Wenn auch nur fuer einen Tag
mittlerweile weiß ich ja, dass Lukas es nicht so mit Kindern hat. Behauptet er jedenfalls. Wobei er richtig süß war, als er mich kürzlich vom Simsalabim abgeholt hat. Er hat Vanessa und Massimo durch die Luft gewirbelt und irgendeinen lustigen Spruch auf Italienisch gesagt, den sie seither ständig wiederholen. Sie sind total vernarrt in ihn.
Anne Beck öffnet uns die Tür. »Lukas, Jana, schön, dass ihr da seid. Kommt doch rein!« Sie sieht nett aus und jung, jedenfalls um einiges jünger als Alfred Beck, der jetzt hinter ihr auftaucht. Er begrüßt mich mit einem festen Händedruck und verzieht dabei keine Miene. Aber Lukas hat mich schon vorgewarnt. Er meinte, an seinen Onkel müsse man sich erst gewöhnen. Vielleicht liegt das ja an seinem Job als Bodyguard, überlege ich. Da gehört ein strenger Ausdruck wahrscheinlich zur Grundausstattung.
»Sie finden dich nett«, flüstert Lukas mir zu, als wir uns an den Tisch setzen. Ich lächle ihn dankbar an. Dann gibt es Hühnchen aus dem Backofen mit Rosmarinkartoffeln und grünem Salat. Erst bin ich noch etwas nervös, aber mit jedem Bissen fühle ich mich wohler.
»Nein danke, ich kann wirklich nicht mehr«, wehre ich ab, als Lukas’ Tante mir zum dritten Mal etwas auf den Teller häufen will. »Aber es war wirklich unglaublich lecker, Frau Beck.«
»Vielen Dank, das hört man gerne.« Sie lächelt mich an. «Aber sag doch bitte Anne zu mir, sonst fühle ich mich so alt.«
»Du, Jana, ist mein großer Cousin etwa verliebt in dich?«, will Felix von mir wissen. Bisher war er erstaunlich brav und hat, ohne viel zu sagen, sein Essen in sich hineingeschaufelt, aber jetzt, mit vollem Magen, scheint er aufzutauen.
»Hm, auf dieses Thema fahren anscheinend alle kleinen Kinder ab«, raunt mir Lukas zu und nimmt zärtlich meine Hand, um sie zu streicheln.
»Ich glaube schon, dass er in mich verliebt ist, ja«, sage ich lächelnd zu Felix.
»Und warum?«, will Felix wissen. »Kannst du denn irgendetwas besonders gut, was ihm gefällt?«
»Felix, jetzt sei doch nicht so neugierig!«, zischt ihm seine Mutter zu.
»Wieso? Mich würde es auch interessieren«, kommt Alfred Beck seinem Sohn jetzt zu Hilfe. »Ich meine, dass Jana gut aussieht und nicht gerade blöd im Kopf ist – obwohl sie mit meinem Neffen zusammen ist –, das haben wir ja schon mitgekriegt. Aber …«
»Also wirklich, Fred! Jana, siehst du, was ich jeden Tag aushalten muss?«, stöhnt Anne Beck und rollt mit den Augen. »So ein Männerhaushalt macht einen wirklich fertig! Da gibt es nur eine Lösung: einfach nicht hinhören!«
Jetzt grinst Alfred Beck und gibt seiner Frau einen Kuss und auch ich muss lachen. Mit jedem Moment, den ich hier bei Lukas’ Verwandtschaft bin, werde ich lockerer. Die Becks sind eine richtige Familie, so, wie ich mir immer eine gewünscht habe. Hier wird zusammen an einem Tisch gegessen, gelacht, sich gegenseitig aufgezogen … Lukas kann froh sein, dass er solche Menschen um sich herum hat.
»Also, um noch einmal auf deine Frage zurückzukommen, Felix«, meldet sich Lukas jetzt zu Wort, »Jana ist nicht nur hübsch und schlau, sie macht auch alles irgendwie interessant für mich. Dafür braucht sie gar nicht viel zu tun. Sie muss nur da sein und mir sagen, dass sie morgen wieder kommt.«
Lukas greift nach seinem Colaglas und setzt es an. Alle schweigen und starren ihn mit offenen Mündern an. Auch ich. Nie im Leben hatte ich damit gerechnet, dass er ernsthaft auf die neugierige Frage seines kleinen Cousins antwortet. Lukas ist kein Freund von schmeichelhaften Worten, das habe ich in den letzten Wochen gemerkt. Er gehört nicht zu den Typen, die einem ständig Komplimente machen oder wiederholen, wie verliebt sie sind. Und jetzt diese unerwartete, unglaublich schöne Liebeserklärung, hastig hingenuschelt, hier am Tisch, zwischen den schmutzigen Tellern, im Beisein seiner Familie …
Mir wird warm, ich will etwas erwidern, etwas Schönes, so wie im Film, aber ich weiß nicht, was. Alles, was mir einfällt, klingt kitschig und abgedroschen und außerdem blockiert mich die Anwesenheit der anderen. Ich werfe Lukas nur ein verstohlenes Lächeln zu. Er versteht es und drückt meine Hand.
Alfred Beck räuspert sich. »Alles klar, dann wissen wir jetzt also Bescheid«, sagt er, wobei er seine linke Augenbraue nach oben zieht und unmerklich schmunzelt.
Anne Beck zwinkert uns zu.
»Aber ich hab’s nicht richtig kapiert«, mault Felix. »Wenn Jana einfach nur da ist
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