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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Beweis.«
    Portia berührte mit den Fingerspitzen die verblassten punktförmigen Male, die zu prickeln begonnen hatten, wünschte sich, sie hätte ihr Samthalsband niemals abgelegt und auf den Spieltisch geworfen. Ohne fühlte sie sich entblößt. Nackt.
    Sie zwang sich, ihre Hand zu senken, und reckte ihr Kinn, erwiderte seinen Blick furchtlos. »Heute Nacht bin ich hergekommen, weil ich mich davon überzeugen musste, dass du diese Frauen nicht getötet hast. Ich bin diejenige, die in der Gruft vor all diesen Jahren dafür gesorgt hat, dass du überlebst. Wenn du jetzt jemand Unschuldigen umbringst, dann bin ich in gewisser Weise dafür genauso verantwortlich wie du.«
    Er kam näher, sodass sein Schatten über sie fiel. Seine Stimme war wie ein heiseres Wiegenlied, dazu geschaffen, eine Frau zu höchstem Entzücken zu bringen oder ins Verderben zu locken. »Aber was, wenn ich sie getötet habe? Was, wenn ich ihnen durch die Nacht gefolgt bin, jedem ihrer Schritte, nur darauf gewartet habe, dass sie zögern oder stolpern, damit ich sie zu der Meinen machen kann?« Sich mit den Händen gegen den Fensterrahmen hinter ihr stützend, senkte er den Kopf, rieb seine Wange an ihrer. Sein Fleisch hätte kalt sein müssen, aber es war warm, brannte in einem unnatürlichen Fieber, das ihre Verteidigungswälle niederzubrennen drohte. Als seine geteilten Lippen die zarte Haut hinter ihrem Ohr streiften, durchlief sie ein Schauer, der wenig mit Angst zu tun hatte. »Was sollte mich davon abhalten, dir das Gleiche anzutun?«
    »Das hier«, flüsterte sie zurück und drückte die scharfe Spitze des Pflockes, den sie eben aus ihrem Retikül genommen hatte, gegen sein Herz.
    Er wurde so reglos wie eine Statue. Sie rechnete eigentlich damit, dass er zurückzucken würde, wodurch sie wieder freier atmen könnte, aber er hob nur seine Arme, ergab sich, und sein Lächeln war eine ebenso tödliche Waffe wie der angespitzte Pflock in ihrer Hand. »Wenn du gekommen bist, mein Leben zu beenden, dann bitte, fang an. Mein Herz, wie du gut weißt, Kleines, war schon immer dein, auf dass du damit verfährst, wie es dir beliebt. Meinetwegen darfst du es auch durchbohren.«
    So sehr sie sich wünschte, ihm zu glauben, ging Portia dennoch davon aus, dass er eben dieses Herz schon unzähligen Frauen angeboten hatte, nur um es ihnen zu entreißen, sobald sie es wagten, danach zu greifen — oder am nächsten Morgen, nachdem sie in seinem Bett aufgewacht waren, benommen vom Blutverlust, aber befriedigter, als sie es sich je erträumt hatten.
    »Wenn du dich so nach Erlösung sehnst, wie du mich glauben machen willst«, erwiderte sie, »dann unternimm doch einfach einen Spaziergang in der Morgensonne.«
    Trotz seines schiefen Lächelns war der Ausdruck in Julians Augen tödlich ernst. »Würdest du um mich trauern, wenn ich nicht mehr bin? Würdest du jeden Mann mit Missachtung strafen, der dein Herz zu gewinnen versucht, und deine Jugend verschwenden, während du an meinem Grab bittere Tränen vergießt?«
    »Nein«, antwortete sie süßlich, »aber wenn einer meiner leidenschaftlicheren Verehrer mir jemals ein Kätzchen schenken sollte, könnte ich darüber nachdenken, es nach dir zu benennen.«
    »Vielleicht sollte ich dir etwas anderes hinterlassen, damit du mich nicht vergisst.« Ohne den Druck des Pflockes gegen sein zerbrechliches Brustbein zu beachten, beugte er sich noch weiter vor.
    Als der verführerische Geruch nach Portwein, würziger Seife und Tabak sie umhüllte, spürte Portia, wie sich ihre Lippen gegen ihren Willen teilten und ihre Augenlider sich flatternd senkten. Das war alles, was Julian benötigte. Eine schwindelerregend schnelle Bewegung später hielt er den Pflock und ihr Retikül, während sie mit leeren Händen dastand.
    Er entfernte sich ein Stück, nahm seinen verführerischen Duft mit sich. Portia lehnte sich mit dem Rücken gegen die Fensterbank, blies sich eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn. »Das war ein bisschen unsportlich, meinst du nicht?«
    Sie mit einem ungläubigen Blick bedenkend, hob er den Pflock in die Höhe. »Unsportlicher als du, wenn du drohst, mich mit einem spitzen Holzpflock zu durchbohren?«
    Sie zuckte die Achseln, und ihr Naserümpfen war kein bisschen reumütig. »Eine Dame hat jedes Recht, sich gegen unerwünschte Avancen zu wehren. Und gegen Geschöpfe der Nacht.«
    Offenbar konnte er ihr da nicht widersprechen, denn er legte den Pflock wortlos auf den Tisch und begann den Inhalt des

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