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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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der Vögel bewusst, als hätte eine unsichtbare Hand soeben den Soundtrack des Morgens eingeschaltet. Er riecht den kühlen, reinen Geruch des Meers. Nichts regt sich. Als er direkt hinter der Falle ist, beugt er sich nach rechts, so dass er in den Kasten sehen kann. Die Schatten – ja, es sind zwei – trennen und vereinigen sich. Es sind die beiden Waschbären, ihre Augen starren ihn an, ihre Pfoten umklammern das Gitter, als wären sie Sträflinge in einem Gefängnis. Bald erkennt er, dass das größere Tier, das sich jetzt aufsetzt, so dass er den fast unbehaarten Unterbauch sehen kann, die Mutter und das kleinere ihr Junges ist, ihr Welpe oder wie immer die heißen. Er geht in die Knie, um sie besser sehen zu können. Die Tiere drängen sich noch enger aneinander, und das größere, die Mutter, fletscht die Zähne.
    Was empfindet er? Er staunt, ja – hier sind die mysteriösen Kreaturen der Nacht, sie haben Form und Gestalt, sie sind gefangen, in seine Hand gegeben, ihre Existenz ist so greifbar wie seine eigene. Er ist befriedigt. Er hat recht gehabt. Aber er empfindet auch eine seltsame Macht, die Überlegenheit seiner Spezies: Diese beiden haben ihn angegriffen, wenn auch unwissentlich und ihren natürlichen Instinkten gehorchend, und nun hat er sie und kann mit ihnen machen, was er will. Er kniet neben dem Kasten und sieht sie lange an – und sie sehen ihn an und wissen so gut wie er, dass sie jetzt ihm gehören, dass sie von einem größeren, fähigeren Raubtier gefangen worden sind und dass ihre Aussichten, zu fliehen oder auch nur zu überleben, gleich Null sind. Nach einer Weile beginnen seine Knie zu schmerzen, und er setzt sich auf den Rand des Rasens, nimmt die Lotosposition ein, wie er es stets tut, wo er auch sein mag – in einem seiner Geschäfte, auf dem Teppich vor dem großen Fernseher, auf der Terrasse, im Garten –, wenn er sich für einen Augenblick in sich versenken muss, tief in sich hinein, um sich zu konzentrieren und zu sehen, wirklich zu sehen.
    Was er sieht, ist Blut: Es klebt an den graubehandschuhten Pfoten der Tiere, es schimmert feucht, wo die Haut abgeschürft ist, und in den Winkeln des Mauls der Mutter sind tiefe Risse. Die Tragweite dieser Feststellung trifft ihn wie ein Keulenschlag: Die beiden haben an den Gittern gekratzt, seit die Tür zugeklappt ist, die ganze Nacht bis in den Morgen, ohne Rücksicht auf ihren Körper, sie leiden Schmerzen, sie bluten.
    Mit einemmal ist er auf den Beinen, bebend vor Dringlichkeit. Er muss sie unbedingt freilassen, aber wo? Wieder blickt er auf die Berge, die aus dem Nebel aufragen. Er stellt sich vor, wie er den Kasten an dem oben befestigten Griff packt, zur Garage trägt – oder wohl eher schleift, denn er ist vermutlich schwer –, ihn unter dem verängstigten Zischen und Scharren der Tiere in den Kofferraum des Yukon stellt und dann die Straße nimmt, die in die Berge führt, so hoch es nur geht, um sie am Ende eines Waldwegs freizulassen. Anfangs wird es sein wie in den Naturfilmen: Sie werden zögern, aber schließlich werden sie zum Vorschein kommen, zunächst noch verwirrt von dieser radikalen Wendung des Schicksals, und dann, mit gesenktem Kopf und beinahe komisch anzusehen, im Unterholz verschwinden. Ja. Nur um zu verhungern oder bei Kämpfen mit der angestammten Waschbärpopulation umzukommen, bei Begegnungen mit Coyoten, Pumas und dem, was sonst noch dort unterwegs ist: Mountainbiker, Brandstifter, Jäger. Oder um sofort zurückzukehren und abermals seinen Rasen umzugraben.
    Es ist wie eine Rätselaufgabe. Er hat das Gefühl, als würde er noch schlafen, noch träumen – die Tiere schlüpfen nach Belieben aus dem Käfig heraus und wieder hinein, an ihren Schnauzen schimmert das Sardinenöl, der Rasen ist wiederhergestellt, und die Würmer sind tief im Boden verborgen. Wie lange er dort steht, kann er nicht sagen, aber das Handy in seiner Tasche vibriert schon seit einiger Zeit immer wieder, und er muss sich in Bewegung setzen, wenn er noch nach Ventura fahren und den anderen helfen will, immerhin hat er sie ja gestern schon im Stich gelassen. Weinprobe – wie frivol ihm das jetzt erscheint. Wie idiotisch. Unverantwortlich. Und dann spürt er, dass die Sonne durchbricht und den Nebel auflöst, er spürt ihre Wärme auf Schultern und Nacken, und irgend etwas bringt ihn dazu, den Blick von dem Käfig zu heben und über die Mauer, das Tor und das rotgedeckte Dach des Nachbarhauses zum Meer zu sehen, wo die langgestreckte,

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