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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sie von oben Musik, eine Coverband, die lieblos einen Song aus den Zeiten ihrer Mutter herunterschrammelt – und in diesem Augenblick bleibt sie so abrupt stehen, dass der Jogger hinter ihr ausweichen muss und dabei um ein Haar mit zwei Frauen zusammenstößt, die ihm entgegenkommen. Sie sieht das Erschrecken und die Verärgerung in den Gesichtern der Frauen unter den schlaffen Krempen ihrer Whalewatcherhüte, der Mann murmelt eine Entschuldigung, umtänzelt die beiden – seine Beine leuchten wie Neonröhren –, und dann läuft er weiter. Eine der Frauen ruft etwas, doch sie hört nicht hin. Sie steht wie angenagelt da.
    Ihre Mutter . In dem Durcheinander dieses Tages hat sie ihre Mutter ganz vergessen. Ihre Mutter backt ihr einen Geburtstagskuchen. Sie erwartet, wie versprochen zum Essen ausgeführt zu werden. In diesem Augenblick sitzt sie zweifellos im Schaukelstuhl im Wohnzimmer, zusammen mit Ed, und trinkt Wodka, während die Bilder von Chaos und Zerstörung auf CNN vorbeiziehen wie Wolken an einem zweidimensionalen Himmel. Schuldbewusst holt Alma ihr Handy hervor und wählt ihre eigene Festnetznummer.
    Ihre Mutter nimmt nach dem ersten Läuten ab.
    »Ich bin’s, Mom. Ich wollte nur sagen, ich musste ein paar Überstunden machen und –«
    »An deinem Geburtstag ?«
    »Na ja, es hat ein paar neue Entwicklungen gegeben.« Sie hört die Unaufrichtigkeit in ihrer Stimme, die amateurhafte Theatralik. Warum kommt es ihr immer so vor, als würde sie etwas verbergen, wenn sie mit ihrer Mutter spricht? Wo sie doch in Wirklichkeit gar nichts verbirgt? Denn es hat ja tatsächlich neue Entwicklungen gegeben, und eine davon – Alicias Verrat – ist das Verwirrendste und Verstörendste, was sie seit langem erlebt hat. Abgesehen von den Demonstranten natürlich. Doch die geben normalerweise Ruhe, wenn die Sonne untergegangen ist. »Aber ich komme jetzt – in spätestens einer halben Stunde bin ich da.«
    »Ich koche.«
    »Aber ich wollte euch doch einladen –«
    »Ich hab zu Ed gesagt: ›Sie ist überarbeitet, Ed, und ich möchte es ihr schön machen, vor allem heute, also keinen Stress, du weißt schon, was ich meine‹ – genau wie damals, als du noch ein kleines Mädchen warst, und Ed hat mir recht gegeben.« Eine Pause. »Wenn du unbedingt willst, können wir ja morgen in ein Restaurant gehen, aber dann laden wir dich ein.« Sie legt die Hand auf die Sprechmuschel und lässt sich das von Ed bestätigen. »Stimmt’s, Ed?«
    »Aber morgen ist doch das Konzert. Weißt du nicht mehr? Tim hat mir die Tickets geschenkt.«
    Keine Antwort.
    »Du hast gesagt, du würdest mit mir hingehen, weil Tim auf der Insel bleiben muss.«
    »Wer war das noch mal?«
    »Micah Stroud. Ich hab dir von ihm erzählt, er wird dir gefallen. Er ist« – sie will sagen: Er ist genau das, was du dir heute morgen angehört hast, nur nicht so weichgespült und poppig, denn er singt mit Feuer, mit echtem Feuer und Überzeugung , doch sie beherrscht sich – »ich weiß nicht. Aber glaub mir, er wird dir gefallen.«
    »Na gut. Aber vergiss das mit dem Restaurant. Die Lasagne sind schon im Ofen – ohne Fleisch. Selbstgemacht. Und Ed und mir ist ein ruhiger Abend zu Hause ganz recht. Okay?«
    Sie will gerade »Okay« seufzen, denn es war ein langer Tag, und die Vorstellung, sich etwas verwöhnen zu lassen, gewinnt an Attraktivität, denn wozu hat man seine Mutter im Gästezimmer, wenn man sich nicht mal ein bisschen entspannen kann? Doch dann steht sie vor ihrem Wagen und bringt plötzlich keinen zusammenhängenden Satz, ja kein Wort mehr heraus. Denn ihr Wagen, der im Schatten an der künstlichen Lagune mit ihren vertäuten Booten und schlendernden Touristen parkt, ist wieder einmal beschmiert worden. Diese Tatsache, die Entdeckung dieser Tatsache, nach Alicia und Wilson Gutierrez und den gedämpften Sprechchören der Demonstranten, die durch die Pianissimo-Passagen der Streichquartette auf dem Klassik-Kanal gedrungen und zu einer Art statischem Rauschen geworden sind, ist ebenso erschreckend wie eine Beule, die vorher nicht da war, oder das wilde, wütende Gebell des Hundes in dem Wagen neben ihrem. Sie hat die Hand sinken lassen, und aus dem Telefon dringt dünn und unbeachtet die quengelnde Stimme ihrer Mutter: »Alma? Bist du noch da?«
    Diesmal ist die Farbe rot, jedenfalls sieht sie im gelblichen Licht der Bogenlampen entlang der Promenade rot aus, und die Message, wenn auch mehr oder weniger dieselbe wie zuvor, zielt jetzt in eine

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