Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt
Ordnung?«, fragte sie und zog Maria aus der Flugschneise und in den Schatten einer Palme.
Maria nickte.
»Warte hier«, beschied ihr Caitlyn und bahnte sich einen Weg durch das Unterholz, ohne auf die umherfliegenden Tiere zu achten. Sie lief an Marias Vater und seinen Männern vorbei direkt auf den Eingang des Tempels zu. Doch nach allem, was Maria durchgemacht hatte, konnte sie nicht zurückbleiben. Außerdem war Michael irgendwo da drinnen, mit seinem verrückten Vater.
Sie heftete sich an Caitlyns Fersen. Und endlich betrat sie das Land ihrer Träume.
Maria war noch nicht weit gekommen, als sie eine Hand im Rücken spürte. Sie schrie erschrocken auf. Es war Kevin.
»Beeil dich«, flüsterte er. »Dein Vater ist direkt hinter
uns.«
»Was ist mit seinen Leuten?«
»Er hat einen Mann erwähnt, der das Gelände sichert.« Im unheimlichen grünlichen Licht des Tunnels erkannte sie Kevins besorgten Gesichtsausdruck. »Ich denke, ihm ist nicht bewusst, dass ich Spanisch spreche. Er hat seine Männer angewiesen, niemanden lebendig hier rauszulassen. Deswegen bin ich dir nachgerannt.«
»Das hast du bestimmt falsch verstanden.« Hoffte sie jedenfalls. Von ganzem Herzen. Es hatte eine Zeit gegeben, da war ihr Vater das Fundament ihrer Welt gewesen. In den letzten Tagen hatte sie jedoch nach und nach alles Bisherige infrage stellen müssen. Das Fundament hatte Risse bekommen.
Wenn ihr ganzes Leben eine Lüge war, worauf sollte sie sich dann noch verlassen? Woran glauben?
Sie war froh darüber, dass Kevin sie an der Hand nahm und durch den Tunnel führte. Es war nicht so dunkel, wie sie es sich vorgestellt hatte – die findigen Baumeister hatten über Kanäle für frische Luft und ausreichend Lichtzufuhr gesorgt –, dennoch bekam man hier drinnen leicht Platzangst, besonders am Ende des Tunnels.
Er führte zur Cenote, dem Wasserloch im Herz des Tempels, wie sie wusste. Gespannt spähte sie über Kevins Schulter hinweg in die Grotte. Doch da war kein Schatz, nicht der archäologische Fund des Jahrhunderts. Stattdessen lag Michael reglos auf der Erde, ein fremder Mann und Caitlyn beugten sich über ihn.
Kevin ließ Maria zurück und rannte zu Michael. Im gleichen Augenblick wurde sie von jemandem am Arm gepackt, der sie aus dem Tunnel zog und ihr eine Pistole gegen die Schläfe rammte.
Dr. Carrera hatte sie letztendlich doch noch zu fassen bekommen.
»Retten Sie meinen Sohn, Dr. Cho!«, rief Carrera. »Oder das Mädchen stirbt.«
Caitlyn richtete sich auf und stellte sich Carrera in den Weg. »Dr. Carrera, lassen Sie sie gehen. Wir werden auch so alles tun, um ihrem Sohn zu helfen. Das verspreche ich.«
Während sie das sagte, machte sie ein paar Schritte auf Carrera zu. Sein Blick schnellte wie gehetzt umher, ihr kam es vor, als höre er sie gar nicht, sondern lausche irgendwelchen Stimmen in seinem Kopf. Der Mann hatte vollkommen den Verstand verloren.
Ruckartig zielte er mit der Pistole auf Caitlyn. Ehe sie reagieren konnte, hatte er schon abgedrückt. Die Kugel traf sie allerdings nicht, sondern prallte von einem Felsbrocken dicht neben ihr ab. Ein Steinsplitter traf sie am Kopf.
»Auf den Boden«, befahl er ihr.
Caitlyn gehorchte und legte sich auf die Erde. Sie ertastete eine Wunde am Kopf. Die Blutung war nicht besonders stark, doch ein stechender Schmerz fuhr ihr in den Schädel. Sie warf einen Blick zurück zu Jake und schüttelte den Kopf, um ihn davon abzuhalten, ihr zu Hilfe zu eilen.
Er nickte unmerklich und lehnte sich zurück, bereit, auf ein Zeichen von ihr nach vorne zu preschen.
Inzwischen hatte Carrera Maria bis zum Rand des Felsvorsprungs gedrängt, zwischen ihm und Caitlyn gähnte der Abgrund. Jake würde ihn von der anderen Seite aus angreifen können, wenn es ihr gelang, den Arzt irgendwie abzulenken.
»Wenn Michael stirbt, dann wird sie auch sterben«, schrie er, und seine Worte hallten laut durch die Felsengrotte.
Da kam Hector Alvarado in die Höhle gestürmt. »Lassen Sie sie los!«, brüllte er und zielte mit der Waffe auf Carrera.
Maria wand sich in Carreras Griff, der sie immer näher an den Abgrund drängte. Caitlyn rappelte sich auf, achtete nicht auf das Blut, das ihr in die Augen lief. Wenn sie sich Maria schnappen und Carrera irgendwie aus dem Gleichgewicht bringen könnte … Sie wechselte einen Blick mit Jake – er hatte denselben Gedanken.
Carrera fuhr herum, zielte auf Hector, dann auf Caitlyn, auf Hector und wieder auf Caitlyn. Dann drückte er ab.
Ein
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