Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
Guerillaführer mit der Trauermiene. Führe uns irgendwohin, wo wir was zu essen kriegen.«
 Es fängt schlimm genug an, dachte Robert Jordan. Aber Anselmo ist ein Kerl. Wenn sie in Ordnung sind, dachte er, sind sie prächtig. Es gibt nicht ihresgleichen, wenn sie in Ordnung sind. Und wenn sie ins falsche Fahrwasser geraten, dann gibt es keine Schlimmeren als sie. Anselmo muß gewußt haben, was er tut, als er mich hierherschleppte. Aber mir gefällt das nicht. Mir gefällt das alles nicht.
 Das einzige gute Zeichen war, daß Pablo den Packen trug und daß er ihm den Karabiner gegeben hatte. Vielleicht ist er immer so, dachte Robert Jordan, vielleicht gehört er ganz einfach zu der mürrischen Sorte.
 Nein, sagte er zu sich selber, mach dir nichts vor. Du weißt nicht, wie er früher war, aber du weißt, daß er auf der schiefen Bahn ist, und er macht gar kein Hehl daraus. Wenn er anfängt, es zu verstecken, dann hat er seinen Entschluß gefaßt. Vergiß das nicht, sagte Jordan zu sich selber. Sowie er sich freundlich stellt, wird er seinen Entschluß gefaßt haben. Aber verdammt gute Pferde sind das, dachte er, schöne Pferde. Ich möchte wissen, was auf mich so wirken könnte, wie diese Gäule auf Pablo wirken. Der Alte hat recht. Die Pferde haben ihn reich gemacht, und als er reich war, wollte er das Leben genießen. Nicht lange, und er wird traurig sein, weil er nicht in den Jockey-Klub eintreten kann. Pauvre Pablo. Il a manqué son Jockey. Bei diesem Gedanken wurde ihm wohl. Grinsend betrachtete er die zwei gebeugten Rücken und die schweren Säcke, die sich vor ihm durch den Wald bewegten. Er hatte den ganzen Tag lang an nichts Lustiges gedacht, und jetzt fühlte er sich besser. Du wirst, sagte er zu sich, genauso werden wie alle die anderen. Auch du wirst trübsinnig. Ja, als er bei Golz saß, war er trübsinnig und feierlich. Der Auftrag hatte ihn ein bißchen überwältigt. Ein klein wenig überwältigt, dachte er. Sehr überwältigt. Golz war heiter und hatte sich bemüht, auch ihn aufzuheitern, bevor er wegging, aber er, Jordan, war gar nicht heiter gewesen.
 Die Besten, wenn du es dir genau überlegst, sind immer heiter. Es ist viel besser, heiter zu sein, und hat auch seine Bedeutung, so als ob man noch bei Lebzeiten unsterblich wäre. Eine komplizierte Sache. Aber es sind nicht mehr viele von ihnen übrig. Nein, es sind nicht mehr viele von den Heiteren übrig. Verdammt wenige sind übriggeblieben. Und wenn du so weitergrübelst, mein Junge, wirst auch du nicht übrigbleiben. Stell jetzt das Denken ein, alter Knabe, alter Freund. Du bist jetzt ein Brückensprenger. Kein Denker. Junge, bin ich hungrig, dachte er. Hoffentlich ißt man gut bei Pablo.

II   
    Sie hatten nun, durch den dichten Wald stapfend, das napfförmige obere Ende des kleinen Tales erreicht, und dort mußte das Lager sein, unter der Schutthalde, die vor ihren Augen zwischen den Bäumen emporstieg.
     Ja, das war das Lager, und es war ein gutes Lager. Man konnte es nicht eher sehen, als bis man ganz in der Nähe war, und Robert Jordan wußte, daß es von der Luft aus nicht zu erspähen war. Nichts würde man von oben sehen können. Es lag so gut geschützt wie eine Bärenhöhle. Aber es schien auch nicht viel besser bewacht zu sein. Sorgfältig schaute Jordan sich um, während sie näher kamen.
 Im felsigen Geröll öffnete sich eine große Höhle, und neben der Öffnung saß ein Mann, mit dem Rücken an den Fels gelehnt, die Beine vor sich hin gestreckt, den Karabiner neben sich. Er schnitzelte mit einem Messer an einem Stück Holz herum, starrte die Herankommenden an, schnitzelte dann weiter. »¡Hola!« sagte der Sitzende. »Was kommt denn da?«
 »Der Alte und ein Dynamiter«, sagte Pablo und setzte den Packen innerhalb des Höhleneingangs ab. Auch Anselmo legte seinen Packen ab, und Robert Jordan nahm die Flinte vom Rücken und lehnte sie gegen den Fels.
 »Laß das Zeug nicht so dicht bei der Höhle liegen«, sagte der Holzschnitzer. Er hatte blaue Augen in einem dunklen, hübschen, trägen Zigeunergesicht von der Farbe geräucherten Leders. »Drin brennt das Feuer.«
 »Steh auf und schaff's selber weg«, sagte Pablo. »Leg's unter den Baum dort.«
 Der Zigeuner rührte sich nicht, dann sagte er etwas Nichtwiederzugebendes, und dann in trägem Ton: »Laß es liegen. Flieg in die Luft! Wirst deine Krankheiten los.« »Was machst du da?« Robert Jordan setzte sich neben den Zigeuner. Der Zigeuner zeigte ihm, was er

Weitere Kostenlose Bücher