Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)
ihrem Wagen. Lars' Blicke schienen sich durch den Stoff ihrer leichten Sommerjacke hindurch direkt in ihre Haut zu brennen.
Als sie endlich im Auto saß und den Motor anließ, atmete sie erleichtert auf. Nichts wie fort von hier!
Doch um gleich zum Haus ihrer Eltern zu fahren, fühlte Katrina sich zu aufgewühlt. Außerdem musste sie zuvor noch etwas Wichtiges erledigen.
Kurz hinter der schmalen Steinbrücke, die den rasch dahinfließenden Nålskan überspannte, kreuzte der Gamlavägen die Hauptstraße. Das war der “alte Weg”, der Nord und Süd von Kronsfjället miteinander verband.
Wenn sie hier links abbog und dem Flusslauf bis hinunter zum See folgte, würde sie automatisch zum Söderhus gelangen, dem “Südhaus”, wie das Haus ihrer Eltern genannt wurde.
Katrina setzte den Blinker und fuhr nach rechts, Richtung Norden.
Hier, am Ende des Gamlavägen, wohnte Torben Strindberg in einem himmelblau gestrichenen Haus, das inmitten des allgegenwärtigen Gelb und Rot völlig exotisch wirkte. Als einziger Anwalt in der näheren Umgebung hatte er auch ihre Eltern über viele Jahre betreut. Katrina kannte ihn von Kindesbeinen an. Wie alt mochte Strindberg inzwischen sein? Siebzig? Fünfundsiebzig?
Ihm verdankte sie es, dass sie überhaupt so rasch vom Tod ihrer Eltern erfahren hatte. Die Mühlen der Bürokratie drehten sich in Schweden ebenso langsam wie in jedem anderen Land der Welt, doch der Anwalt hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie in den Staaten aufzutreiben. Und mit seiner Unterstützung war es ihr sogar gelungen, die Beerdigung von New York City aus zu organisieren.
Nur den Pilotenstreik, der sie daran gehindert hatte, rechtzeitig zur Trauerfeier nach Nausberga zu gelangen, hatte auch er nicht voraussehen können.
Katrina stellte den Toyota vor dem blauen Haus ab und nahm den zerknitterten Umschlag aus ihrer Handtasche. Sie brauchte den Brief nicht herauszuholen, sie kannte den Text beinahe auswendig. Es handelte sich um die Einladung zur Testamentseröffnung. Der Termin war für den heutigen Tag angesetzt.
Noch einmal atmete sie tief durch, dann stieg sie aus dem Wagen und überquerte den Fußweg. Auf ihr Klopfen hin wurde die Tür des blauen Hauses von einer älteren Dame geöffnet. “
God Dag.”
“
God Dag”
, erwiderte Katrina. “Torben Strindberg erwartet mich.”
Sie wurde in ein behaglich eingerichtetes Büro geführt. Dunkles Leder dominierte den Raum, an dessen Stirnwand ein wuchtiger Schreibtisch aus Ebenholz stand. Direkt dahinter befand sich ein großes Butzenfenster, durch das helles Sonnenlicht hereinfiel.
“Bitte nehmen Sie Platz”, sagte die Frau – vermutlich die Haushälterin des Anwalts. “Ich werde Sie sofort melden.”
Anstatt sich zu setzen, trat Katrina hinter den Schreibtisch und schaute durch das Fenster hinaus in den Garten des Hauses. Wer immer hier auch Hand anlegte, besaß ganz offensichtlich Geschick im Umgang mit Pflanzen.
Fichten, weiß blühender Hartriegel und Trauerweiden bildeten den grünen Hintergrund für farbenprächtige Blumenrabatten. Violetter Phlox, Rittersporn und purpurne Stockmalve wetteiferten in ihrer Pracht mit Gladiolen von zartem Rosa und leuchtend blauem Vergissmeinnicht.
Ein herrlicher Anblick, der Katrina unwillkürlich an ihre Mutter denken ließ. Cynthia Hallström, eine gebürtige Engländerin, hatte ebenfalls viel Zeit darauf verwendet, den Garten vom Söderhus zu hegen und zu pflegen. Leider besaß Katrina ihren grünen Daumen nicht. Selbst die genügsamsten Topfpflanzen, mit denen sie versuchte, den winzigen Balkon ihres New Yorker Apartments zu verschönern, gingen regelmäßig ein. Wahrscheinlich lag es schlicht und einfach daran, dass sie viel zu beschäftigt war. Als aufstrebende Immobilienmaklerin blieb ihr kaum einmal eine Atempause. Aber sie liebte ihren Job über alles. Vollkommen unerheblich, ob sie eine miserable Gärtnerin war.
Katrina hörte, wie die Tür geöffnet wurde und jemand den Raum betrat. Mit einem leisen Seufzen wandte sie sich vom Fenster ab.
“
Hej
, Katrina, wie schön, dich zu sehen”, begrüßte sie der Anwalt. Katrina stellte fest, dass er in den Jahren ihrer Abwesenheit äußerlich stark gealtert war – geistig schien er aber noch immer fit wie eh und je. “Ich war mir nicht sicher, ob du meiner Einladung Folge leisten würdest, nachdem du vor zwei Wochen so eilig wieder nach New York reisen musstest. Dringende Geschäfte?”
“Ein unaufschiebbarer Termin”, erwiderte Katrina
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