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Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Titel: Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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schön ausgeteilt, ich war echt mies drauf. Aber das passiert doch jedem mal. Das ist kein Grund, jemanden aus der Clique auszustoßen.
    However, ich stand also in der großen Pause allein im Foyer herum und mopste mich und da ---------------------
    Ohgottohgotohgott. Ich kann’s nicht niederschreiben. Jede Körperzelle sträubt sich dagegen.
    Ommmmmmmmmmm. Es muss sein. Schreibtherapie.
    Ich versuche mal, die peinliche Situation wie eine Filmszene zu schildern, vielleicht schafft das die nötige Distanz:
    Tatatatamm. Unheilvolle Hintergrundmusik. Zeitlupe.
    Lilia K. geht durchs Foyer in Richtung Klassenzimmer. Plötzlich stockt ihr Schritt. Da steht Jakob, das Objekt ihrer Begierde. Am Rektorat. Vorm Vertretungsplan. Seine dunklen Haare schimmern im Sonnenlicht. Unter seinem T-Shirt zeichnen sich kräftige Rückenmuskeln ab. Lilia K. fühlt plötzlich keine knöchernen Gelenke mehr in ihren Knien. Da ist nur noch Gummi. Jakob sieht sie nicht, das gibt ihr Zeit für einen Plan.
    Tatatatamm. In diesem Schicksalsmoment fällt Lilias Blick auf ein Plakat, das für die Teilnahme an der Theater- AG wirbt. »Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, musst du tun, was du noch nie getan hast«, steht da.
    Lilia K. beißt sich auf die Lippen, damit diese sich röten. Sie atmet tief ein und wölbt den Brustkorb, um eventuell vorhandene Kurven zur Geltung zu bringen. Und dann tut Lilia K., was sie besser gelassen hätte.
    Tatatatamm.
    Nee, echt, ich kann’s nicht aufschreiben. Erst recht nicht als Film. Wenn ich mir das vor meinem inneren Auge noch mal vorspiele, verknoten sich meine Eingeweide.
    Aber es hilft nichts. Aufschreiben muss ich es. Das ist Teil der Therapie.
    Ich versuche es mal im Konjunktiv, dann klingt es nicht so real. Eher so, als ob. Und ich pirsche mich langsam an das Thema heran, um es aus dem Hinterhalt zu überwältigen:
    Nur mal angenommen, eine Sechzehnjährige wollte einen Typen angraben, also rein fiktiv, dann sollte sie vielleicht ihre Sonnenbrille in ihre lange blonde Mähne schieben, powackelnd auf ihn zugehen, cool eine Augenbraue hochziehen und ausdem Mundwinkel etwas murmeln, das genauso gut ein Gruß wie eine Beleidigung sein könnte. Anschließend sollte sie an ihm vorbeirauschen und ihre Haare genau auf seiner Höhe so zurückwerfen, dass er ihren Lufthauch spüren und ihren Duft einatmen würde. Er würde ihr wie ferngesteuert folgen, ein Gespräch mit ihr anfangen, und sie hätte ihn am Haken.
    So sollte das laufen.
    Ich weiß das.
    Jetzt aber mal angenommen, ein Mädchen wäre fünf Jahre alt, so wie meine kleine Schwester, und sie wollte einen Jungen angraben, dann könnte sie sich durchaus rechts neben ihn stellen und ihn mit dem Finger auf die linke Schulter piksen, sodass er sich zur falschen Seite umdrehen würde. Hahaha, beide würden lachen und er würde das Mädchen zurückpiksen. Danach würde sie weglaufen, er würde sie fangen und sie hätte ihn am Haken.
    Ja. So ist das. Ich weiß das. Und ich bin sechzehn, sechzehn, sechzehn! Nicht fünf! Was um Himmels willen hat mich geritten, Jakob mit dem Finger auf die falsche Schulter zu piksen??? Denn, es ist kaum zu glauben, aber genau das habe ich getan.
    Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Sehen wir es mal positiv: Man muss ja fast sagen, dass ich Glück hatte, dass auf seiner anderen Seite Vicky stand, und dass Jakob dachte, der Piks sei von ihr gekommen. Ich habe keine Ahnung, was ich getan hätte, wenn er sich tatsächlich zu mir umgedreht und überhaupt nicht gelacht hätte. Wenn er eine Augenbraue hochgezogen und etwas gemurmelt hätte, das eindeutig eine Beleidigung gewesen wäre.
    Ja, ja, ja, ich weiß, ich hatte Glück. Was für ein Segen, dassVicky links neben Jakob stand. Wie gut, dass er dachte, sie hätte ihn gepikst. Was für ein günstiger Zufall, dass sie so entzückend aussah mit der Sonnenbrille in ihrer blonden Mähne und dass er so entzückt darüber war, von ihr vermeintlich gepikst worden zu sein. Was für ein Geschenk des Schicksals, dass er sie an sich zog und ihr links und rechts ein Küsschen auf die Wange drückte, woraufhin die beiden sich plaudernd entfernten.
    Mannomann, ich bin echt ein Liebling der Götter.

    Schluchz.
    Nee, jetzt mal ohne Witz: Das ist oberpeinlich. Ich muss wirklich was an meiner Flirttechnik ändern, und zwar ganz schnell. Nur was? Mein Hirn setzt aus, wenn ich Jakob sehe. Hmm, vielleicht sollte ich zur Übung erst mal ein anderes Objekt wählen, um mir ein

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