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Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt

Titel: Wenn der Tod mit süßen Armen dich umfängt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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warteten jetzt in sicherer Entfernung?
    Keine der drei Möglichkeiten verhieß etwas Gutes.
    Also blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als seinen Auftrag weiter zu verfolgen und den Jungen zu beschützen. Er hoffte nur, dass Caitlyn in der Klinik mehr Glück hatte.
    Von Nahem betrachtet war das Tor zum Tempel wirklich beeindruckend. Verschlungene Muster bedeckten die Kalksteinwände; manche schimmerten rot und golden in den Sonnenstrahlen, die durch die Bäume drangen.
    »Zinnober gemischt mit Blattgold«, flüsterte Michael ihm zu und berührte eine der Hieroglyphen mit dem Finger. »Können Sie sich vorstellen, was für einen Anblick der Tempel bot, ehe er von Pflanzen überwuchert wurde? In der Sonne muss es ausgesehen haben, als ob ein gewaltiges Feuer im Dschungel lodert.«
    Jake war mehr mit der Frage beschäftigt, was sie wohl im Innern erwartete. Die Decke über dem Eingang war wie ein umgekehrtes Dreieck geformt. Ein Tunnel tat sich vor ihnen auf, der abschüssig mitten ins Dunkel hinein verlief. Als sie ihn betraten, bemerkte Jake, dass der Boden uneben war – es fühlte sich an, als würden sie über kleine Kieselsteine laufen. Wohl eine Folge des Erdbebens. So kamen sie jedenfalls nur langsam voran und waren weithin zu hören.
    Sie erreichten einen ersten Torbogen, hinter dem der Tunnel sich in mehrere Abzweigungen aufteilte, die um das Tempelgelände herum oder tiefer hinein führten. Durch Öffnungen über ihnen in der Außenmauer gelangte erstaunlich viel Licht ins Innere. Sehr schlau. Die Luft war frisch, obwohl der Dschungel das Gebäude beinahe vollständig bedeckte. Lange Ranken und Wurzeln waren durch die Lichtschächte hineingewachsen und bildeten einen lebendigen Wandteppich.
    »Wo lang?«, flüsterte er Michael zu.
    »Geradeaus zur Cenote.«
    Je tiefer sie hinabstiegen, desto schwerer waren die sie umgebenden Geräusche einzuschätzen. Die Trümmer unter ihren Fußsohlen wichen festem Kalkstein, der ihre Schritte schluckte. Vogelrufe drangen durch die vielen Löcher und kleinen Tunnel, die das Tempelinnere wie eine Luftführungsanlage mit der Außenwelt verbanden. Die ganze Konstruktion war so faszinierend wie die Wandmalereien und Steinschnitzereien, aber Jake ließ sich nicht von seiner Aufgabe ablenken. Unbedingt musste er Hectors Männer aufspüren.
    Vor ihnen lag eine weitere Weggabelung. Diese wurde von einer anderthalb Meter hohen Fledermausstatue bewacht, die sie mit ausgebreiteten Flügeln und gebleckten Fangzähnen anstarrte. Es war dunkler und ruhiger geworden, und Jake wurde mit einem Mal bewusst, dass sie nicht nur weiter ins Herz des Tempels vorgedrungen, sondern gleichzeitig auch immer tiefer hinabgestiegen waren.
    »Die Fledermaus symbolisiert den Eintritt in die Unterwelt«, sagte Michael gedämpft. »Der Tunnel wird jetzt niedriger, damit man aus Demut vor Chaac gezwungen ist, den Kopf einzuziehen.«
    Jake ging an der Steinfigur vorbei und betrat den nächsten Tunnel. Den Kopf einzuziehen, das war noch milde ausgedrückt, wie er bald feststellen musste. Die alten Maya waren wohl ein ganzes Stück kleiner gewesen als er. Am Ende konnte er nur noch gebückt durch den engen Tunnel laufen, in dem er jetzt schon beinahe Platzangst bekam. Er überlegte, ob Michael die Laterne anschalten sollte, fürchtete jedoch, dass der Kalkstein das Licht verstärken und bis zum Ende des Tunnels werfen würde. Falls dort jemand auf sie wartete, dann würden sie dadurch ihre Ankunft verraten, also lieber nicht.
    Schließlich traten sie auf einen Felsvorsprung, der in eine große Grotte führte. Sie waren jetzt ins Herz des Tempels vorgestoßen: In die umgebenden Höhlenwände waren reihenweise Öffnungen eingelassen, die bis zu einem Durchlass hoch oben in der Decke führten. Schlingpflanzen und Wurzeln hingen von diesen Öffnungen herab, einige rankten sich auf der Suche nach Wasser über mehrere Etagen nach unten, an dem Felsvorsprung vorbei, auf dem er und Michael standen, immer tiefer hinab.
    Jake konnte den früheren Wasserpegel als dünne Linie auf den Kalksteinwänden erkennen, er hatte knapp zehn Meter unter ihnen gelegen. Doch das Wasser war nicht mehr da, es glitzerte etwa sechs Meter tiefer im trüben Licht der Grotte. Doch was er dort unten aufblitzen sah, war nicht bloß Wasser, wie er bei genauerem Hinsehen erkannte, sondern auch Gold und ausgeblichene Menschenknochen.
    Sie hatten ihr Massengrab gefunden.
    Auf ihrer Höhe war die Grotte ungefähr neun Meter breit, und der

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