Wenn auch nur fuer einen Tag
andere Wahl, als mitzumachen. Alberti hatte mich schließlich in der Hand. Da gab es diese Mitschnitte. Mitschnitte von Gesprächen, in denen ich Alberti und den anderen Dinge über meinen Vater anvertraute. Beweise, die meinen Vater und damit unsere Familie und die Firma belasteten. Alberti hielt von jedem von uns Material dieser Art unter Verschluss. Er machte noch nicht einmal einen Hehl daraus; es gehörte zu den Aufnahmebedingungen. Die Mitschnitte dienten dem Schutz der Organisation und dazu, dass niemand einfach so aussteigen oder den anderen reinreiten konnte.«
Beck nickt. »Ja, ich weiß davon. Das Material wurde schon bald nach deiner Aussage in einem seiner Clubs gefunden, Alberti hatte anscheinend keine Zeit, es verschwinden zu lassen, bevor er abgehauen ist. Die Ermittler in Rom haben diese Mitschnitte als Druckmittel eingesetzt, um die Beteiligten zu ihren Aussagen gegen Alberti zu zwingen.«
Ich schweige. Das alles wühlt mich noch immer total auf. Und das Schlimmste ist: Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich mich heute nicht wieder von einem Fernando Alberti und seiner sprühenden Idee von Zusammenhalt und gegenseitigem Vertrauen begeistern lassen würde.
»Warum hast du deinen Vater nicht einfach auffliegen lassen, um auszusteigen?«, fragt Beck forschend. »Ich dachte, du warst damals schrecklich wütend auf ihn und der Ruf der Firma ging dir sonst wo vorbei.«
Ich denke einen Moment lang nach. Klar, was Beck sagt, stimmt. Und trotzdem: Ich hätte meinen Vater niemals einfach ans Messer geliefert. Er ist immerhin … mein Vater.
»Ich konnte es nicht«, sage ich schließlich. »Und außerdem: Ich wollte meine Mutter nicht in die ganze Scheiße mit reinziehen. Wenn die schmutzigen Wahrheiten über meinen Vater an die Öffentlichkeit gelangt wären, hätte sie das umgebracht. Ihr Stolz war ihr Ein und Alles. Ich wollte nicht, dass sie noch mehr leidet.«
Beck nickt. »Genau das muss Alberti gewusst haben. Nicht dumm, der Kerl. Er hat bei seinen Leuten nach wunden Punkten gesucht und exakt dort sein Messer angesetzt.«
Ich schweige. Dass ich nach meinen anfänglichen Skrupeln und leisen Ängsten mit der Zeit auch eine gewisse Freude daran entwickelte, immer wieder neue Lokalitäten aufzutreiben und Pläne für die Anlage zu erstellen, die für die Herstellung von Meth nötig waren, verrate ich Beck nicht. Keine Ahnung, ob er es verstehen würde. Aber ich verspürte damals einen unglaublichen Nervenkitzel, der mir das Gefühl gab, lebendig zu sein. Adrenalin schoss durch meinen Körper, sobald Paolo und ich die Tür aufsperrten und die Anlage blind nach meinen Plänen installierten, um nach etwa vier Tagen und Nächten, in denen wir das Zeug produzierten, das Labor wieder innerhalb weniger Stunden abzumontieren und spurlos zu verschwinden. Ich lief in dieser Zeit wie auf Hochtouren und Alberti war von unserer Arbeit und den Ergebnissen begeistert, genau wie seine Kundschaft. Ich erlangte plötzlich Ansehen, wurde in der Rosa Nera mit immer größerem Respekt behandelt. Das war das Wichtigste. Diese Bestätigung war noch cooler als die fette Kohle, die floss. Sie gab mir ein schwindelerregendes, unerschütterliches Gefühl von Stärke und Selbstbewusstsein, und die Wirkung war krasser als die des Stoffes, den wir herstellten.
»Und an wen wurde das Zeug verkauft?«, unterbricht Beck mich in meinen Gedanken.
Ich zucke mit den Schultern. »Genau weiß ich es nicht, es spielte auch keine Rolle, das war Albertis Part. Ich weiß nur, dass die Geschäfte hervorragend liefen und wir kurz davorstanden, auch ins Ausland zu liefern.«
Beck schnauft hörbar und greift nach seinem Glas, um ein paar Schlucke Wasser zu trinken.
»Alberti hatte dich also im Sack, weil er dir gute Unterhaltung geboten, oder wie du es nennst – den Kick gegeben hat«, stellt er nüchtern fest. »Und das Gefühl, du wärst ein wichtiger Teil des Erfolges.«
Ich zucke mit den Schultern. »War ja schließlich auch so«, sage ich grinsend, obwohl mir eigentlich gar nicht nach Lachen ist. »Aber Alberti hatte es drauf, jedem von uns das Gefühl zu vermitteln, etwas ganz Besonderes zu leisten. Das Herstellen von Meth war nicht sein einziges Geschäft. Er entwickelte mit den anderen ähnlich vielversprechende Strategien, auf allen möglichen Gebieten. Im Kunsthandelgewerbe, in der Müllentsorgung, in der Modebranche, in der Schnapsbrennerei. Er war nicht zu stoppen, aber … Er war nie voreilig oder unvorsichtig. Seine
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