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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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bitte.« Und dann erwähnt Frazier seine Judasschweine – eine Methode, deren Heimtücke sie jedesmal aufs neue fasziniert.
    Annabelle, die mit den Einzelheiten der Jagd bis zu diesem Zeitpunkt nicht so befasst war wie sie selbst, lächelt verwirrt und senkt die Stimme. »Judasschweine?« wiederholt sie. Ihr Blick sagt: Erzähl mir was Lustiges.
    Und Frazier hält inne, nimmt diesen Blick auf und lässt den seinen durch das Restaurant, über die sich entfernende Kellnerin und die Aussicht auf Hafen und Meer schweifen, bevor er sich wieder ihr zuwendet. »Ja«, sagt er, »bei einer solchen Operation ist das sehr effektiv. Verstehst du« – er beugt sich vor und sieht sie fest an –, »wir setzen ihren Sextrieb gegen sie ein, und wenn du jetzt denkst, das ist unfair, Schätzchen, dann hast du wahrscheinlich recht. Aber das hier ist kein Spiel. Es ist ein Krieg. Ein totaler Krieg. Winke, winke, kleine Schweinchen.«
    »Okay«, sagt Annabelle und lächelt, »darüber sind wir uns einig. Aber wie funktioniert das?«
    »Wir fangen so viele wie möglich und hoffen, dass ein paar rauschige Bachen dabei sind – in diesem Klima vermehren die sich das ganze Jahr über, also ist das nicht so schwierig, wie es sich anhört, besonders wenn man sie ein paar Tage lang mit einem Keiler zusammensperrt. Dann hängen wir ihnen Halsbandsender um und lassen sie laufen.« Er beugt sich so weit über den Tisch, dass er praktisch auf ihrem Schoß sitzt, und Alma, die sich steif aufgerichtet hat und gegen das Sodbrennen ankämpft, muss sich in Erinnerung rufen, dass es ihr eigentlich egal sein kann, wenn er ein bisschen weibliche Nähe sucht, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. »Und du wärst überrascht«, sagt er, »oder vielleicht auch nicht, vielleicht kannst du dir ja denken, was dann passiert. Jedenfalls marschiert um jede dieser Bachen eine ganze Parade von Keilern auf, die an ihr herumschnüffeln und miteinander kämpfen – selbst der schlaueste alte narbenbedeckte paranoide Keiler kommt aus seinem Versteck, um mitzumachen –, und meistens ist der ganze Rest, die Jungschweine und die anderen Bachen, ob rauschig oder nicht, ebenfalls dabei, einfach nur um zuzusehen. Wie in einer Schweine-Disco.«
    »Und dann?«
    »Dann folgen wir dem Funksignal und kreisen sie ein.«
    Er trinkt einen Schluck Kaffee, während die anderen sich das Szenario ausmalen: borstige Haut, bewegliche Rüssel, animalischer Sex. »Und glaub mir«, sagt er, »da kommt kein Schwein lebend raus.«
    Danach, als sie die Rechnung mit ihrer Kreditkarte bezahlt und sich von allen verabschiedet hat, steht sie in der leeren Damentoilette, durch deren hohes Fenster aus Glasbausteinen das Zehn-Uhr-morgens-Licht fällt. Sie sollte arbeiten. Und das wird sie auch gleich, das verspricht sie sich: Sie wird den Wagen stehenlassen und zu Fuß gehen, damit sie ein bisschen von der Sonne abbekommt und sich an den Demonstranten vorbeistehlen kann, indem sie sich unter die Touristen mischt und durch den Seiteneingang ins Haus geht, bevor die sie bemerken. Aber im Augenblick muss sie ihren Kopf klar kriegen. Und atmen, so tief wie möglich. Der Schmerz in ihrem Bauch ist nicht verschwunden – er ist sogar schlimmer geworden, als hätte sie irgendeine Säure verschluckt, einen Abflussreiniger, Emma Bovarys Strychnin, Brodifacoum. Das Bild einer Ratte schießt ihr durch den Kopf, kratzende Pfoten, starre Augen. Es muss der Kaffee gewesen sein. Und die Haferflocken. Wie ist sie nur auf den Gedanken gekommen, sich Haferflocken zu bestellen? Sie hätte Toast nehmen sollen, trockenen Toast, doch bei dem bloßen Gedanken daran – rauh, spröde, zerkaut, mit Speichel getränkt, im Schlund klebend – stürzt sie in eine der Kabinen, und plötzlich kommt alles hoch: der Kaffee, die Haferflocken, ein paar der Nudeln, die ihre Mutter gekocht hat, und sogar die letzten Reste des Onikoroshi-Sake, zuviel Sake und ursprünglich on the rocks.
    Sogleich fühlt sie sich besser. Sie spült zweimal und sieht zu, wie das Wasser in der Schüssel wirbelnd abfließt, doch der Geruch hängt weiterhin in der Luft. Quietschend öffnet sich die äußere Tür, Schritte nähern sich mit scharfem, hochhackigem Klappern. Ihr erster Gedanke ist: Annabelle, doch das kann nicht sein, denn sie hat sie vor zehn Minuten angeregt mit Frazier plaudernd die Treppe hinuntergehen sehen. Vor mindestens zehn Minuten. Das Klappern kommt näher, und sie erstarrt, als der Türgriff gedrückt und dann losgelassen wird

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