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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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sehen.
    Das Auto war ebenso ein Rätsel wie Blues Stimme auf dem Band. Gansey hatte das Gefühl, als wäre es speziell für ihn bestimmt.
    »Mach mal den Kofferraum auf«, forderte er.
    Darin lag eine Jacke und darunter ein merkwürdiges Gebilde aus Stöcken und Federn. Stirnrunzelnd packte Gansey das Instrument am längsten der Stöcke und hob es hoch. Die Einzelteile schwangen an ihre Plätze. Unter dem großen Stock hingen und drehten sich verschiedene kleinere, und da verstand er.
    »Das ist eine Wünschelrute.«
    Er wandte sich Adam zu, um von ihm eine Bestätigung zu bekommen.
    »Zufall«, sagte Adam und meinte damit natürlich, dass es keineswegs einer war.
    Gansey überkam das gleiche seltsame Gefühl, das ihn zum ersten Mal auf dem Parkplatz des Nino beschlichen hatte, als Adam ihn gewarnt hatte, dass außer ihnen vielleicht noch jemand nach der Ley-Linie suchte. Dann merkte er, dass Blue und Noah verschwunden waren. »Wo sind Blue und Noah?«
    Als Blue ihren Namen hörte, tauchte sie wieder auf. Sie stieg über einen umgefallenen Baumstamm zurück auf die Lichtung. »Noah ist schlecht«, berichtete sie.
    »Warum das denn?«, fragte Gansey. »Ist er krank?«
    »Kann ich ihn gerne fragen«, gab sie zurück. »Sobald er mit Kotzen fertig ist.«
    Gansey zuckte zusammen.
    »Wie du natürlich noch nicht wissen kannst, zieht Gansey den Ausdruck ›sich übergeben‹ vor. Oder ›sich erbrechen‹«, informierte Ronan sie fröhlich.
    »Ich würde mal sagen, in diesem Fall ist ›würgen‹ der passendste Ausdruck«, korrigierte Blue spitz.
    »Würgen!«, sagte Ronan unbeschwert. Das hier war endlich mal etwas, mit dem er sich auskannte. »Wo ist er denn? Noah?« Er stieß sich von dem Mustang ab und lief in die Richtung, aus der Blue gekommen war.
    Blues Blick fiel auf die Wünschelrute in Ganseys Händen. »War das etwa im Auto? Eine Wünschelrute!«
    Es hätte ihn nicht überraschen dürfen, dass sie wusste, was es war. Wenn sie auch selbst keine Wahrsagerin war, so war ihre Mutter doch eine, und bei der gehörte so etwas schließlich streng genommen zum Handwerkszeug. »Im Kofferraum.«
    »Aber das bedeutet ja, dass noch jemand anders auf der Suche nach der Ley-Linie war!«
    Auf der anderen Seite des Mustangs zog Adam die Finger durch den Blütenstaub an der Flanke des Wagens. Er wirkte beunruhigt. »Und derjenige hat offenbar beschlossen, dass die Suche wichtiger ist als sein Auto.«
    Gansey blickte hoch zu den Bäumen ringsum, dann wieder auf das teure Auto. Aus der Ferne hörte er gedämpft Ronans und Noahs Stimmen. »Ich glaube, wir sollten lieber gehen. Wir brauchen mehr Informationen.«

27
    A ls Blue sich am nächsten Sonntagmorgen fertig machte, um aus dem Haus zu gehen, stand sie offiziell vor einem Interessenkonflikt. Die Sonntage waren eigentlich für Hundespaziergänge reserviert. Die Donnerstage auch, um genau zu sein, aber diese Termine hatte Blue in den letzten beiden Wochen zugunsten der Ausflüge mit den Jungs abgesagt, sodass sie ihre Patenhunde nun schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen hatte. Das Problem war, dass ihr langsam, aber sicher das Geld ausging, und dazu kam noch das schlechte Gewissen Maura gegenüber. Mittlerweile war es so schlimm, dass sie ihrer Mutter beim Abendessen kaum noch in die Augen sehen konnte, aber sie konnte die Jungen unmöglich wieder aufgeben, nicht jetzt. Sie musste einen Weg finden, beides in Einklang zu bringen.
    Aber als Erstes musste sie mit den Hunden raus.
    Gerade als sie sich auf den Weg nach Willow Ridge machen wollte, klingelte das Telefon in der Küche. Blue, in einer Hand ein Glas trüben Apfelsaft und in der anderen die Schnürsenkel eines knöchelhohen Sneakers, nahm ab.
    »Hallo?«
    »Ich hätte gern Blue gesprochen, bitte, falls sie zu Hause ist.«
    Das war unverkennbar Ganseys höfliche Stimme, die er immer dann einsetzte, wenn es darum ging, Stroh zu Gold zu spinnen. Ganz offensichtlich war ihm bewusst, welches Risiko er einging, indem er hier anrief, und ebenso offensichtlich war er darauf gefasst gewesen, an jemand anderen zu geraten als an Blue. Trotz ihrer wachsenden Befürchtungen, dass sie ihre Geheimnistuerei sowieso nicht ewig durchhalten würde, wusste sie nicht, was sie davon halten sollte, dass er sie so leicht hätte auffliegen lassen können.
    »Blue ist gerade auf dem Sprung, um anderer Leute Hunde Gassi zu führen«, sagte sie, stellte ihren Saft ab und zog sich den Schuh an, das Telefon zwischen Ohr und Schulter

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