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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Klebestreifen zusammengeflickt waren. Ich bekam einen Stapel von Fünf- und Zehnfrancsscheinen und eine Handvoll Kleingeld. Chinesische Münzen mit Löchern in der Mitte. Ich wußte nicht mehr, in welche Tasche ich das Geld noch stopfen sollte. Meine Hose war gebläht von Münzen und Scheinen. Es war mir auch ein wenig ungemütlich, all den Kies vor den Leuten hervorzuziehen. Ich hatte Angst, man könnte uns für Gauner halten.
    Als wir zum American Express kamen, war es höchste Zeit. Die Briten hatten uns in ihrer üblichen langsamen, gemächlichen Art auf die Folter gespannt. Hier sausten alle wie ein geölter Blitz herum. Sie hetzten so, daß alles zweimal gemacht werden mußte. Nachdem sämtliche Fahrscheine unterschrieben und in ein Büchlein sauber zusammengeheftet worden waren, stellte sich heraus, daß Fillmore an der falschen Stelle unterschrieben hatte. Es blieb nichts übrig, als noch einmal von vorne anzufangen.
    Ich stand über ihn gebeugt da, ein Auge auf die Uhr gerichtet, und beobachtete jeden Federstrich. Es war schmerzlich, all den schönen Zaster auf den Tisch zu legen. Nicht alles, Gott sei Dank, aber einen guten Teil davon. Ich hatte schätzungsweise etwa 2500 Francs in der Tasche. Schätzungsweise, sage ich. Ich zählte nicht mehr nach Francs. Ich scherte mich nicht um hundert oder zweihundert mehr oder weniger. Was ihn betraf, so erledigte er den ganzen Handel wie im Trancezustand. Er wußte nicht, wieviel Geld er besaß. Er wußte nur, daß er etwas für Ginette beiseite legen mußte. Noch wußte er nicht wieviel, wir wollten uns das auf dem Weg zum Bahnhof ausrechnen.
    In der Aufregung hatten wir vergessen, alles Geld wechseln zu lassen. Wir saßen jedoch bereits im Wagen, und es war keine Zeit mehr zu verlieren. Es handelte sich darum, herauszufinden, wie es mit unserer Kasse stand. Wir entleerten rasch unsere Taschen und machten uns ans Zählen. Etwas von dem Geld war auf den Boden gefallen, anderes lag auf dem Sitz. Es war verwirrend.
    Da gab es französisches, amerikanisches und englisches Geld. Und außerdem das ganze Kleingeld. Ich hatte Lust, die Münzen aufzuheben und aus dem Fenster zu werfen, nur um die Sache zu vereinfachen. Schließlich sortierten wir alles. Er nahm das englische und amerikanische Geld an sich, ich das französische.
    Wir mußten uns jetzt rasch schlüssig werden, was wir mit Ginette machen, wieviel wir ihr geben, was wir ihr sagen wollten usw. Er versuchte eine Geschichte zu erfinden, die ich ihr auftischen sollte – er wollte ihr nicht das Herz brechen und so weiter. Ich mußte ihm das Wort abschneiden.
    «Kümmere dich nicht darum, was ich ihr sagen soll», meinte ich. «Überlaß das mir. Wieviel willst du ihr denn geben , das ist die Frage. Warum willst du ihr überhaupt etwas geben?»
    Das war, als ließe man eine Bombe unter ihm explodieren. Er brach in Tränen aus. Was für Tränen! Es war schlimmer als zuvor. Ich dachte, er würde mir unter den Händen zusammenbrechen. Ohne lange zu überlegen, sagte ich: «Schön, geben wir ihr das ganze französische Geld. Damit dürfte sie eine Weile reichen.»
    «Wieviel ist es?» fragte er schwach.
    «Ich weiß nicht, an die 2000 Francs oder so etwas. Jedenfalls mehr, als sie verdient.»
    «Mein Gott! Sag so was nicht!» bat er. «Es ist doch ein schlimmer Streich, den ich ihr da spiele. Ihre Leute werden sie jetzt nie wieder aufnehmen. Nein, gib es ihr. Gib ihr den ganzen verdammten Kram … es ist mir gleich, wieviel es ist.»
    Er zog ein Taschentuch hervor, um die Tränen abzutrocknen. «Ich kann nicht anders», stöhnte er. «Es ist zu viel für mich.» Ich schwieg. Plötzlich streckte er sich zu voller Länge aus – ich dachte schon, er bekäme einen Anfall oder sonstwas – und sagte: «Mein Gott, ich glaube, ich sollte doch lieber zurückkehren. Zu ihr zurückgehen und das Ganze ausbaden. Wenn ihr etwas zustößt, würde ich es mir nie verzeihen.»
    Das war ein schwerer Schlag für mich. «Um Himmels willen!» schrie ich. «Das kannst du nicht tun. Nicht jetzt. Es ist zu spät. Du nimmst den Zug, und ich kümmere mich um sie. Ich gehe sofort zu ihr, wenn ich dich verlassen habe. Was denn, du armer Narr, wenn sie jemals erführe, daß du ihr davonlaufen wolltest, würde sie dich ermorden, bist du dir dessen nicht bewußt? Du kannst nicht mehr zurück. Und damit basta!»
    So oder so, was konnte schon passieren? – fragte ich mich. Daß sie sich umbrachte? Tant mieux .
    Als wir am Bahnhof vorfuhren, hatten

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