Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
die furchtbarste, aussichtsloseste Liebe werden, die je eine Frau durchlitten hat! Werden wir das alle überleben?
    »Woran denkst du?« fragte der Junge und legte seine Hand auf das Knie des fremden Arztes.
    »An deine Mutter.«
    »Sie liebt dich!«
    Es durchzog ihn plötzlich ein heißer Strom. Verwundert und entsetzt zugleich stellte er fest, daß es Glück war. »Dummheit, Junge!« sagte er rauh. »Wer sagt das denn?«
    »Sie selbst.« Seine Augen leuchteten. »Sie hat gesagt: Mein Liebling, ich liebe den fremden Arzt. Nur du weißt es jetzt. Soll er immer bei uns bleiben?«
    »Und was hast du geantwortet?« fragte Huber heiser.
    »Ja! Er soll bleiben! Ich liebe ihn auch.«
    Alex Huber wandte sich ab. Die goldenen Netze an den Wänden bekamen plötzlich eine schreckliche Bedeutung. Ja, ich bin eingefangen, dachte er. Wie ein Fisch gefangen. Eine Göttin liebt mich!
    Es gibt kein Entrinnen mehr.

17
    Sie saßen eine ganze Zeit beieinander und schwiegen. Der Junge hatte seinen blonden Lockenkopf auf Hubers Schulter gelegt. Es war mehr als ein Anlehnen – es war der stumme Ausdruck eines einsamen Lebens: Du bist der einzige Freund. Mit dir kann ich reden. Bei dir brauche ich kein kleiner Gott zu sein, nicht dieser Sohn der Sonne, den niemand ansehen und berühren darf. Hier muß ich keinen goldenen Schleier um meinen Kopf tragen und unbeweglich sein wie eine Statue. Du bist mein großer Freund; auch wenn du mir übermorgen das Bein aufschneidest. Soll ich dir sagen, daß ich gar keine Angst mehr habe?
    Huber nickte abwesend. Die Gefahr, in der sich Veronika befand, klammerte sich an ihn. Was eine Frau, die so leidenschaftlich lieben kann wie Sikinika, mit ihrer Nebenbuhlerin anstellt, wenn sie auch noch die absolute Macht dazu besitzt, war gar nicht auszudenken. Es gab nur eine Möglichkeit, Veronika zu retten: die Krankheit des Jungen gegen Sikinika auszuspielen.
    Ein gemeines Spiel, vom ärztlichen Ethos aus gesehen, aber es galt, ein Leben zu retten, und sind da nicht alle Mittel zu entschuldigen?
    »Du liebst meine Mutter nicht?« fragte Sikinophis leise. Huber zuckte zusammen.
    »Ich habe eine Braut«, sagte er. »Weißt du, was das ist?«
    »Nein.«
    »Man liebt ein Mädchen, und man verspricht sich gegenseitig, sich zu heiraten. Es ist wie ein Schwur, Sikinophis, und wenn man ein anständiger Mensch ist, hält man dieses Versprechen. Es ist eine Zeit der Vorbereitung für ein ganzes Leben zu zweit. Eine schöne Zeit.«
    »Und du hast so ein Mädchen?«
    »Ja. Es ist hier in Urapa. Deine Soldaten haben es gefangengenommen, und ich bin eigentlich nur zu euch gekommen, um das Mädchen zu befreien.«
    »Nicht, um mich zu operieren?«
    »Nein. Ich kannte dich vorher gar nicht.«
    »Und wo ist das Mädchen jetzt?«
    »Irgendwo im Palast oder im Tempel. Ich weiß es nicht. Bis gestern hing es noch in einem Käfig hoch droben an der Tempelmauer.«
    Der Junge blickte Huber nachdenklich an. Seine großen blauen Augen waren traurig. Dann legte er den Kopf wieder auf Hubers Schulter und schlang den Arm um seine Hüfte.
    »Ich will, daß man das Mädchen freiläßt!« sagte er. Seine Stimme hatte sich verändert: Sie bekam jetzt den harten, kalten Klang seiner Mutter. »Ich will es!«
    »Ich glaube, unser Wille gilt hier wenig. Wir kämpfen gegen Leidenschaften an, die schon ganze Völker vernichtet haben. Aber das verstehst du noch nicht.«
    »Ich werde es meiner Mutter sagen!«
    »Du wirst zum erstenmal erleben, daß dich deine Mutter nicht anhört.«
    »Sie muß! Ich bin der Sohn der Sonne!«
    »In diesem Fall bist du nur ein kleiner Junge. Sikinophis, es werden verdammt harte Tage kommen.«
    Sie wurden unterbrochen. Die Tür ging auf; Dombono kam ins Zimmer. Hinter ihm rollten zwei Pfleger eines der einfachen hölzernen Betten herein und schoben es an die Fensterwand. Zwei andere Pfleger schleppten einen großen Tonkessel auf einem Spreizfußgestell in den Raum. Er war mit einem süßlich duftenden Wasser gefüllt. Das Waschbecken.
    »Sind Sie zufrieden?« fragte Dombono mit höhnischem Unterton. »Wann besprechen wir die Operation?«
    »Morgen. Es ist nicht viel zu besprechen. Ich lege den Oberschenkelknochen und die Gelenkpfanne frei, und dann werden wir sehen, was zu machen ist. Sorge macht mir lediglich die Narkose.«
    »Sie ist kein Problem.«
    »Ich weiß, Doktor Stricker berichtete mir von Ihrem Saft. Sie gestatten, daß ich da sehr kritisch bin. Über welche Zeit können Sie die Narkose

Weitere Kostenlose Bücher