Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
das vorweg. Bei mir wird Blut fließen, aber ich gehe auf Sicherheit.«
    »Es ist Ihr Patient!« sagte Dombono dunkel.
    »Und er bleibt es!« Huber klappte die Tasche wieder zu. »Führen Sie mich zu Sikinophis.«
    »Jetzt?«
    »Warum nicht? Ich hab mir's überlegt. Ich werde sogar bei ihm im Zimmer schlafen.«
    »Unmöglich!«
    »Durchaus nicht! Ich will jede Komplikation ausschalten. Ich will den Sohn der Sonne ständig unter Kontrolle haben. Tag und Nacht! Wenn mein Leben schon mit seinem verbunden ist, dann schon richtig!«
    Das war ein Schlag in den Magen, dachte Huber zufrieden. Operation gelungen, Patient später tot. Alles sehr rätselhaft, aber nicht zu ändern. Und man hat zwei Probleme auf einmal gelöst: Man ist an der Macht, und die fremden Zeugen sind vernichtet. – Mit mir kann man das nicht machen. Nicht mit mir, Kollege Dombono! Es wird bei dem Jungen keine rätselhaften tödlichen Komplikationen geben …
    Dombono starrte ihn an, als könne sein Blick ihn wie ein feuriger Strahl töten. Dann wandte er sich ab, ging zur Tür des OP und kümmerte sich nicht darum, ob Huber nachkam oder blieb.
    Dann wollen wir mal, sagte der zu sich. Ich kann mir meinen Patienten auch allein suchen. Fröhlich wird die Sache, wenn die Operation anfängt. Wenn Dombono dann aufsässig wird, schmeiße ich ihn vor den Augen seiner Gottkönigin hinaus aus seinem eigenen OP!
    Er ging Dombono kurze Zeit später nach und erhielt wieder seine vier Soldaten als Wache. Sie führten ihn – schweigend wie immer – durch eine Vielzahl von Fluren zu einem abgelegenen Trakt des Krankenhauses. Hier empfing sie einer der Oberärzte und zwei kleine, hübsche Schwestern. Sie starrten den weißen Arzt an, als wäre er ein unbekanntes Tier. Die Luft in diesem Teil des Hauses war gesättigt mit einem herbsüßen Geruch, als habe jemand mit einem Spray Boden, Wände und Decke besprüht.
    »Das riecht besser als unser Desinfektionsmittel«, sagte er zu einem Priester-Arzt. Er hatte seinen Tropenanzug unter den Arm geklemmt, in der anderen Hand trug er die Arzttasche. »Wo liegt unser Sikinophis?«
    Wenn der Priester auch nichts verstand, den Namen begriff er. Er ging voraus, öffnete eine Tür und winkte. Huber trat ein.
    Ein großes Zimmer: halbdunkel, in aller Eile ausgeschlagen mit golddurchwirkten Schleiern; an der Wand das Bett aus geschnitztem Elfenbein. Der Junge lag auf einem Löwenfell, wieder eingehüllt in das goldene Gespinst. Huber warf die Tür ins Schloß und winkte dem Jungen zu.
    »So ein Blödsinn!« sagte er auf französisch. »Legen dich auf ein Löwenfell, und dabei haben sie hier weiße Tücher. Das ändern wir gleich.« Er kam näher und setzte sich auf die Bettkante. »Wie fühlst du dich, mein Sohn?«
    Sikinophis warf den Schleier von seinem Kopf. Obwohl Huber nun wußte, wie der Junge aussah, überwältigte ihn wieder die Schönheit des Kindes. Das gelockte Haar war nicht blond, es schimmerte tatsächlich wie Gold. Sohn der Sonne; es gab keinen besseren Namen. Die großen blauen Kinderaugen flatterten. Er will tapfer sein, dachte Huber, aber er hat Angst – wie alle Kinder.
    »Ich freue mich«, sagte Sikinophis unvermittelt. Huber zuckte zusammen.
    »Auf die Operation?«
    »Daß ich bald wieder laufen kann.«
    »Darüber will ich mit dir reden.« Huber stand auf. »Erst ziehe ich mich um. Einen Augenblick.«
    Er stieg aus der ledernen Uniform und zog seine alte Tropenkleidung an. Es war sicherlich das erstemal, daß ein Fremder sich vor den Augen eines Gottes umzog. Sikinophis lächelte ihn dabei an.
    »Ich möchte, wenn ich wieder laufen kann, auch einmal in deinen Kleidern herumgehen.«
    »Das kannst du, mein Junge.« Huber stellte die Arzttasche auf den Tisch an der gegenüberliegenden Wand. »Nur – das mit dem Gehen ist so eine Sache. Stell dir nicht vor, ich operiere dich übermorgen, und am nächsten Tag kannst du wieder herumspringen. Das kann Wochen dauern.«
    »Ich weiß.«
    »Ach! Woher?«
    »Von meiner Mutter. Sie hat gesagt, daß du bei uns bleibst, bis ich mit den besten Läufern unseres Landes um die Wette rennen kann.«
    »Das hat sie gesagt?« Huber wischte sich übers Gesicht. Es fühlte sich plötzlich kalt an. Sie will Veronika vernichten, dachte er. Sie rechnet mit der Zeit und meiner Männlichkeit. Sie wird versuchen, mich zu sich zu ziehen, und sie kennt genau die Macht ihrer unwirklichen Schönheit. Sie wird ihren Körper, ihre Sehnsucht ausspielen wie ein Poker seine Trümpfe, und es wird

Weitere Kostenlose Bücher