Wenn Brot & Getreide krank machen
Muskelschmerzen und Schwäche in den Beinen dazu. Danach suchte Nicole noch weitere (Alternativ-)Mediziner und Heilpraktiker auf, aber keine der zahlreichen Therapien konnte ihr dauerhaft helfen. Erst seit sie mit Markus zusammenlebt und wie er glutenfrei isst, geht es ihr deutlich besser. Sie fühlt sich nicht mehr so gereizt, die ständigen Bauchschmerzen sind wie weggeblasen, und auch die Müdigkeit nach dem Essen ist nicht mehr so ausgeprägt. Vor allem aber haben die Muskelschmerzen nachgelassen. Markus drängte sie deshalb, noch einmal zum Arzt zu gehen und sich gezielt auf Zöliakie untersuchen zu lassen.
Der Zöliakiespezialist hörte sich Nicoles Geschichte an und bestätigte, dass sie verdächtig nach Zöliakie klingt.
Der Zöliakiespezialist hörte sich Nicoles Geschichte an und bestätigte, dass sie verdächtig nach Zöliakie klingt. Er bat sie, sich in den nächsten vier Wochen wieder glutenhaltig zu ernähren, da die verschiedenen Untersuchungen nur dann aussagefähige Ergebnisse bringen können, wenn der Körper tatsächlich unter Glutenbelastung steht. Als Nicole einen Monat später in die Praxis kommt, hat sie wieder Bauchschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten. Der Arzt führt eine Gastroskopie durch und entnimmt Gewebsproben aus dem Dünndarm und später auch noch Blut für die Bestimmung von zöliakiespezifischen Antikörpern. Nach einer Woche erhält Nicole das Ergebnis, die Befunde seien negativ und eine Zöliakie damit so gut wie ausgeschlossen, sie könne ruhig wieder glutenhaltige Produkte essen.
Nicole ist frustriert, weil sie immer noch keine richtige Diagnose hat und mittlerweile genau weiß, dass ihre Beschwerden wiederkommen, wenn sie sich »normal« ernährt. Über eine befreundete Ernährungsberaterin, die Markus noch aus seinen Zöliakie-Selbsthilfegruppen-Zeiten kennt, werden die beiden schließlich an mich verwiesen.
Andere Unverträglichkeiten abklären
Nachdem ich ihre Geschichte gehört habe, kann ich sagen: Nicoles Beschwerden erfüllen alle Kriterien des Reizdarmsyndroms, diese Diagnose wurde also zu Recht gestellt. Auch die Ausschlussdiagnose – es ist keine Zöliakie – wurde zu Recht gestellt. Was könnte es aber dann sein? Infrage kommen nun verschiedene Nahrungsmittelintoleranzen, zum Beispiel Milchzucker- und Fruchtzuckerunverträglichkeit, oder andere Kohlenhydratresorptionsstörungen, die zu den gleichenBeschwerden führen wie das Reizdarmsyndrom. Deshalb ist es sinnvoll, als Erstes sogenannte H 2 -Atemtests durchzuführen, mit denen man Laktose- oder Fruktoseunverträglichkeit nachweisen kann (siehe → S. 25 ).
Sollte einer der Tests positiv ausfallen, muss Nicole für etwa vier Wochen eine entsprechende Diät einhalten. Wenn ihre Reizdarmbeschwerden dann ganz verschwunden sind, sind keine weiteren diagnostischen Maßnahmen notwendig. Geht es Nicole danach nicht oder nicht wesentlich besser, werden wir sie als Nächstes auf eine Nahrungsmittelallergie (siehe → S. 26 ) und auf Histaminintoleranz untersuchen. Bei positivem Testergebnis muss Nicole wiederum für etwa vier Wochen eine entsprechende Diät einhalten. Kommt es während dieser Zeit nicht zu einer eindeutigen Besserung, wäre ein Glutenentlastungstest die nächste sinnvolle Maßnahme (siehe → S. 30 ).
Glutensensitives Reizdarmsyndrom. Wenn der Glutenentlastungstest Nicoles Alltagserfahrung bestätigt, dass es ihr mit glutenarmer Ernährung besser geht, lautet meine Diagnose »glutensensitives Reizdarmsyndrom«. Sie sollte dann langfristig bei einer glutenarmen Diät bleiben. Anders als Markus braucht sie aber nicht absolut glutenfrei zu leben, es genügt, wenn sie den Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel stark einschränkt (siehe → S. 67 ).
Bitte beachten Sie, dass das »glutensensitive Reizdarmsyndrom« keine offizielle Diagnose ist und deshalb in keinem Diagnoseschlüssel erscheint. Das führt auch unter Ärzten oft zu Verwirrung. Um Missverständnissen vorzubeugen, fügt man sinnvollerweise den Nachsatz »ohne Zöliakie« an. Man kann es auch so formulieren: Beim »glutensensitiven Reizdarmsyndrom ohne Zöliakie« handelt es sich um ein Reizdarmsyndrom, bei dem eine deutliche Besserung der Beschwerden eintritt, wenn weniger Gluten aufgenommen wird.
WISSEN
Worauf Sie bei Atemtests achten müssen
Sogenannte »kinesiologische Tests« sind für die Diagnose von Nahrungsmittelintoleranzen nicht aussagekräftig und sollten nicht gemacht werden. Atemtests, bei denen die Atemgasproben mit der
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