Wenn auch nur fuer einen Tag
knirscht, Bremsen quietschen, das Brummen verebbt und eine Autotür schlägt zu.
»Hallo? Allora, sono qui … Sono Matteo! «
Mein Herz macht einen Satz. Das war Lukas’ Stimme, ganz sicher! Aber er behauptet, er wäre … Matteo. Den Namen hat der Typ vorhin auch schon im Zusammenhang mit ihm erwähnt.
Mein Kidnapper springt auf und sprintet auf eine große Eisentür zu, die er mit aller Kraft öffnet. »Avanti, fratello!«
Ich erstarre. Mein Italienisch ist gut genug, um seine Aufforderung zu verstehen. Hereinspaziert, Bruder!
Licht fällt jetzt in den düsteren Raum und ich erkenne Lukas, der in der Tür steht. Mit aufgerissenen Augen starrt er auf sein Gegenüber. Ich halte die Luft an.
»Fabio … du?« Lukas’ Stimme klingt ungläubig und seine Hand greift nach dem Türrahmen, um sich daran festzukrallen. » Dio , was machst du hier? Geht es dir gut?«
»Klar! Gut, dass du es noch pünktlich hierher geschafft hast, Matteo. Deinen Flug nach Rom wirst du wohl verpassen, aber das war ja auch Sinn meines Besuches. Bitte, komm doch rein. Deine Freundin wartet schon auf dich! Die Kleine hatte schon Angst, du würdest sie im Stich lassen.«
Lukas macht einen zögerlichen Schritt und ich erhebe mich mit zitternden Knien. Ich will etwas zu ihm sagen, ihm tausend Fragen stellen, ihn anschreien, ihm entgegenrufen, dass ich erleichtert bin, ihn zu sehen, dass ich ihn liebe und gleichzeitig dafür hasse, dass er sich einfach aus meinem Leben stehlen und mich ohne richtige Begründung zurücklassen wollte.
»Jana!« Als Lukas mich sieht, stürzt er auf mich zu und umarmt mich. Er hält mich fest. So fest, als habe er Angst, ich könne mich sonst in Luft auflösen. »Jana, Gott sei Dank!«
Ich presse mein Gesicht an seine Schulter. »Lukas!« Mehr bringe ich nicht hervor.
Lukas
Ich halte Jana, so fest ich kann. Die Angst um sie hat mich fast umgebracht. Ich hatte ja keine Ahnung, wer sie in seiner Gewalt hatte und was er mit ihr anstellen würde. Dass Fabio bei ihr ist, damit hätte ich allerdings am allerwenigsten gerechnet. Was macht er hier? Ist er etwa auch ins Netz der Rosa Nera geraten? Ich blicke mich panisch um, ohne Jana loszulassen.
»Wo stecken die Scheißtypen? Fabio, wer hat dich hierhergebracht?«
»Das reicht jetzt, ich finde, ihr habt euch ausgiebig genug begrüßt!« Fabio tritt neben mich und zieht mich von Jana weg. »Zeit, dass wir beide uns unterhalten, Bruderherz.«
Jana wischt sich übers Gesicht und blickt fragend zwischen uns hin und her. Sie zittert noch immer und wirkt total aufgelöst. Sie muss die Hölle durchlebt haben. Und jetzt spricht Fabio mich auch noch mit meinem richtigen Namen an und nennt mich Bruderherz. Das erleichtert die Situation nicht gerade.
Ich räuspere mich auffällig und werfe Fabio einen warnenden Blick zu und hoffe, er versteht, dass er nichts weiter ausplaudern soll. Oder … hat er Jana etwa am Ende schon eingeweiht? Ich merke, wie ich mich augenblicklich verspanne. »Was ist passiert, Fabio? Weißt du irgendetwas? Wo sind die anderen? Woher kennt ihr beiden euch überhaupt?«
»Okay, alles hübsch der Reihe nach. Zunächst einmal … Es gibt keine anderen.«
Fabio lächelt, aber seine Augen blicken mich ungewohnt kühl an. Ein seltsames Gefühl beschleicht mich. Mein Bruder kommt mir verändert vor, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Seine Gesichtszüge sind härter, sein Blick unergründlich.
»Aber –«, setze ich an.
Fabio hebt abrupt die Hand und ich verstumme. »Jetzt rede ich.« Seine Stimme klingt leise und gefährlich. »Hör mir einfach nur zu und unterbrich mich nicht, damit verkürzen wir die ganze Angelegenheit.«
Fabios Tonfall schockiert mich.
»Gut, also … da sind wir drei nun vereint. Schade, Matteo, dass dich der erste Brief nicht beeindruckt hat und dieser zweite Schritt nötig war. Die Sache hätte auch schneller erledigt sein können. So blieb mir nichts anderes übrig, als Jana mit hineinzuziehen.«
»Was?« Fabios Worte treffen mich wie ein Faustschlag. »Diese Drohbriefe, die sind …«
Fabio nickt. »Von mir, ja. Um es kurz zu machen, ich wollte nicht, dass du nach Albertis Tod zurück nach Rom kommst. Mein Leben lief ohne dich plötzlich viel besser. Papa war entspannter und hat mir zugehört, er hat sich meine Arbeiten angesehen, war beeindruckt davon und hat mich motiviert, Architektur zu studieren, was ich schon immer wollte. Und Mama … Sie ist förmlich aufgeblüht. Es gab niemanden mehr, der ständig
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