Alte entfernte sich lautlos auf seinen mit Bast besohlten Schuhen in weitem Bogen durch den Wald.
Robert Jordan lag auf dem mit Nadeln bedeckten Boden des Waldes und wartete, bis in dem Kieferngeäst das erste Lüftchen sich regen würde, das dem anbrechenden Tag vorausgeht. Er zog das Magazin aus dem Schnellfeuergewehr und schob den Verschluß hin und zurück. Dann drehte er das Gewehr mit offenem Verschluß um, setzte im Dunkeln die Mündung des Laufs an die Lippen und blies durch den Lauf, schmierig und ölig schmeckte das Metall, als seine Zunge den Rand der Mündung berührte. Er legte das Gewehr über den Unterarm, mit dem Abzug nach oben, damit keine Kiefernnadeln oder sonstiges Zeug in den Verschluß hineinfallen konnten, und knipste mit dem Daumen sämtliche Patronen aus dem Magazin, so daß sie auf ein Taschentuch fielen, das er vor sich ausgebreitet hatte. Dann betastete er jede einzelne Patrone, drehte sie zwischen den Fingern, drückte sie fest und schob sie Stück für Stück in das Magazin zurück. Nun lag das Magazin wieder schwer in seiner Hand, er schob es in das Schnellfeuergewehr zurück und fühlte die Feder einschnappen. Er lag auf dem Bauch hinter dem Kiefernstamm, das Gewehr über dem linken Vorderarm, und beobachtete das Lichtpünktchen in der Tiefe. Manchmal verschwand es, und da wußte er, daß der Mann aus dem Schilderhäuschen sich vor das Kohlenbecken hingestellt hatte. Robert Jordan lag da und wartete auf den Tag.
XLII
Während der Zeit, da Pablo aus den Bergen zur Höhle zurückkehrte, und während der Zeit, da der Trupp zu dem Platz hinuntermarschierte, wo sie die Pferde zurückließen, war Andrés auf dem Weg zu Golz' Hauptquartier ein gutes Stück vorangekommen. Als sie auf die Hauptstraße stießen, die nach Navacerrada führt, und auf die Kolonne der aus den Bergen zurückkehrenden Transportautos, wurden sie von einer Kontrolle angehalten. Aber als Gómez dem Wachtposten an der Kontrollstelle den von Oberstleutnant Miranda ausgestellten Passierschein zeigte, betrachtete ihn der Posten im Schein einer Taschenlampe, zeigte ihn seinem Kameraden, gab ihn dann zurück und salutierte.
»¡Siga!« sagte er. »Fahrt weiter. Aber ohne Licht.« Wieder ratterte das Rad, Andrés hielt sich an dem Vordersitz fest, sie fuhren die Landstraße entlang. Gómez bahnte sich vorsichtig seinen Weg durch den dichten Verkehr. Sämtliche Transportautos fuhren ohne Licht, in einer langen Kolonne fuhren sie die Straße bergab. Ab und zu kam ein beladenes Auto aus der entgegengesetzten Richtung, und die vielen Räder wirbelten eine Staubwolke auf, die Andrés im Finstern nicht sehen konnte, aber er fühlte sie um sein Gesicht wehen und spürte sie knirschend zwischen den Zähnen.
Sie waren jetzt dicht hinter der Rückwand eines Lastautos, das Motorrad puffte, dann gab Gómez mehr Gas und überholte das Lastauto und ein zweites und ein drittes, während links von ihnen die übrigen Autos mit gleichmäßigem Rattern bergab rollten. Hinter ihnen kam nun ein Personenauto heran, tutete unaufhörlich mit seinem Signalhorn in den Räderlärm und stellte dann seine
Weitere Kostenlose Bücher