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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sich in die nasse Erde gruben und sie in dunklen Schlammschnüren nach hinten schleuderten, und sie hatten offenbar nicht vor, für irgend etwas anzuhalten. Das Wildschwein war bereits im Unterholz am Bach verschwunden. Und bevor sie etwas tun konnte, bevor sie sie zur Rede stellen, eine Erklärung verlangen, sie ein für allemal verjagen konnte, waren die Männer ebenfalls verschwunden, und das Knattern und Röhren ihrer Maschinen verklang in der Ferne. Sie sah Anise mit einem allen Ausdrucks beraubten Gesicht auf sich zurennen, sie sah Francisco erregt den Stock schwenken, sie sah Bumper, der einem erschreckten Schaf nachjagte. Und dann sah sie die Raben.
    Rechts von ihr, in etwa hundert Meter Entfernung – und sie rannte, sie schrie und ruderte mit den Armen –, stieß der erste auf ein Lamm herab und hackte mit dem Schnabel nach dem Kopf, immer nach dem Kopf. Verwirrt, verlassen stand es auf unsicheren, wackligen Beinen und fiel wie von einem Keulenschlag getroffen. Der Vogel landete, das breite Kreuz der Schwingen weit ausgestreckt, und pickte dem Lamm die Augen aus, während ein zweiter ihm bereits die Brust aufriss, wo die dünne Haut so weich und nachgiebig war wie Schlagrahm. Sie bückte sich und hob Steine auf, sie rannte, außer Atem und brennend vor Wut, Hass und Panik. Ein zweites Lamm ging zu Boden und dann ein weiteres, die Raben stürzten sich auf sie und hüpften vom einen zum anderen wie Damesteine, die über sämtliche Felder der Wiese sprangen. Sie schleuderte die Steine nach ihnen. Sie hob noch mehr Steine auf. Sie rannte wie eine Verrückte, wie eine Geistesgestörte, sie rannte, weil sie nichts anderes tun konnte als rennen.
    Jedesmal wenn sie ein paar der Vögel verscheuchte, flogen sie weiter zum nächsten toten Lamm, und ihr blieben nur die toten und sterbenden Tiere, die wie Fleischabfälle zu ihren Füßen lagen: Die dünnen Beinchen zuckten noch, die Augenhöhlen waren blutig und leer, aus den Bäuchen hingen die bläulichen Eingeweide. Die Raben hatten es eilig. Sie wollten das Herz, das warme, noch schlagende Herz, sie wollten die Leber und die Nieren – den Rest konnten sie sich später noch holen. Sekunden später war sie beim nächsten Lamm – es lag keine fünfzehn Meter entfernt – und trat nach den schwarz schimmernden Flügeln und den blutig glänzenden, reptilienartig hackenden Schnäbeln, doch es war zu spät: Die Vögel wichen ihr mit kurzen, geringschätzigen Sprüngen aus, breiteten die Flügel aus und glitten davon, und das Lamm blieb liegen und starb. Sie sah, wie ein Schauer es überlief, wie es versuchte, den Kopf zu heben, wie es strampelte und sich hochrappeln wollte, aber es hatte keine Augen mehr, und die weiße, wie ein Trommelfell gespannte Haut des Bauches war voller Blut. Das Geräusch, das es machte – kein Blöken, sondern ein Flüstern, ein ersticktes Gurgeln tief in der Kehle –, ließ sie für einen Augenblick erstarren. Dann rannte sie weiter zum nächsten, während ringsum die Raben schreiend niederstießen.
    Da war eins, links vor ihr, das unverletzt war. Es stand schwankend da, als würde es von einem heftigen Wind geschüttelt, und blökte schwach und verwirrt. Sie hob es auf und klemmte es sich unter den Arm, und dann hatte sie noch eins, an dem die Nabelschnur baumelte und dessen Kopf und Ohren vom Fruchtwasser nass waren – und wo war Anise? Wo war Francisco? Und Bumper? Sie drehte sich zweimal um sich selbst und rief den Namen ihrer Tochter. Wenn sie hier, bei ihr, wäre, könnten sie so viele wie möglich retten und beschützen … Sie hörte das Gebell des Hundes, doch er war so gut wie nutzlos und trieb die Mutterschafe, in dem vergeblichen Bemühen, die Herde zu wenden, immer weiter in die Hügel. »Anise!« brüllte sie, dass die Sehnen an ihrem Hals hervortraten. »Anise, verdammt, wo bist du?«
    Nichts, nur die Kakophonie der Raben, bis mit einemmal die Stimme ihrer Tochter an ihr Ohr drang – »Hier, Mom! Schnell!« – und sie, als sie herumfuhr, Anise durch das regennasse Gras auf sich zustolpern sah, in den Armen ein Lamm. Sie weinte, die Lippen waren angespannt, der Mund war ein gähnendes Loch in ihrem Gesicht, das nasse Haar hing ihr ins Gesicht, und Tränen strömten über die Wangen. »Ich kann nicht mehr«, schluchzte sie mit brechender Stimme, »ich kann nicht mehr«, und Rita sah, dass das Lamm in ihren Armen voller Blut war.
    Sie hätte sie trösten können, sie hätte sie trösten müssen, doch sie war zu sehr gefangen

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