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Wenn das Schlachten vorbei ist

Wenn das Schlachten vorbei ist

Titel: Wenn das Schlachten vorbei ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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in der Wut des Augenblicks. »Leg das Scheißvieh hin, verdammt! Siehst du denn nicht, dass es tot ist?«
    »Ist es nicht, Mom. Ist es nicht. Es atmet noch.« Anise kam auf sie zu, auf wackligen, dünnen Beinen, ein Kind noch, und das Haus und Bax und das Leuchten seines Fensters waren so weit entfernt, dass sie ebensogut in einem anderen Land hätten sein können.
    Genau vor ihr war das Gras blutverschmiert, und dieser Anblick, diese Tatsache, war wie ein Peitschenhieb. Eigentlich wollte sie die beiden Lämmer behutsam auf den Boden setzen, doch die Wut packte sie, und so ließ sie sie einfach auf die nasse Erde und das zertrampelte Gras fallen und stürzte sich auf ihre Tochter. »Was ist denn los mit dir?« fuhr sie sie an, riss ihr das Ding aus den Armen und warf es weg wie Abfall, denn nichts anderes war es ja. Sie hätte sie ohrfeigen können. Sie anschreien können. Sah sie denn nicht, was hier los war? Verstand sie denn nicht?
    »Du bleibst hier stehen und rührst dich nicht vom Fleck. Ich bringe so viele wie möglich her, genau hierhin.« Ihre Stimme hob sich, ein heißer Adrenalinblitz durchfuhr sie.
    Anise starrte sie nur an.
    »Halt ihnen die verdammten Vögel vom Hals. Hast du verstanden? Mehr will ich nicht.«
    Das Gesicht ihrer Tochter war bleich und klein, so fern, als stünde sie noch immer am anderen Ende der Wiese. Sie war fünfzehn. Sie liebte Tiere, sie liebte ihren Hund, sie liebte die Lämmer, aber das hier hatte nichts mit Liebe zu tun.
    »Wach auf!« schrie Rita. Sie spuckte die Worte aus, das Blut rauschte in ihren Ohren, und sie wandte sich bereits ab und blickte sich nach anderen Lämmern um, die bisher verschont geblieben waren, nach dünnen Beinchen und flauschigen, regennassen, blutnassen Fellen, doch sie sah nur Raben, Dutzende von Raben, die sich flatternd über die Kadaver breiteten wie schwarze Decken.

OVIS ARIES
    Niemand weiß genau, wann Schafe nach Santa Cruz eingeführt wurden, aber die ersten Herden, die diesen Namen verdienten, erschienen in den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts auf Veranlassung von Andrés Castillero, dem ersten Privatbesitzer der Insel, oder vielmehr seinem Agenten James Brown Shaw, einem Mann aus Santa Barbara, den er als Verwalter angestellt hatte. 1836 hatte sich Alta California für kurze Zeit von Mexiko abgespalten, und bei den anschließenden Verhandlungen über die Wiedereingliederung hatte Castillero eine bedeutsame Rolle gespielt. Zum Dank hatte ihn der mexikanische Innenminister auf Anordnung des Präsidenten zum alleinigen Besitzer der ganzen Insel Santa Cruz gemacht. Aus Sicht der mexikanischen Regierung war dies zweifellos ein Geschenk von minderem Wert, denn man fand, die Inseln seien wegen ihrer Trockenheit, Unzugänglichkeit und Entfernung vom Festland nicht von Interesse. Shaw errichtete im Haupttal, etwa fünf Kilometer von Prisoners’ Harbor an der Nordküste entfernt, ein Haus und mehrere Nebengebäude und brachte Rinder, Pferde und Schafe auf die Insel. Wenige Jahre später fielen ganz Kalifornien sowie Texas, New Mexico, Nevada, Utah und Arizona im Vertrag von Guadelupe Hidalgo an die USA, und Castillero, der sich seiner Besitzrechte begreiflicherweise nicht mehr sicher war, gab am 25. Mai 1858 folgende Anzeige im Daily Alta California auf:
    ZU VERKAUFEN: Eine Insel mit etwa 60 000 Morgen Land, gut bewässert, mit zahlreichen kleinen Tälern, die ausgezeichnete Schafweiden aufweisen. Es gibt keine wilden Tiere, welche die Herden gefährden könnten. Ein guter Hafen sowie geschützte Ankerplätze sind vorhanden.
    Ein Jahr darauf erwarb ein von Eustace Barron, dem englischen Konsul in Tepíc, Mexiko, angeführtes Konsortium die Insel. Shaw blieb Verwalter. Die neuen Besitzer wollten Schafzucht in großem Stil betreiben und erwarben jenseits des Atlantiks erstklassige Zuchttiere – Merinoschafe aus Spanien und langhaarige Leicesterschafe aus England, Rassen, die nicht nur für ihre hervorragende Wollqualität, sondern auch für ihre Robustheit und Anpassungsfähigkeit bekannt waren. Unberührtes Weideland und das Fehlen jeglicher Raubtiere (damals brüteten auf den Santa-Barbara-Inseln noch keine Steinadler) ließen die Herden gedeihen. Zehn Jahre später gab es fünfzigtausend Schafe auf der Insel. Das ehemals schaflose Santa Cruz wimmelte plötzlich von Schafen. So konnte Barron seine Anteile mit Gewinn an eine Handelsgesellschaft in San Francisco verkaufen. Die neuen Besitzer gründeten die Santa Cruz Island Company und

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