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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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mich an den Tisch zu setzen, mir graut förmlich vor dem leeren Papier und dem ersten Strich. Ich schätze, ich habe schlicht und ergreifend Bammel davor, dass ich es nicht mehr draufhaben könnte.
    » Codardo, du bist echt ein beschissener Feigling!«, schimpfe ich mich selbst.
    Kurz entschlossen greife ich zu meinem Handy. Dann werde ich jetzt wenigstens das tun, wovor ich mich ebenfalls seit Wochen drücke.
    »Pronto?«
    »Fabio, ciao , ich bin’s.«
    »Ja, ich weiß. Wie geht’s dir?«
    »So weit ganz gut. Eigentlich sogar ziemlich gut. Langsam wird es echt cool hier.« Ich habe das seltsame Bedürfnis, meinem Bruder reinzudrücken, dass ich in Hamburg einen Megaspaß habe, und dass es mir am Arsch vorbeigeht, was zu Hause los ist. Obwohl das nicht stimmt. Vor allem um meine Mutter mache ich mir große Sorgen, denn ich habe gestern Abend erneut einen Klatschartikel über sie gelesen, in dem stand, sie und dieser Bildhauer wären Italiens neues geheimes Liebespaar. Und dieses Mal gab es ein Foto, das nicht mehr viel der Fantasie überließ.
    »Hört sich ja ganz gut an«, meint Fabio. »Hast du Freunde gefunden?«
    »Ja, da sind ein paar nette Leute im Fußballteam. Beck ist auch ziemlich in Ordnung. Außerdem habe ich jetzt einen Job und … ein Auto. Aber das Beste ist, ich habe da ein Mädchen kennengelernt. Jana . Merda, Fabio, also sie ist …« Mir fehlen tatsächlich die Worte. Ich will nicht sagen, sie ist heiß, megasexy, der Hammer im Bett. Obwohl das alles stimmt. Aber dann würde Fabio denken, sie wäre wie eine meiner bisherigen Eroberungen.
    »Ist es etwas Ernstes?«, fragt er mich. Seine Frage klingt nüchtern und kurz überlege ich, ob darin irgendetwas mitschwingt, aber ich kann es nicht deuten. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet.
    »Ja, ja, genau, du hast es erfasst«, sage ich. »Etwas Ernstes. Jana ist unglaublich. Sie hat mich … glatt umgehauen, Mann.«
    Fabio schnauft. Freut er sich für mich oder war es eher ein abschätziges Schnaufen, als wollte er sagen: Du und ernsthaft verliebt? Kann ich mir nicht vorstellen.
    »Seit ich sie kenne, habe ich weniger Heimweh«, höre ich mich sagen. »Am Ende werde ich sogar noch ein waschechter Hamburger.«
    Fabio lacht leise.
    »Und bei euch? Gibt es etwas Neues?« Mein Herz klopft heftiger. Ich bin gespannt, ob Fabio mit dem Gerücht um unsere Mutter herausrückt.
    »Eigentlich nicht viel, es gibt eine Menge Arbeit, Papa hat einen neuen Großauftrag in Mailand. Ein Messekomplex.«
    »Ja, ich habe davon gelesen. Ein dicker Fisch, den er da an Land gezogen hat. Und Mama? Wie geht es ihr?«
    Pause.
    »Fabio? Bist du noch dran?«
    »Ja, doch. Es geht ihr gut. Sie ist natürlich stolz auf Papa, begleitet ihn auf seinen Geschäftsreisen. Es ist alles in Ordnung.«
    Ich schlucke. Er lügt. So, wie er es immer getan hat. Er leugnet die Wahrheit. Selbst vor mir, seinem Bruder. Ich will erst wütend sein und ihm etwas Vorwurfsvolles an den Kopf ballern, aber plötzlich tut mir Fabio einfach nur verdammt leid und ich halte meinen Ärger im Zaum. Ich weiß, er kann nicht anders, er ist gefangen in seiner eigenen Scheinwelt.
    »Und … was ist mit dir?«, frage ich. »Wie läuft das Architekturstudium? Und wie verstehst du dich mit Papa?« Ich versuche, teilnahmsvoll und glaubhaft zu klingen. Ich will, dass er weiß, dass ich zu ihm stehe, egal was kommt und wie weit wir voneinander entfernt sind. Dass er mir die Wahrheit sagen kann. Ich würde ihm gerne Kraft geben, so wie Jana mir.
    »Gut, ja wirklich«, sagt Fabio und es klingt wie auswendig gelernt. »Ich habe meine Wochenstunden an der Uni reduziert, damit ich die Firma vertreten kann, wenn Papa nach Mailand muss. Es läuft alles nach Plan.«
    Nach Plan. Ich lache stumm auf. Er klingt schon ganz nach unserem Vater. Ich weiß, dass die Entfernung zwischen uns zu groß ist und es sinnlos wäre, jetzt ein Fass aufzumachen. Fabio würde bloß wieder auf stur schalten oder sogar auflegen und wahrscheinlich nie mehr ans Telefon gehen, wenn ich jetzt zu diskutieren anfinge.
    »Pass auf dich auf, okay, fratellino ?«, murmle ich deshalb nur resigniert. »Und auf Mama. Ich … muss jetzt weiter.«
    »Alles klar. Viel Spaß mit deiner Freundin … du Hamburger.«
    Ich lege auf und setze mich seufzend an meinen Schreibtisch. Ich starre auf den Block. Da liegt er. Abwartend, lauernd, genau wie der Radierer und die verschiedenen Kohlestifte. Ich greife nach dem Bildband von Rom und schlage willkürlich

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