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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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rechte Wange. Ich bin froh, daß wir uns das ersparen können. Vermutlich ist es immer so mit Verbündeten, au fond hassen sie einander. Aber dieser Pablo ist ein sonderbarer Bursche.
  »¡Suerte, Pablo!« sagte er und drückte fest die seltsame, kräftige, entschlossene Hand. »Ich werde dich gut decken. Nur keine Angst!«
 »Es tut mir leid, daß ich dir deine Sachen weggenommen habe«, sagte Pablo. »Das war ein Mißverständnis.«
 »Aber du hast uns die Leute mitgebracht, die wir brauchen.«
 »Ich nehme dir diese Brückengeschichte nicht übel, Inglés «, sagte Pablo. »Ich sehe eine Möglichkeit, daß sie gut ausgeht.«
 »Was macht ihr beide da? Werdet ihr maricónes ?« sagte Pilar ganz plötzlich dicht neben ihnen in der Dunkelheit. »Das hat dir gerade noch gefehlt!« sagte sie zu Pablo. »Mach dich auf die Beine, I nglés, mach Schluß mit dem Adieusagen, bevor dir der da den Rest deines Sprengstoffs stiehlt.«
 »Du verstehst mich nicht, Weib«, sagte Pablo. »Der Inglés und ich, wir verstehen uns.«
 »Niemand versteht dich. Weder Gott noch deine Mutter«, sagte Pilar. »Ich auch nicht. Vorwärts, Inglés! Sag deinem geschorenen Köpfchen adieu und geh. Me cago en tu padre, aber mir ist es schon so, als hättest du Angst, den Stier herauskommen zu sehen.«
 »Deine Mutter!« sagte Robert Jordan.
 »Du hast nie eine gehabt«, flüsterte Pilar heiser. »Geh jetzt, denn mich drängt es schon sehr, mit der Sache anzufangen und sie hinter mich zu bringen. Geh du mit deinen Leuten!« sagte sie zu Pablo. »Wer weiß, wie lange ihre finstere Entschlossenheit vorhält. Du hast da ein paar erwischt, für die ich nicht einmal dich hergeben würde. Nimm sie und geh!«
 Robert Jordan hängte den Rucksack um und ging zu den Pferden, wo Maria sich befand.
 »Leb wohl, guapa !« sagte er. »Wir sehen uns bald wieder.«
 Es kam ihm jetzt alles so unwirklich vor, als hätte er's schon früher einmal gesagt, oder als wär's ein Zug, der gleich abgehen wird, ja, gerade so, als wär's ein Zug, und er steht auf dem Perron einer Bahnstation.
 »Leb wohl, Roberto!« sagte sie. »Und gib gut acht.«
 »Gewiß«, sagte er. Er beugte sich nieder, um sie zu küssen, und der Rucksack rutschte ihm in den Nacken, so daß ihrer beider Stirnen heftig gegeneinander stießen. Und er wußte, daß auch das schon einmal passiert war.
 »Weine nicht!« sagte er verlegen, und an seiner Unbeholfenheit war nicht nur die Last auf seinem Rücken schuld.
 »Ich weine nicht«, sagte sie. »Aber komm schnell wieder!«
 »Sei nicht beunruhigt, wenn du schießen hörst. Es wird bestimmt viel geschossen werden.«
 »Nein. Komm nur schnell wieder!«
 »Leb wohl, guapa !« sagte er befangen.
 » Salud, R oberto.« So jung hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er in Red Lodge den Zug bestiegen hatte, um nach Billings zu fahren und dort in den Zug umzusteigen, der ihn zum erstenmal auf die Schule bringen sollte. Er hatte sich vor dem Wegfahren gefürchtet, aber er wollte es sich nicht anmerken lassen, und auf dem Bahnhof, gerade bevor der Schaffner nach der Kiste griff, auf die er würde hinaufsteigen müssen, um die Stufen des Waggons zu erreichen, hatte sein Vater ihn zum Abschied geküßt und gesagt: »Möge der Herr uns beide schützen, während wir voneinander getrennt sind!« Sein Vater war ein sehr religiöser Mann gewesen, und er sagte diese Worte ganz schlicht und ehrlich. Aber sein Schnurrbart war feucht, und seine Augen schimmerten feucht vor Erregung, und Robert Jordan wurde durch das alles, durch den feuchtfrommen Klang des Gebetes und durch seines Vaters Abschiedskuß, so sehr in Verlegenheit gebracht, daß er sich plötzlich viel älter vorkam als der Vater und ihn bedauerte, ihn so heftig bedauerte, daß es fast unerträglich war.
 Nach der Abfahrt des Zuges hatte er auf der hinteren Plattform gestanden und zugesehen, wie der Bahnhof und der Wasserturm immer kleiner und kleiner wurden und die von den Schwellen gekreuzten Schienen in der Ferne zusammenliefen, an der Stelle, wo nun der Bahnhof und der Wasserturm ganz klein und winzig in dem steten Rattern standen, das ihn entführte.
 Der Bremser sagte: »Der Alte hat sich dein Weggehen sehr zu Herzen genommen, Bob!«
 »Ja«, hatte er geantwortet und die Salbeisträucher beobachtet, die vom Rande des Bahndamms zwischen den vorbeihuschenden Telegrafenstangen zu der rasch dahinströmenden staubigen Landstraße wucherten. Er hielt nach Steppenhühnern

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