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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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darunter schwelte die Wut. Die Tatsache, dass Blue sich ihrer Schuld sehr wohl bewusst war, machte es nur noch schlimmer. »Du hast ja wohl nicht vor, ihn zu küssen, oder?«
    »Mom, das wird nie passieren«, versicherte Blue ihr. »Du hast ihn doch kennengelernt.«
    »Ich war mir nicht ganz sicher, ob einen alten, ohrenbetäubend lauten Camaro zu fahren, nicht vielleicht das männliche Äquivalent dazu ist, seine T-Shirts in Fetzen zu reißen und Bäume aus Pappe an seine Zimmerwände zu kleben.«
    »Glaub mir«, sagte Blue. »Gansey und ich sind grundverschieden. Und außerdem ist das keine Pappe. Sondern wiederverwertete Leinwand.«
    »Na, da kann die Umwelt ja aufatmen.« Maura probierte einen weiteren Schluck von ihrem Drink, rümpfte die Nase und warf Persephone einen finsteren Blick zu. Diese wirkte ziemlich geknickt. Nach einer Weile merkte Maura mit etwas sanfterer Stimme an: »Ich bin nicht unbedingt glücklich darüber, dass du in einem Auto ohne Airbags mitfährst.«
    »Unser Auto hat doch auch keine Airbags«, gab Blue zurück.
    Maura klaubte eins von Persephones langen Haaren vom Rand ihres Glases. »Stimmt, aber du nimmst ja immer das Fahrrad.«
    Blue stand auf. Vermutlich klebten die grünen Flusen vom Sofa jetzt an der Rückseite ihrer Leggings. »Kann ich gehen? Oder kriege ich noch mehr Ärger?«
    »Oh, du kriegst noch genug Ärger, verlass dich drauf. Ich habe dir gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten, und du hast nicht auf mich gehört«, sagte Maura. »Ich hab nur noch nicht entschieden, was ich mit dir machen soll. Weißt du, ich bin wirklich enttäuscht von dir. Ich habe mich mit mehreren Leuten beraten und sie waren alle der Meinung, dass ich vollkommen im Recht bin. Bekommen Teenager eigentlich heutzutage noch Hausarrest? Oder hat man das nur in den Achtzigern gemacht?«
    »Wenn du mir Hausarrest gibst, werde ich extrem sauer«, sagte Blue, deren Knie angesichts des ungewohnten Zorns ihrer Mutter noch immer ganz schön wackelig waren. »Gut möglich, dass ich dann rebelliere und an meinem Bettlaken aus dem Fenster klettere.«
    Ihre Mutter rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Ihre Wut war nun völlig verraucht. »Du steckst schon mittendrin, was? Hat ja nicht lange gedauert.«
    »Wenn du mir nicht vorschreibst, mich von ihnen fernzuhalten, muss ich auch nicht ungehorsam sein«, schlug Blue vor.
    »Das hast du nun davon, dass du mit deinen Genen unbedingt ein Kind bekommen musstest, Maura«, sagte Calla.
    Maura seufzte. »Blue, ich weiß, dass du keine Idiotin bist. Nur manchmal machen schlaue Menschen eben auch Dummheiten.«
    »Aber du gefälligst nicht«, knurrte Calla.
    »Persephone?«, sagte Maura.
    Persephone verkündete mit ihrem leisen Stimmchen: »Ich habe nichts hinzuzufügen.« Nachdem sie jedoch einen Moment nachgedacht hatte, fuhr sie fort: »Wenn du jemandem eine reinhauen willst, steck auf keinen Fall den Daumen in die Faust. Es wäre doch wirklich eine Schande, wenn du ihn dir brichst.«
    »Okay«, sagte Blue hastig. »Ich bin dann weg.«
    »Du könntest dich wenigstens entschuldigen«, sagte Maura. »Tu doch zumindest so, als hätte ich irgendeinen Einfluss auf dich.«
    Blue wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Maura hatte jede Menge Einfluss auf sie, nur hatte das normalerweise eben nichts mit irgendwelchen Vorschriften oder Verboten zu tun. Also sagte sie nur: »Es tut mir leid. Ich hätte dir sagen sollen, dass ich etwas tun würde, womit du nicht einverstanden wärst.«
    »Das war gar nicht so zufriedenstellend, wie ich es mir vorgestellt hatte«, bemerkte Maura.
    Calla schnappte sich abermals Blues Handgelenk und einen Augenblick lang fürchtete Blue, sie könnte die Eigenartigkeit, die Ganseys Suche umgab, an ihr spüren. Doch Calla schluckte nur den letzten Rest ihres Drinks herunter und schnurrte: »Hoffentlich bist du nicht so beschäftigt, dass du unseren Filmabend am Freitag vergisst, Blue.«
    »Unseren … Filmabend?«, wiederholte Blue.
    Callas Augenbrauen wurden zu zwei harten Linien. »Du hast es versprochen.«
    Einen hohlen, formlosen Moment lang versuchte Blue sich zu erinnern, wann sie je mit Calla über einen Filmabend gesprochen haben sollte. Dann wurde ihr plötzlich klar, worum es wirklich ging: ihr Gespräch von vor Tagen. Darum, in Neeves Zimmer herumzuschnüffeln.
    »Ich hatte ganz vergessen, dass das schon diese Woche war«, sagte Blue.
    Maura ließ ihren Drink im Glas kreisen, das immer noch ziemlich voll war. Sie hatte es schon immer

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