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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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sonst doch noch die Beherrschung verloren hätte.
    Aber ich war noch da, und so wandte der Präfekt sich mit flammendem Blick mir zu. Der Cäsar müsse begreifen, sagte er kalt, dass man sich an die vorgeschriebenen Abläufe zu halten habe; er hätte sich diese Dinge eben ein Jahr vorher oder noch eher überlegen müssen. Wenn er jetzt in Schwierigkeiten sei, habe er das nur seinem draufgängerischen Temperament zuzuschreiben.
    Wenn Florentius glaubte, ich sei auf seiner Seite, hatte er sich getäuscht. Ich hörte ihn zu Ende an und erwiderte: »Unsere Feinde haben es noch nicht gelernt, sich nach dem Gutdünkender Verwaltungsbeamten zu richten.« Dann entschuldigte ich mich und ging.
    Die Zeit verstrich. Aus Tagen wurden Wochen, und noch immer war der Nachschub nicht eingetroffen.
    Julian beklagte, dadurch den Vorteil der Überraschung zu verlieren. Jeder weitere Tag werde das Leben römischer Bürger kosten. Er wartete einen Monat lang; dann sagte er eines Morgens: »Begleite mich ins Lager, Drusus. Ich möchte die Vorräte inspizieren.«
    Wir ritten zum Kastell, und gemeinsam mit dem Quartiermeister blickten wir in die dunklen Kammern und auf die Reste der Gerstenration.
    Julian nahm eine Handvoll auf und ließ die Körner durch die Finger rinnen. »Das reicht noch für zwanzig Tage«, stellte er fest. Er befahl dem Quartiermeister, die Gerste verbacken zu lassen. Dann wandte er sich an mich und bemerkte mit leisem Lächeln: »Ich bin gespannt, wie lange der Präfekt warten wird, bevor er zu mir kommt.«
    Nicht lange, wie sich herausstellte. Am Abend stürmte Florentius in Julians Arbeitszimmer, begleitet von einer Gruppe verkniffener Beamter. Er ignorierte Oribasius und mich und schrie: »Der Cäsar beliebt zu scherzen! Man kann doch nicht mit nur zwanzig Tagesrationen losmarschieren!«
    Julian zog die Brauen hoch. »Ich scherze keineswegs, Präfekt.«
    »Ich kann nicht garantieren, dass der benötigte Nachschub eintrifft.«
    »Das sagtest du schon. Aber wir haben eine Aufgabe zu vollbringen. Ich will nicht noch länger warten, ob dein Amt endlich seinen Verpflichtungen nachkommt. Zwanzig Tage sollten dir genügen, um zu liefern, was gebraucht wird. Wenn nicht, wird das Heer hungern, und wir müssen es dem Kaiser erklären.«
    Florentius war nicht dumm. Ein törichter Mann kann nicht so hoch aufsteigen. Aber vielleicht hatten Bequemlichkeitenund Wohlstand sowie die Gewöhnung an den Gehorsam anderer ihm eine gewisse Hartleibigkeit verliehen. Wie auch immer, vier Tage später, als Julian das Lager durchquerte, um die letzten Marschvorbereitungen zu treffen, gelangten wir in den Haupthof und sahen in der Mitte zwei halb beladene Wagen stehen, um die sich einige Diener des Präfekten scharten.
    »Was ist das?«, fragte Julian den Nächststehenden.
    »Das Gepäck des Präfekten, Cäsar.«
    In diesem Augenblick kam Florentius’ oberster Diener hinter dem Wagen hervor. Er war ein grober, aufgeblasener Kerl, der sich die Aufdringlichkeit von seinem Herrn abgeschaut hatte.
    »Kann ich helfen?«, fragte er laut und abweisend.
    »Will der Präfekt verreisen?«, fragte Julian.
    »Er will selbstverständlich das Heer begleiten.«
    »Tatsächlich?« Julian nickte bedächtig; dann sah er sich nach einer Abordnung Soldaten um, die gerade vorbeizog, und winkte den Hauptmann heran. »Alles abladen!«, befahl er.
    »Aber Cäsar …!«, protestierte der Diener.
    »Du kannst dem Präfekten bestellen«, sagte Julian und hob die Stimme, um ihn zum Schweigen zu bringen, »dass er hierbleiben wird. Wenn wir Glück haben, findet er vielleicht heraus, wo unser Nachschub sich gerade befindet. Danach kann er zu uns stoßen, sofern er es wünscht, und den Nachschub gleich mitbringen. Aber bis dahin brauchen wir ihn nicht.«
    Er wandte sich ab und schritt davon, während der verblüffte Diener ihm hinterherstarrte. Die Soldaten hoben grinsend die bronzebeschlagenen Truhen und verschnörkelten Kästen vom Wagen und warfen sie auf einen Haufen.
    Am nächsten Tag setzten wir uns bei strahlendem kaltem Frühlingswetter in Marsch. Wo wir auf Barbaren stießen, griffen wir sie an. Meistens aber schlüpften sie beim Klang von Schritten davon wie Ringelnattern.
    In der Nähe von Tongern kamen Gesandte der Franken zu uns und verlangten den Cäsar zu sprechen.
    »Also gut«, sagte Julian. »Hören wir sie an.«
    Wir vereinbarten ein Treffen im Stall eines zerstörten Bauernhofes. Nachdem wir lange gewartet hatten, kam der fränkische Gesandte

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