Wendland & Adrian 01 - Schattenwölfe
Bewacher Schleis kalte Füße bekommen, als sie vom Tod ihres Chefs erfuhren, und Schlei im Präsidium abgeliefert, und sich auch gleich selbst gestellt. Schlei hat heute nacht alles, was er offenbar dir zuvor schon erzählt hatte, noch einmal in Anwesenheit Antweilers und eines Oberstaatsanwalts zu Protokoll gegeben. Und dieses Arschloch, das dich fast erschossen hätte, sitzt in U-Haft.“
Susanne spürte Erleichterung wie eine sanfte Meeresbrandung. „Das ist... und GENOTEC ... und der MSD?“
„Da kommt offenbar eine Menge in Bewegung. Noch heute soll beim GENOTEC-Institut eine Hausdurchsuchung stattfinden. Dieser General Enderle ist bereits vom Dienst suspendiert worden. Und Antweiler glaubt, daß eine offizielle Untersuchung über die Verflechtungen zwischen dem Konzern und dem MSD stattfinden wird. Der Oberstaatsanwalt gibt in einer knappen Stunde eine erste Pressekonferenz.“
Susanne hob wieder den Kopf und schaute sich im Krankenzimmer um. „Ich hoffe, hier gibt‘s einen Fernseher?“ Mallmann lachte. „Der Arzt hat gesagt, daß du viel Ruhe brauchst. Aber ich werde mal die Schwester fragen, ob sich da was machen läßt.“
„Gut. Wenn ich schon die nächsten Tage hier ans Bett gefesselt bin, muß ich wenigstens wissen, was draußen vorgeht.“ Sie schaute Mallmann an. Er schien richtig glücklich zu sein, daß sie so glimpflich davongekommen war. Konnte es sein, daß er sie wirklich gern hatte? „Du ... opferst extra deine Freizeit, um hier an meinem Bett herumzusitzen?“
Er wirkte verlegen. „Da ist ja niemand, den wir benachrichtigen konnten. Keine lebenden Verwandten...“ Susanne seufzte. „Ja, ich bin von den Wendlands als einzige übriggeblieben.“
„Kein ... Freund.“
In diesem Moment wurde Susanne schlagartig bewußt, wie allein sie war. In den letzten Jahren hatte sie so völlig für den Beruf gelebt, kaum noch Freundschaften gepflegt. Ich bin schon ein verdammter Workaholic, dachte sie.
Mallmann zeigte auf den Infusionsschlauch und das EKG. „Warum hast du mich denn nicht eingeweiht? Ich hätte dir doch helfen können. Dann wäre es vielleicht gar nicht dazu gekommen, daß dieses Schwein ...“Er brach ab und schluckte. Dann räusperte er sich und sagte: „Können wir denn nicht in Zukunft zusammenarbeiten? Ich meine, wenn du mich gar nicht ausstehen kannst, werde ich Antweiler natürlich bitten, daß er mich versetzt...“
Das Mallmännchen. Vielleicht hatte er es gar nicht verdient, daß ihn alle so nannten. Sie beschloß, ihn in Zukunft mit seinem Vornamen anzureden. Torsten. Eigentlich ein ganz netter Name. Sie streckte ihre Hand aus, die sich schwer wie Blei anfühlte. „Okay... Partner“, flüsterte sie.
Torsten sah sehr gerührt aus. Er nahm ihre Hand, und nun bekam auch Susanne plötzlich feuchte Augen. Sie machte sie rasch zu, damit er es nicht merkte.
Er ließ ihre Hand nicht wieder los, sondern hielt sie sanft in seiner. Susanne sank erschöpft und erleichtert ins Kissen zurück. Sie schlief wieder ein und träumte. Von Wölfen, die durch die nächtlichen Straßen Kölns trabten. Von einem ganzen Stapel spannender, faszinierender Fälle, die auf ihren neuen, Möllers alten Schreibtisch flatterten. Fälle, die sie nicht mehr im Alleingang löste, sondern mit einem Partner, der ihr beim Kombinieren half wie Dr. Watson und sie gelegentlich davor bewahrte, vor lauter neugierigem Ungestüm mitten in einen Kugelhagel zu laufen.
Jonas lehnte erschöpft und mutlos am Stamm einer Buche. Stundenlang hatte er mit Stablampe und gezogener Pistole im Wald nach Chris gesucht. Jetzt, als die Sonne aufging, hatte ihn die Hoffnung verlassen. Gewiß würde in den nächsten Stunden eine der Hubschrauberbesatzungen über Funk melden, daß sie irgendwo eine Frauenleiche entdeckt hatten.
Er würde sich niemals verzeihen, daß er nicht besser auf Chris achtgegeben hatte. Er war ins Haus geeilt, um zu telefonieren, hatte mit der Rettungsleitstelle in Euskirchen gesprochen und dann Kriminalrat Weyerbusch aus dem Bett geklingelt. Ehe er nach draußen zu Chris zurückkehren konnte, wurde er von Leuten umlagert und mit Fragen bestürmt, auf die er keine befriedigenden Antworten wußte.
Hatte sich Gablenz tatsächlich vor aller Augen in einen riesigen Bären verwandelt und war über Kettler und diesen Dr. Roloff hergefallen? Hatte es sich dabei um so etwas wie eine Massenhalluzination gehandelt? Und wieso waren Kettlers und Roloffs Leichen dennoch äußerlich völlig unversehrt? Der
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