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Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

Titel: Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Pieper
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unwahrscheinlich halte, eines Tages bei mir zu Hause im Wohnzimmer zu sitzen und zu denken: «Mensch, eigentlich bräuchte ich mal einen Stahlträger. Ich war da doch mal in so ’nem Stahlwerk …» Geschweige denn, dass mir einfallen würde, für dieses Stahlwerk zu arbeiten.
    Ich finde es merkwürdig, wenn ich im Geschichtsunterricht zwecks Bewusstmachen von Propagandamechanismen und Beeinflussung der Jugend einen Heimatfilm aus der DDR sehe, in dem ein Sprecher kommentiert: «Diese Gruppe Jungpioniere erfreut sich an der spektakulären Technik und den beeindruckenden Maschinen der volkseigenen Stahlgesellschaft.» Und am Tag darauf stehe ich selbst mit Schutzbrille und Helm mit meinen Mitschülern vor einer Stahlwalzmaschine und höre mir an, wie toll und heldenhaft an dieser Produktionsstätte gearbeitet wird.
    Damals war es der Staat, der solche Führungen veranlasste, heute zahlen Firmen den Schulen offensichtlich ausreichend «Unterstützungsgelder», um sie von der Wichtigkeit des Bildungserlebnisses im Stahlwerk zu überzeugen.
    In Zukunft werden sich Unternehmen wahrscheinlich noch viel intensiver in Schulen engagieren. Ich warte nur darauf, dass der Unterricht nicht mehr von Pausen, sondern von Werbeblöcken unterbrochen wird. Der langweilige Schulgong wird ersetzt durch einen fröhlichen Haribo-Jingle, auf den Tafeln prangt in jeder Ecke ein McDonald’s-Logo und der Charmin-Bär steht vor den Toiletten und verschenkt Klopapierrollen.
    Es wird nicht mehr lange dauern, und eine ganz normale Unterrichtsstunde in der Schule läuft wie folgt ab:
    Montagmorgen, kurz nach acht Uhr morgens. Ein Schüler, nennen wir ihn Paul, sitzt müde im Deutschunterricht. Plötzlich hört er eine Stimme:
«Dieser verdammt schwere Start in die Woche wird präsentiert von: Nutella – Der Morgen macht den Tag.»
    Paul mag Deutsch nicht. Gedichte interpretieren. Das ist doch nichts für Jungs in seinem Alter. Und dann auch noch Liebeslyrik. Was soll der ganze Quatsch? Da ertönt wieder diese Stimme:
«Diese Gedichte werden präsentiert von: Landliebe – Liebe ist, wenn es Landliebe ist.»
Paul ist leicht irritiert. Er blickt aus dem Fenster.
«Diese Aussicht auf den Schulhof wird präsentiert von: Sky – Ich seh was Besseres.»
    Plötzlich fällt Paul ein, dass er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Aber er weiß schon, an wen er sich da wenden kann.
«Der hilfsbereite Sitznachbar wird präsentiert von: Rexona Men – Lässt dich nicht im Stich.»
Und tatsächlich lässt ihn sein Nebenmann schnell ein paar Sätze abschreiben. Paul ist sehr dankbar.
«Diese zwischenmenschliche Kooperation wurde präsentiert von: Telekom – Erleben, was verbindet.»
    Kurz darauf nimmt der Lehrer Paul dran. Er liest die gerade abgeschriebenen Hausaufgaben vor. Als der Lehrer eine Rückfrage stellt, flüstert Pauls Sitznachbar ihm die richtige Lösung zu.
«Dieses Vorsagen wurde präsentiert von: Commerzbank – Gemeinsam mehr erreichen.»
Als Paul die richtige Antwort gegeben hat, freut sich der Lehrer sehr über Pauls erstaunliche Fortschritte. Und wieder hört Paul diese Stimme:
«Dieses Lob wurde präsentiert von: Rewe – Jeden Tag ein bisschen besser.»
    Und wenn es soweit kommen sollte, kann man den Schulunterricht direkt mit irgendwelchen Seniorenkaffeefahrten zusammenlegen. Der Unterschied zwischen Handy und Heizdecke fällt bei der richtigen Werbestrategie doch gar nicht mehr auf.

[zur Inhaltsübersicht]
    «Ihr müsst bestehen. Ich brauch das für mein Lehrerego!» – Das Abitur

    Endspurt Abi
    Man dümpelt jahrelang in der Schule herum, erduldet stoisch sämtliche Tücken der Lehrer, des Schulalltags und der Ministeriumsvorgaben, und plötzlich steht es vor der Tür: das Abitur.
    Dieses eine Mal, nimmt sich jeder Schüler vor, will man auf jeden Fall rechtzeitig anfangen zu lernen. Am besten schon in den Herbstferien und in den Weihnachtsferien davor, damit es vorm Abi nicht zu stressig wird. Vergesst es! Es funktioniert nicht.
    Man glaubt ja gar nicht, wie weit weg so ein Abitur noch ist, wenn man sich mit dem Vorsatz zu lernen an den Schreibtisch setzt. Dann lieber nochmal auf Facebook gehen, irgendwas ist bestimmt passiert. Und tatsächlich: Thomas schreibt, er besucht heute seine Oma. Wenn ich das nicht gelesen hätte! Geschätzte fünfzehn Statusmeldungen, exakt achtundzwanzig Kommentare und unzählige «Gefällt mir’s» später beschließt man dann, das Lernen nochmal verschieben zu können.
    Bald standen dann die

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