Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
Vom Netzwerk:
um. Der Motor erwachte sofort gehorsam zum Leben, nicht zu vergleichen mit dem Camaro.
    »Tor vier öffnen«, sagte sein Vater und das Garagentor direkt vor ihnen begann, nach oben zu rollen. Als er Ganseys erstaunten Blick bemerkte, erklärte er: »Ich habe eine Sprachsteuerung installieren lassen. Das einzige Problem ist, dass manchmal, wenn man draußen sehr laut ruft, das Tor, dem man am nächsten ist, aufgeht. Was natürlich der Sicherheit abträglich ist, aber daran arbeite ich noch. Tatsächlich hatten wir vor ein paar Wochen einen versuchten Einbruch. Sie sind aber nur bis zum Tor an der Einfahrt gekommen. Da draußen habe ich ein gewichtsbasiertes System installieren lassen.«
    Das Garagentor gab den Blick auf den Camaro frei, der direkt vor ihnen parkte und die Ausfahrt blockierte. Im Vergleich zu dem sanften, zurückhaltenden, stets lächelnden Peugeot wirkte Pig flach, trotzig und ungeschliffen. Gansey wurde von einer plötzlichen, unbändigen Liebe zu seinem Auto ergriffen. Dieser Kauf war die beste Entscheidung seines Lebens gewesen.
    »Ich werde mich nie an dieses Ding gewöhnen«, sagte Ganseys Vater und musterte Pig ohne Böswilligkeit.
    Einmal hatte Gansey seinen Vater fragen gehört: »Warum in aller Welt musste es unbedingt dieser Wagen sein«?, und seine Mutter hatte geantwortet: »Ich kann mir vorstellen, warum.« Eines Tages würde er eine Gelegenheit finden, sie darauf anzusprechen, denn er wollte wirklich gern wissen, warum sie glaubte, dass er das Auto gekauft hatte. Sich selbst zu fragen, warum er es mit dem Camaro aushielt, brachte Gansey durcheinander, aber er wusste, es hatte etwas mit dem Gefühl zu tun, wenn er in diesem makellos restaurierten Peugeot saß. Ein Auto war eine Verpackung für seinen Inhalt, dachte er, und wenn er innerlich so aussehen würde, wie irgendeiner der Wagen in dieser Garage es äußerlich tat, dann könnte er nicht mit sich leben. Äußerlich, das wusste er, war er seinem Vater sehr ähnlich. Innerlich wünschte er sich jedoch, mehr wie sein Camaro zu sein. Was gleichzeitig bedeutete, mehr wie Adam.
    »Wie läuft es in der Schule?«, fragte sein Vater.
    »Gut.«
    »Was ist dein Lieblingsfach?«
    »Geschichte.«
    »Guter Lehrer?«
    »Völlig zufriedenstellend.«
    »Was macht dein Freund mit dem Stipendium? Findet den Unterricht sicher schwieriger als an der staatlichen Schule, was?«
    Gansey drehte seinen Seitenspiegel so, dass er die Decke reflektierte. »Adam hat sehr gute Noten.«
    »Dann muss er ziemlich klug sein.«
    »Er ist ein Genie«, erwiderte Gansey mit Bestimmtheit.
    »Und der Ire?«
    Gansey sah sich außerstande, eine überzeugende Lüge für Ronan zu erfinden, zumindest nicht so kurz nach dem Telefongespräch mit Pinter. In diesem Moment fiel es ihm schwer, Gansey der Jüngere zu sein. Er antwortete: »Ronan ist einfach Ronan. Er hat es nicht leicht ohne seinen Vater.«
    Nach Noah erkundigte Gansey senior sich nicht und Gansey wurde klar, dass sein Vater das auch noch nie getan hatte. Tatsächlich konnte Gansey sich nicht erinnern, Noah jemals seiner Familie gegenüber erwähnt zu haben. Er fragte sich, ob die Polizei seine Eltern darüber informieren würde, dass er die Leiche gefunden hatte. Aber wenn sie es bisher nicht getan hatten, würden sie es wohl nicht mehr tun. Sie hatten Gansey und Blue die Visitenkarte eines Psychologen gegeben, doch seiner Meinung nach benötigten sie eher Hilfe anderer Art.
    »Was macht die Jagd nach der Ley-Linie?«
    Gansey überlegte, wie viel er preisgeben sollte. »Ich hatte tatsächlich den einen oder anderen unerwarteten Durchbruch. Henrietta ist wirklich vielversprechend.«
    »Also geht es dir insgesamt gut, ja? Deine Schwester meinte, du wirktest ein bisschen niedergeschlagen.«
    »Niedergeschlagen? Helen ist doch echt eine Idiotin.«
    Sein Vater schnalzte mit der Zunge. »Na, Dick, das meinst du doch nicht ernst. Achte ein bisschen darauf, was du sagst.«
    Gansey stellte den Motor ab und warf seinem Vater einen Blick zu. »Sie hat Mom einen Bronzeteller zum Geburtstag geschenkt.«
    Gansey senior antwortete mit einem leisen »Hmm«, was bedeutete, dass Gansey junior nicht ganz unrecht hatte.
    »Nun ja, solange du zufrieden bist und dich zu beschäftigen weißt«, sagte sein Vater.
    »Oh, ja«, entgegnete Gansey und nahm sein Handy von der Ablage. Schon jetzt überschlugen sich seine Gedanken, wie er drei Monate Unterrichtsstoff in Ronans Kopf stopfen und Noah seine alte Gestalt zurückgeben konnte, wie er

Weitere Kostenlose Bücher