Wenn der Wind dich ruft
Totenhemd um die knochigen Beine flatterte. Und schließlich Adrian, der Caroline an sich gedrückt hielt, als wollte er sie nie wieder loslassen.
Portias Erleichterung war so groß, dass sie in die Knie ging. Julian fing sie auf, ehe sie fallen konnte, hielt sie aufrecht, bis sie genug Kraft gefunden hatte, alleine zu stehen.
Sachte löste sie sich aus seinen Armen und ging zu ihrer Familie; ihre Sicht verschwamm unter Tränen der Dankbarkeit. Sie hatte sie beinahe erreicht, als sie bemerkte, dass ihre Gesichter so verzweifelte Mienen zeigten, dass sie wie Schatten ihrer selbst aussahen. Es war, als sei ein Tag und gleichzeitig ein ganzes Leben vergangen, seit sie sie zuletzt gesehen hatte.
Caroline hatte ein wehendes weißes Nachthemd an, über dem sie Larkins Umhang trug. Adrian war nur mit Hosen, rußgeschwärzten Stiefeln und einem Hemd bekleidet, das über der Brust offen stand. Während Portia näher kam, machte keiner von ihnen eine Bewegung auf sie zu. Sie schaute verwirrt zu Larkin, aber der verschränkte nur die Arme über der Brust und senkte den Blick, studierte seine abgestoßenen Stiefelspitzen.
Sie sah zu Wilbury und fand seinen Anblick noch erschütternder als den der rauchenden Ruine des Hauses. Das Kinn des alten Mannes zitterte, und Tränenspuren überzogen seine pergamentartigen Wangen.
Obwohl Adrian seiner Frau unendlich zärtlich übers wirre Haar strich, stand in seinen Augen eine wilde Verzweiflung, die Portia noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Carolines Miene war völlig ausdruckslos. Ihr Gesicht war so leer wie die gemalten Züge von Eloisas Puppen.
Portia berührte ihre Schwester sachte am Ärmel, und ihre Hand begann schon zu beben. »Wo ist Ellie, Caroline? Schläft sie in der Kutsche?«
Caroline holte zitternd Luft, ehe sie ihre leblosen Augen auf Portia richtete. »Sie ist weg. Sie haben Eloisa geholt. Sie haben mir mein Baby weggenommen.«
Zuerst meinte Portia, der unmenschliche Schrei der Wut und Trauer sei ihrer Kehle entstiegen. Aber es war Julian, der ein paar Schritte von ihnen weg stolperte und dann stehen blieb, das Haus anstarrte, als sei es der Grabstein über jedem einzelnen seiner Träume.
»Deinem Plan muss ein aufsehenerregender Erfolg beschieden gewesen sein«, bemerkte Adrian, dessen Stimme noch rau von dem Rauch war, den er eingeatmet hatte. »Es ist dir offensichtlich gelungen, Valentine in eine mörderische Wut zu versetzen. Wie du gut weißt, hassen Vampire Feuer, daher hat sie ihre Helfershelfer geschickt, um für sie die Schmutzarbeit zu verrichten. Wenn Wilbury nicht den Rauch gerochen und Alarm geschlagen hätte, wären wir alle in unseren Betten verbrannt. Als Caroline ins Kinderzimmer kam, war es schon zu spät. Eloisa war fort. Die Schweinehunde hatten sie entführt.«
Julian schüttelte den Kopf, und seine eigene Stimme war beinahe so heiser wie die seines Bruders. »Ich hätte mir nie träumen lassen, dass sie dir etwas antun könnte. Schließlich will sie mich haben. Ich hätte hier sein sollen ... sie erwarten. Oder sie vernichten, solange ich die Gelegenheit dazu hatte. «
Vivienne umklammerte Portias Arm. »Wo seid ihr gewesen? Wir fürchteten schon, Valentine hätte euch gefangen genommen.«
Portia schaute ihrer Schwester stumm in die arglosen blauen Augen, unfähig, ihr zu antworten. Wie sollte sie erklären, dass es nicht Valentine gewesen war, die sie genommen hatte, sondern Julian? Und nicht nur einmal, sondern mehrere Male. Während die kleine Eloisa von Fremden brutal aus ihrem Bettchen gerissen wurde und das einzige Zuhause, das sie kannte, um sie herum in Flammen aufging, hatten sie und Julian innig aneinandergeschmiegt in dem Einspänner gesessen, nach wie vor trunken von ihren Küssen.
Sie suchte noch verzweifelt nach einer Antwort, als Adrian Caroline behutsam Wilbury übergab und zu ihr ging. Ehe sie begriff, was er vorhatte, zog er an dem einen Ende von Julians Krawatte, sodass sie sich von ihrem Hals löste und für alle sichtbar die zwei neuen punktförmigen Wunden darunter zum Vorschein kamen.
Larkin fluchte, und Vivienne schnappte nach Luft. Wilbury senkte nur den Kopf, seine alten Augen voller Qual. Caroline zuckte mit keiner Wimper.
Einen Moment schien alles stillzustehen, sogar der rieselnde Schnee. Dann stürzte sich Adrian auf Julian, war mit drei langen Schritten bei ihm. Ehe einer von ihnen reagieren konnte, hatte er seinem Bruder seine kräftige Faust ins Gesicht geschlagen.
Julian wankte rückwärts, fiel
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