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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stellen wieder aufbrechen. Dann sind wir machtlos.«
    »Ich weiß«, sagte Sikinika ruhig. »Ich vertraue Ihnen.«
    »Vertrauen heilt nicht.«
    »Aber es gibt Kraft.« Sie trat näher und stand jetzt dicht vor ihm. Zum erstenmal sah er ihr Gesicht. Es war mit Goldpuder bestäubt und von einer unirdischen Schönheit. »Ich brauche Kraft. Wann operieren Sie?«
    »Übermorgen.«
    »Danke. Ich werde beten.«
    Plötzlich lagen ihre Arme um seinen Nacken, er spürte ihren Körper, und dann küßte sie ihn, mit halbgeöffneten, warmen Lippen und geschlossenen Augen, auf deren Lidern der Staub gemahlener Diamanten glitzerte.
    Es war ein Kuß, der ihn überwältigte. Lähmte …

16
    Ebenso plötzlich wie sie sich ihm in die Arme geworfen hatte, stieß sie ihn auch wieder von sich. Alex Huber taumelte gegen die goldene Wand. Sikinikas Lippen brannten noch auf seinem Mund, sein Herz schlug so stark, daß ihm das Atmen schwerfiel. Er spürte diese einzigartige Frau noch in seinen Armen, als sie längst wieder unnahbar – wie versteinert, ein von Glanz umflossenes Götterbild – mitten in der Halle stand und ihn unbewegt anstarrte.
    »Haben Sie noch eine Frage, Herr Doktor?« fragte sie kalt.
    Er schüttelte den Kopf. Seine Kehle war wie ausgebrannt. Das wird eine Katastrophe, dachte er und holte tief Atem. Sie wird Veronika vernichten, jetzt gerade, nach diesem einmaligen, glühenden Kuß, in dem die ganze Sehnsucht einer Frau gelegen hatte, die verurteilt ist, eine Göttin zu sein und die so gern ein Mensch sein möchte. Ein Mensch wie damals, als sie ihren Sohn empfing und gebar, von einem Mann, dessen Herkunft und Verbleib noch im dunkeln liegt. War er ein Franzose? Hatte sie von ihm die französische Sprache gelernt? War auch er durch Zufall in dieses Felsental gekommen – ein junger, blonder, mutiger Mann, der für ein paar Nächte aus der Göttin eine Geliebte machte? Warum gab es keinen König? Warum hatte sie nicht einen Urapaner geheiratet, um die Dynastie fortzuführen? Eine in Jahrtausenden erstarrte Geschichte: Ging sie jetzt mit Sikinika und ihrem Sohn zugrunde? Wurde Urapa ein Priesterstaat, mit Dombono an der Macht?
    Fragen, die auf ihn einstürmten, blitzartige Gedanken, die ihn davor bewahrten, länger an diesen Kuß zu denken und dadurch den klaren Verstand zu verlieren.
    »Wollen Sie Sikinophis noch einmal sehen?« fragte sie. Er stieß sich von der Wand ab.
    »Natürlich! Ja!« Er fand langsam seine Fassung wieder. »Ich möchte ihn ständig sprechen können. Ich lege größten Wert auf einen persönlichen Kontakt mit meinen Patienten. Auch er soll Vertrauen haben.«
    »Alle Ihre Wünsche werden erfüllt.« Sie rührte sich nicht, ihr Gesicht war eine goldene Maske.
    »Alle?«
    »Ja.«
    »Was geschieht mit meinen Freunden? Wo bleiben sie?«
    »Im Tempelbereich.«
    »Ich kann sie jederzeit besuchen?«
    »Sie werden wenig Zeit dazu haben!« Ihre kalte Stimme war wie eine unsichtbare Mauer. Die Erinnerung an den Kuß schien erloschen. »Ich werde bei der Operation zugegen sein.«
    »Davon möchte ich dringend abraten.« Er blickte an sich hinunter. Er trug noch immer die schwarzlederne Schuppenuniform, die er dem betäubten Soldaten abgenommen hatte.
    »Eine Operation ist kein schöner Anblick.«
    »Es ist mein Kind!«
    »Ich kann Sie nicht daran hindern. Noch eine Bitte: Ich möchte einen anderen Anzug haben.«
    »Ihre Kleidung ist gefunden worden. Dombono wird sie Ihnen geben.« Sie drehte sich um, ging auf die goldene Wand zu und verschwand darin, als wäre es nur eine Lichtschranke. Das gleißende Licht erlosch, es wurde dämmerig in der großen Halle und bedrückend leer.
    Er blieb stehen und wartete. Holte man ihn ab? Brachte man ihn zurück zu Veronika und den anderen? Er ging auf die goldene Wand zu, und zu seinem Erstaunen öffnete sich eine Tür, die er in den verwirrenden Mustern nicht gesehen hatte. Dahinter erwarteten ihn wieder die vier schweigsamen schwarzen Soldaten. Von der Seite, aus einem Gang, tauchte Dombono auf – er war anscheinend überall.
    »Sikinophis ist bereits auf dem Weg zum Krankenhaus«, sagte er. Huber meinte, etwas wie versteckten Spott aus der Stimme herauszuhören. »Sie haben uns da ein Problem an den Hals gehängt. Bis heute hat noch kein Gott den Palast verlassen, außer, wenn er zum Allerheiligsten ging, um mit den anderen Göttern zu sprechen. Wir müssen das ganze Krankenhaus räumen.«
    »Das ist doch Blödsinn! Die Kranken bleiben in ihren Betten!«
    »Kein

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