Wenn Die Nacht Beginnt
sie herfahren, um ihn zu benachrichtigen. Sie sollten solche Anrufe wirklich erst überprüfen, bevor sie den Streifenwagen losschicken, findest du nicht? Aber das taten sie nicht. Als wir um die Biegung paddelten, sah ich, wie die Polizei bei seiner Hütte vorfuhr. Jetzt ist er wahrscheinlich schon halb in Hempstead. Dort lebt seine Mutter, das erzählte er mir vor ein paar Jahren. Also, er braucht drei Stunden dorthin, dann wird es ein paar Stunden dauern, um die Verwirrung zu beseitigen, und dann noch mal drei Stunden zurück. Immer in der Annahme, dass er überhaupt hierher zurückkommt.«
Also war Peter Blake für acht Stunden oder länger aus dem Weg. Aber warum wollte Jeffrey Peter Blake gerade jetzt loshaben?
Plötzlich war es mir, als ob jemand in meinem Gehirn einen Zündschlüssel herumgedreht und aufs Gas getreten hätte. Jeffrey hatte mir gerade erklärt, dass er Rosemary Blake ermordet hatte. Egal, was ich jetzt sagte oder tat, er würde mich ebenfalls ermorden müssen.
Wir waren mitten auf dem See. Nein, nicht in der Mitte, aber fünfhundert oder inzwischen sechshundert Meter entfernt vom Strand, von der Hütte, vom Auto und vom schnellsten Weg nach Hause. Ich hörte, wie die Wellen gegen die linke Seite des Kanus schlugen, was bedeutete, dass der Wind uns zum anderen Ufer trieb. Und was gab es am gegenüberliegenden Ufer? Endlose, leere, schwarze Wälder. Und was war im Kanu? Jeffrey.
Ich hatte mich gerade entschieden, wo ich bessere Chancen hatte, als er das Paddel hob, wie einen Baseballschläger mit den Händen umklammerte und ausholte.
Aber zum ersten Mal in meinem Leben war ich ihm einen Schritt voraus. Bevor er seinen Schlag vollendet hatte, war ich bereits dabei, über den Dollbord zu hechten, und obwohl der Rand des Ruderblatts mich berührte, streifte er doch nur den unempfindlichsten Teil von mir – meinen Schädel. Dann passierten zwei Dinge, die mein Schicksal hätten besiegeln sollen, mich aber letztlich retteten. Das erste bestand darin, dass ich das Kanu volllaufen ließ, während ich seitlich über Bord ging. Das bedeutete, dass Jeffrey zu viel damit zu tun hatte, das Boot im Gleichgewicht zu halten, als dass er die Zeit hätte aufbringen können, nach mir zu suchen. Das zweite war, dass ich wegen Jeffreys Hartnäckigkeit mit schweren Gummistiefeln und mehreren Lagen von Kleidung sowie einem dicken Wollpullover beladen war.
Sobald ich das kalte, schwarze Wasser berührte, ging ich unter.
Und sank und sank.
Es schien, als ob ich ewig dort unten blieb. Und bis es mir schließlich gelungen war, mich wieder nach oben an die Luft zu kämpfen, waren genügend Meter und die Dunkelheit zwischen uns, um mich seinem Blick zu entziehen.
In dem Moment war das Einzige, was ich wollte, nicht in Jeffreys Blickfeld zu sein. Ich sog so viel Luft ein, wie ich konnte, tauchte wieder ab und strampelte wie wild vom Kanu weg, und als ich zum zweiten Mal an die Oberfläche kam, paddelte Jeffrey wieder, aber er und das Kanu schienen kleiner zu sein als vorher. Ich tauchte wieder ab, und als ich das nächste Mal hochkam, wusste ich, dass ich Recht hatte. Ich war mit dem Wind vom Kanu weggeschwommen, dem gegenüberliegenden Ufer zu. Jeffrey hatte angenommen – wie es wohl jeder andere auch getan hätte –, dass ich zum nächstgelegenen Ufer schwimmen würde. Er paddelte parallel zum Strand und suchte das Wasser ab, zwischen der Stelle, wo ich untergetaucht war, und dem Ufer der Hütte. Es war ein großer See. Er musste sich auf einen bestimmten Bereich konzentrieren, doch er hatte sich den falschen ausgesucht.
Ich konzentrierte mich darauf, regelmäßig zu atmen. Ich wollte und durfte nicht in Panik ausbrechen. Um jedes bisschen Energie aufzusparen, bewegte ich meine Gliedmaßen nur so viel, dass ich an der Oberfläche treiben und warm bleiben konnte, und ließ Wind und Wellen die Arbeit tun. Ich hatte jedes Gefühl für Zeit und Raum und Orientierung verloren, als meine Füße über Schlamm streiften und ich in die rabenschwarze Wildnis des anderen Ufers halb stolperte, halb kroch.
In dieser Nacht erfuhr ich etwas über Wolle: Selbst wenn sie nass ist, hält sie einen warm. Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag, wo ich gelandet war, auf einem durchweichten Pfad aus Schilf und Gras, bevor ich wieder zu Atem kam und mich die Kälte dazu trieb, mich zu bewegen.
Schließlich kam ich mühsam auf die Beine und sah mich um.
Hinter mir gab es nichts außer schwarzem Dickicht. Ich musste nicht
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