Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause
allerdings noch mehr Steine in den Weg, als wütende Castorgegner jemals unter einem Gleisbett wegschottern könnten: die Abiklausuren.
Ich verlange ja nicht, dass Abiturklausuren einfach sind, aber fair sollten sie – und die Rahmenbedingungen, in denen sie geschrieben werden – schon sein.
Bei uns begann alles damit, dass unsere Lehrer sich wieder in der Raumplanung verkalkuliert hatten und viel zu viele Schüler in viel zu kleine Räume pressen wollten. Es endete damit, dass wir erneut mehrfach den Raum wechseln mussten, bevor alle Schüler einen Platz gefunden hatten. Hätte man nicht zumindest dieses Problem nach den Vorkommnissen bei den Vorabiklausuren vermeiden können? Aus Fehlern soll man doch schließlich lernen. Aber das gilt anscheinend nicht für Lehrer.
Selbstverständlich mussten während der Schreibphase direkt vor der Schule die Bäume unter Einsatz von schwerstem Gerät und nervtötenden Motorsägen gestutzt werden. Gleichzeitig hatten einige Siebtklässler beschlossen, dass es eine gute Idee wäre, einen ihrer Mitschüler immer wieder mit dem Kopf gegen die Klassenraumtür zu bollern. Unsere Nachfrage an die aufsichtführende Lehrerin, ob sie dem nicht mal Einhalt gebieten könnte, wurde mit einem Kopfschütteln beantwortet: «So wart ihr auch mal.»
Damit war Schluss mit allen verbalen Äußerungen. Es herrschte Redeverbot und jede noch so kleine Bewegung, jeder leise Seufzer wurden als möglicher Täuschungsversuch, der eine 6 zur Folge gehabt hätte, gemaßregelt. Wollte sich Orhan von mir einen Tintenkiller leihen, weil seiner den Geist aufgegeben hatte, musste er erst zur Aufsicht gehen, und diese durfte dann meinen Tintenkiller holen und ihn Orhan geben. Als Orhan den Stift nicht mehr brauchte, lief das Ganze dann umgekehrt.
Unsere Aufsicht wurde zur Botin, und ich glaube, manche haben sie extra hin und her geschickt, damit andere in ihrem Rücken dann die Gunst des Augenblicks nutzen konnten, um Informationen auszutauschen.
Das Ruhegebot ging sogar so weit, dass Thomas in der Klausur nach vorne zur Lehrerin ging und fragte, ob er mal kurz auf den Flur gehen dürfe, weil er husten müsse. Erlaubt wurde es ihm. Allerdings musste dieser Vorgang penibelst in einem Protokoll festgehalten werden: 10 : 36 Uhr, Thomas verlässt Klassenraum zwecks Ausübung von Erkältungssymptomen.
Auch der Gang zur Toilette wurde auf diese Art festgehalten, und am Eingang zum WC saß ein Lehrer und passte auf, dass sich niemals zwei Leute im Bereich der sanitären Anlagen befanden. Es hätte eigentlich nur noch eine in der Kloschüssel installierte Kamera gefehlt. Wobei mir gerade auffällt – überprüft habe ich das damals gar nicht. Wer weiß …
So viel zu den äußeren Umständen. Nun zu den Klausuren selbst. Ich hatte die Ehre, mein Abitur in den Fächern Geschichte, Englisch und Mathematik zu schreiben. Zusätzlich hatte ich dann noch eine mündliche Prüfung in Italienisch. (In anderen Bundesländern als NRW hat man mal mehr, mal weniger Abiturfächer. Das ist in Deutschland wie beim Pizzabestellen: Mal ist die Pizza kalt, mal warm, mal fehlt die Salami, und manchmal gibt’s ein Gratisgetränk. Überall unterschiedlich.)
In Geschichte legte man uns eine Karikatur vor, deren schlechte Druckqualität in erster Linie schwarze Flecken erkennen ließ. Unsere Lehrer versicherten uns, dass das nicht am Schulkopierer lag, sondern auch die höchstamtliche Vorlage nicht von besserer Qualität gewesen sei. Was wohl der dicke Fleck auf der rechten Seite mit dem verwischten Streifen auf der linken Seite machte? Und welch ohne Zweifel interessante Aussage wohl auf der Fahne stand, den die einzige auf dem Bild erkennbare Figur in der Hand trug?
Interpretation schön und gut, aber da ist wohl jemand übers Ziel hinausgeschossen.
In Englisch war zwar der Text lesbar, allerdings war man auf die glorreiche Idee gekommen, die indische Hauptfigur mit dem Namen Rashnisharamsali zu versehen. In der Zeit, die man mit dem ständigen Ausschreiben dieses verdammt komplizierten Namens verbrachte, hätte man noch eine zweite Aufgabenstellung zusätzlich bearbeiten können.
In Mathe stand uns allerdings dann die Krönung ins Haus. In einer Aufgabenstellung war eine Zahl falsch angegeben, und in einer anderen Aufgabe wurde Wissen abgefragt, das im Lehrplan nicht vorkam. Ganz großes Kino!
Wie kann es sein, dass in Abiturklausuren Fehler sind? Jedes Jahr tauchen in den Abiturprüfungen irgendwelche Irrtümer auf.
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