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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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immer Glendower weckt, dem erweist er eine Gunst (egal, wie groß?) (übersinnlich?) (manche Quellen besagen, gegenseitig / wie ist das gemeint?).
    Czerny war das mögliche Ergebnis der Suche nach der Ley-Linie immer egal gewesen. Anfangs hatte Whelk genauso empfunden. Der Reiz hatte allein in dem Rätsel gelegen. Dann, eines Nachmittags, hatten Czerny und Whelk in der Mitte eines, wie es schien, natürlich entstandenen Kreises magnetisch geladener Steine gestanden und versuchsweise einen der Steine verschoben. Das energetische Knistern, das darauf gefolgt war, hatte sie beide von den Füßen gerissen und die schwache Erscheinung einer Frau heraufbeschworen.
    Die Ley-Linie war rohe, ungezähmte, unerklärliche Energie. Der Stoff, aus dem Legenden gemacht waren.
    Wer die Ley-Linie bezwang, würde mehr als reich werden. Wer die Ley-Linie bezwang, würde zu etwas werden, von dem die anderen Aglionby-Jungs nur träumen konnten.
    Czerny hatte es trotzdem nicht interessiert, jedenfalls nicht besonders. Er war das sanfteste, unambitionierteste Geschöpf gewesen, dem Whelk je begegnet war, was vermutlich auch der Grund dafür war, dass er ihn so mochte. Czerny hatte kein Problem damit gehabt, nicht besser zu sein als die anderen Schüler der Aglionby Academy. Er war zufrieden damit gewesen, hinter Whelk herzutrotten. Heute, wenn Whelk sich zu trösten versuchte, redete er sich ein, dass Czerny nichts als ein dummes Schäfchen gewesen war, manchmal aber dachte er nicht daran und erinnerte sich stattdessen an einen treuen Freund.
    Zwei Dinge, zwischen denen ja nicht zwangsläufig ein Unterschied bestehen musste, oder?
    »Glendower«, sprach Whelk den Namen laut aus, wie um ihn zu kosten. Hohl und metallisch hallte er von den Toilettenwänden wider. Er fragte sich, welche Gunst sich Gansey – dieser seltsame, verzweifelte Gansey – wohl von ihm erhoffte.
    Whelk rappelte sich vom Toilettenboden auf und sammelte die Notizbücher ein. Es würde nur ein paar Minuten dauern, im Lehrerzimmer Kopien davon zu machen, und falls irgendjemand nachfragte, würde er behaupten, Gansey hätte ihn darum gebeten.
    Glendower.
    Wenn Whelk ihn fand, würde er ihn um das bitten, was er von Anfang an gewollt hatte: die Macht über die Ley-Linie.

19
    A m folgenden Nachmittag tappte Blue barfuß bis an den Straßenrand vor dem Fox Way und setzte sich auf die Bordsteinkante, um unter den blaugrün belaubten Bäumen auf Calla zu warten. Neeve hatte sich den ganzen Nachmittag in ihrem Zimmer eingeschlossen und Maura hatte Engelkarten für eine Gruppe Stadtbesucher gelegt, die hier einen Intensivkurs für kreatives Schreiben machte. Blue überlegte nun schon seit Stunden, was sie unternehmen sollte, nachdem sie Neeve in der Nacht zuvor im Garten getroffen hatte. Und diese Überlegungen bezogen Calla mit ein.
    Sie wollte gerade unruhig werden, als Callas Mitfahrgelegenheit am Bordstein hielt.
    »Na, wartest du, dass die Müllabfuhr dich abholt?«, fragte Calla, als sie aus dem Wagen stieg, der genauso blaugrün war wie alles andere an diesem Tag. Sie trug ein eigentümlich seriöses Kleid, dazu aber etwas fragwürdige, mit glitzernden Strasssteinen besetzte Sandalen. Mit einem halbherzigen Winken in Richtung des Fahrers wandte sie sich Blue zu, während das Auto davonfuhr.
    »Ich muss dich was fragen«, sagte Blue.
    »Und diese Frage klingt besser, wenn ich sie neben einer Mülltonne höre? Halt mal.« Calla wurstelte eine ihrer Taschen von ihrem Arm und hängte sie Blue übers Handgelenk. Sie roch nach Jasmin und Chilischoten, was bedeutete, dass sie einen miesen Arbeitstag hinter sich hatte. Blue war sich nicht ganz sicher, womit genau Calla eigentlich ihr Geld verdiente, sie wusste nur, dass es irgendwie mit der Aglionby Academy, jeder Menge Papierkram und viel Gefluche über die Schüler zu tun hatte, oft auch am Wochenende. Was immer sie den ganzen Tag über machte, sie tröstete sich jedenfalls mit Burritos, wenn es schlecht lief.
    Calla stapfte Richtung Haustür.
    Hilflos stolperte Blue ihr mit der schweren Tasche hinterher. Es fühlte sich an, als wäre sie entweder mit Büchern oder mit Leichen gefüllt. »Das Haus platzt aus allen Nähten.«
    Nur eine von Callas Augenbrauen schenkte ihr Aufmerksamkeit. »Tut es doch immer.«
    Sie hatten die Tür fast erreicht. Drinnen war jedes Zimmer von Tanten, Cousinen und Müttern bevölkert. Persephones wütende Doktorarbeitsmusik war bereits zu hören. Die Chance auf ein bisschen Privatsphäre bestand

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