Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
Vom Netzwerk:
sich nicht den Bauch mit dem vollgeschlagen, was in der Gemeinschaftsküche gekocht worden war. »Ich kann dir sagen«, fährt er fort und schwenkt die Gabel, auf die er ein Stück Kalamari mit Tentakeln gespießt hat, »es ist ganz schön anstrengend da draußen. Die Adler sind jetzt ziemlich auf der Hut. Aber es gibt noch mehr gute Nachrichten: In diesem Augenblick sind drei gesunde, glückliche Steinadler unterwegs in die Sierras, wo sie freigelassen werden, und ein Jungtier, das sich im Netz leider den Flügel verletzt hat, wird eine neue Heimat im Zoo von Santa Barbara finden.«
    Und was sagt sie dazu? »Toll.«
    »Und was ist mit dir? Ist deine Mutter noch da?«
    »Sie ist gestern gefahren – Ed hat ein Golfturnier oder so und musste wieder zurück.«
    »War alles gut? Ich meine, dass sie hier waren? Und das Konzert? Wie war das?«
    »Toll.«
    Er hält inne, hält nach der Bedienung Ausschau, um noch ein Bier zu bestellen, während zwei Möwen auf dem Geländer jenseits der raumhohen Fenster ihn hoffnungsvoll mustern, und wendet sich dann wieder zu ihr, als hätte er jetzt erst entdeckt, dass sie da ist. »Aber was ist los? Du trinkst ja gar nichts. Ich dachte« – und hier senkt er die Stimme, um den sexuellen Subtext zu betonen: zehn Tage getrennt, und zu Hause erwartet sie ein großes, weiches Bett –, »du würdest zur Begrüßung wenigstens ein Glas Wein mit mir trinken. Freust du dich nicht, mich zu sehen?«
    Bevor sie sich bremsen kann, ist es heraus: »Ich kann nichts trinken.«
    Er hat das noch überhaupt nicht verarbeitet – sie sieht sein verwundertes Stirnrunzeln –, als die Kellnerin am Tisch steht und sie fragt, ob sie noch etwas bestellen möchten. »Für Sie ein Firestone?« fragt sie Tim. Er nickt. Und dann zu Alma: »Und für Sie wieder eine Diät-Cola?«
    »Nein«, haucht sie, »für mich nichts.«
    »Wollen Sie noch etwas zu essen bestellen oder –?«
    »Klar«, sagt Tim und grinst sie an, »solange Sie noch was haben. Sie haben doch noch was?«
    Die Kellnerin grinst zurück. Er gibt seine Bestellung auf, und dann kommen die üblichen Nachfragen: »Den Muscheltopf mit Pommes frites oder Coleslaw? Der gemischte Salat ist übrigens mit Ranch-Dressing, die Suppe ist Clamchowder.« Als das geklärt ist und die Kellnerin sich entfernt hat, sieht Tim Alma tief in die Augen und sagt: »Im Ernst? Du hast dem Alkohol abgeschworen?«
    »Ich bin schwanger.«
    Sein Grinsen erstirbt, ersteht wieder auf und wird so breit, als hätte er seine Gesichtsmuskeln nicht ganz unter Kontrolle. »Was? Was sagst du da?«
    »Ich bin schwanger.«
    »Das ist ein Witz, oder?«
    »Ich hab’s erst vor vier Tagen gemerkt. Als meine Mutter da war. Ich habe meine Periode nicht bekommen, aber ich habe … ich meine, ich habe mir nichts dabei gedacht, bis ich mich dann morgens immer übergeben musste und –«
    »Übergeben? Wieso übergeben?«
    Sein Gesicht hat sich verändert, es ist so hart geworden, dass die Poren akzentuiert sind, und die sonnenverbrannte Haut wirkt stumpf und müde. Der Ausdruck in seinen Augen gefällt ihr nicht, ebensowenig wie die verkniffenen Lippen und die heruntergezogenen Mundwinkel. Als sie sich kennengelernt haben, bekam er in den ersten Wochen, bevor er anfing, sich zu entspannen, auch immer diesen Ausdruck, denn ganz gleich, wie witzig oder liebenswürdig oder fürsorglich oder authentisch er war – er hielt immer etwas zurück. Das war wegen seiner Exfrau. Crystal. Crystal hatte eine eigene Karriere – sie war Geschäftsführerin in einem Bekleidungsgeschäft, das ihr zur Hälfte gehörte – und kapierte nicht im geringsten, was für Opfer er bringen musste, um Feldforschung betreiben zu können, und das war das einzige, was für ihn in Frage kam, denn immer nur an einem Schreibtisch zu sitzen würde ihn umbringen, das war jedenfalls sein Gefühl. Ich bin kein Sesselfurzer , sagte er, als sie bei ihrer dritten oder vierten Verabredung auf dieses Thema zu sprechen kamen. Und dann errötete er und ruderte verlegen zurück, denn ihm war gerade aufgegangen, was er da gesagt hatte. Er stammelte eine Entschuldigung und hoffte, dass sie keinen Anstoß genommen hatte. Ich weiß, dass irgend jemand es machen muss, und dagegen ist ja auch gar nichts einzuwenden, aber – und das hab ich auch zu Crystal gesagt – es tut mir leid: Dieser Jemand bin ich nicht. Noch nicht jedenfalls. Vielleicht, wenn ich alt und klapprig bin.
    »Es heißt morgendliche Übelkeit.«
    »Bist du sicher? Ich meine,

Weitere Kostenlose Bücher