Wenn auch nur fuer einen Tag
ihr am liebsten die Welt zu Füßen legen möchte, denn ich weiß, dass ich es einzig und allein ihr zu verdanken habe, dass sich für mich alles zum Guten wendet. Mit ihr hat mein Leben hier begonnen – und jetzt läuft es ganz von allein.
Die Überraschung, die auf dem Parkplatz parat steht, ist natürlich schon mal der Hammer und ich bin mir sicher, auch Jana wird baff sein. Aber genau genommen ist es ja eher ein Geschenk für mich. Nein, ich muss noch etwas anderes für sie finden. Bloß was? Klar, Blumen, eine Kette, Ohrringe, solcher Kram geht immer. Aber das sind typische Geschenke, mit denen man auch noch in zwanzig Jahren Eindruck schinden kann.
Es muss etwas Besonderes sein, denke ich. Etwas Persönliches. Etwas, das ihr zeigt, dass ich ihr ganz nahestehe – trotz dieser Megasache, die ich vor ihr geheim halten muss.
Jana
Am Montag nach der Uni weiß ich, dass ich mich nicht länger vor einem Gespräch mit Carla drücken kann. Das Wochenende über konnte ich mich super ablenken. Lukas und ich waren im Kino, ich habe ihn mit dem Fahrrad beim Joggen begleitet und ihn als sein persönliches Cheerleadergirl angefeuert, gestern gab es wieder Mittagessen bei den Becks und den Rest der Zeit haben wir in dem schmalen Bett in Lukas’ Zimmer verbracht.
Aber jetzt brauche ich dringend frische Klamotten, und außerdem ist Lukas heute zum ersten Mal bei seinem Fußballtraining und meinte, er bräuchte anschließend Zeit, um sich um mein Geburtstagsgeschenk zu kümmern. Also habe ich keine Chance mehr, Carla aus dem Weg zu gehen.
Als ich die Haustür aufsperre, kommt leise Musik aus Carlas Zimmer. Mein Herz klopft nervös, aber ich nehme mir vor, mich auf keinen Fall von ihr herunterputzen zu lassen. Am besten werde ich ihre Vorwürfe von vornherein einfach –
»Hallo, Jana.«
Ich fahre herum. Carla steht in ihrer Zimmertür. Sie hat wahrscheinlich schon auf mich gewartet. Aber sie sieht kein bisschen wütend oder aufgebracht aus, was mich ehrlich gesagt verunsichert. Ich war auf eine lautstarke Standpauke von ihr gefasst.
»Hi.«
»Und? Hattet ihr zwei noch ein schönes Wochenende?«
Ich nicke und hänge meine Jeansweste auf. Ich frage mich, was das hier soll. Will Carla mich reizen, indem sie so ruhig bleibt? Will sie abwarten, bis ich explodiere, damit sie nicht diejenige ist, die anfängt zu streiten?
»Hör zu«, beginnt Carla ruhig. »Ich will es lieber gleich hinter mich bringen. Und ich werde mich kurzhalten, denn ich habe mich die letzten beiden Tage schon genug aufgeregt. Du hast bestimmt deine Gründe, warum du Lukas nichts von Flos Tod erzählt hast. Aber Fakt ist: Diese schreckliche Sache hat dein Leben massiv verändert und solange du nicht darüber hinweg bist, wird sie immer zwischen euch stehen. Falls Lukas irgendwann von selbst Wind davon bekommt, wird er garantiert enttäuscht von dir sein. Je eher du ihm also anvertraust, was passiert ist, desto besser. Sonst wirst du ihn verlieren.«
Ich hole tief Luft, will etwas erwidern, aber leider sind jetzt, wo Carla so unerwartet ruhig geblieben ist, all die vielen Argumente, die ich mir zu meiner Verteidigung zurechtgelegt hatte, hinfällig.
»Ich werde es ihm sagen«, ist alles, was ich schließlich hervorbringe. Ich staune, dass ich ebenfalls ganz ruhig bleibe und gar nicht gereizt oder angepisst klinge.
»Wann?«, will Carla wissen.
»Bald. Wahrscheinlich schon morgen.« Noch während die Worte meinen Mund verlassen, merke ich, wie mich eine schreckliche Angst überkommt. Angst vor allem, was dieses Gespräch mit Lukas auslösen kann. Unsere heile Welt wird einen Riss kriegen, wenn ich mein Versprechen gegenüber meiner Cousine wirklich halte. Was, wenn sich dieser Risss nicht mehr kitten lässt?
»Gut.« Carla macht auf dem Absatz kehrt und will in ihr Zimmer gehen.
»Carla?«
Sie dreht sich zu mir um und zieht fragend die Augenbrauen hoch.
»Willst du denn nicht wissen, warum ich es ihm verschwiegen habe?«
Carla betrachtet mich eine Zeit lang stumm. »Ich glaube, ich weiß, warum«, sagt sie dann. »Und ich verstehe dich. Trotzdem bist du ihm die Wahrheit schuldig. Euch beiden.«
Ich nicke. Und fühle mich, als stünde ich vor einem riesigen schwarzen Felsen, der mir den Weg versperrt – ohne zu wissen, wie ich ihn bewältigen soll, um weiterzukommen.
Lukas
Jetzt habe ich zwar alle Sachen beisammen, die ich für Janas Geschenk brauche, aber irgendwie kann ich mich nicht dazu überwinden loszulegen. Ich habe Schiss davor,
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