Wenn Die Nacht Beginnt
als alles andere hier weg. Ich drehte mich wieder nach vorn und arbeitete mit meinem Paddel und zwang uns mit meiner Willenskraft näher und näher zur Hütte, zum Auto und heimwärts. Zuerst schien Jeffreys Paddel so entschlossen wie das meine, aber sobald wir bis etwa fünfhundert Meter an den Strand herangekommen waren, spürte ich, wie wir langsamer wurden.
Als Jeffrey wieder den Mund öffnete, sprach er nicht mit seiner eigenen Stimme, sondern mit einer geschickten Imitation meiner Stimme. »›Es steht nichts zwischen uns.‹ Ach, Hannah, glaubst du wirklich, ich bin so dumm?«
Nein. Nicht hier. Nicht jetzt. Ich stieß mein Paddel ins Wasser und ruderte in Richtung Ufer.
»Ich hab dich gesehen, und ich hab ihn gesehen. Ich wusste, er würde kommen, sobald mein Auto weg wäre. Also parkte ich ein Stück weiter weg an der Straße und ging zu Fuß zurück. Ich muss zugeben, er hat nicht lange gebraucht. Was habt ihr vor? Wir fahren heim, du servierst mich ab, und ihr beide kommt allein zurück?«
Keine Panik, sagte ich zu mir. Das hast du schon mal erlebt. Was du tun musst, ist … Aber was musste ich denn tun? Nichts, was ich gesagt hatte, war jemals durch diese verrückte Eifersucht von Jeffrey hindurchgedrungen. Keine Erklärung hatte jemals geholfen. Aber vielleicht war das ja das ganze Problem, dass ich immer versuchte, zu erklären. Ich dachte an Peter Blake. Es hätte besser geklungen, wenn Sie mir gesagt hätten, ich solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ein normaler Mensch hätte das getan. Und in diesem Fall? Was würde hier ein normaler Mensch sagen? Ich legte das Paddel auf meine Knie und drehte mich um, so weit ich konnte, ohne unser Gleichgewicht zu gefährden. »Wenn du das glaubst, Jeffrey, dann bist du wirklich dumm. Es ist jetzt spät, und ich friere, und ich möchte in die Hütte.«
Ich muss zugeben, dass schien ihm zu denken zu geben. Zumindest kurzzeitig. »Na, na, na, hör dir selber zu. Wirst du jetzt keck? Lass dich warnen, die letzte, die das versuchte, ist damit nicht so gut gefahren.«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst, und es ist mir auch egal. Ich geh jetzt rein. Sofort.« Ich paddelte weiter.
»Nicht wovon, Hannah, sondern von wem. Rosemary Blake. Willst du nicht wissen, was wirklich mit ihr passiert ist?«
Jetzt war ich an der Reihe, innezuhalten. »Rosemary Blake?«
»Peter Blakes Frau. Ich nehme an, ich sollte wohl sagen, Peter Blakes verstorbene Frau. Und sie wäre jetzt Blakes Exfrau, wenn sie nicht so dumm gewesen wäre. Wir waren einen Monat lang, oder zwei, recht reibungslos miteinander zurechtgekommen, jedenfalls besser, als die beiden jemals klargekommen waren. Natürlich erfuhr er nie, dass ich es war. Zumindest war er sich nie ganz sicher. Aber dann passierte etwas. Dieser Tugendbold muss sie irgendwie erreicht haben. Sie sollte ihn hier treffen. Sie kam früher, um mit mir zu sprechen und mir zu sagen, dass es mit uns Schluss wäre.«
»Nein.«
Ich merkte gar nicht, dass ich es laut aussprach, bis Jeffrey antwortete. »O doch, Hannah, doch. Aber du hättest unser Zusammentreffen sicher gebilligt, denn ich sah, dass es keine Hoffnung gab, sie umzustimmen, und so nahm ich ihre Entscheidung wie ein Gentleman an. Ich bot ihr einen Drink an, und sie war über meine Reaktion so erleichtert, dass sie ihn in einem Zug austrank. Es war nicht schwer, sie zu einem zweiten Glas zu überreden. Ich begleitete sie nach Hause. Hab ich dir nicht gesagt, wie leicht man ertrinken kann? Man braucht nur etwa dreißig Zentimeter Wassertiefe. Ich schob sie einfach hinein und hielt sie unter Wasser. Sie war nicht in der Lage, sich selbst zu helfen. Ich brauchte nur Blakes Ruderboot mit ihrem Pullover darin hinauszuschieben, alle Spuren meines Hierseins zu entfernen und in die Stadt zurückzufahren.«
Der Wind – nein, seine Stimme ging mir durch Mark und Bein. Ich konnte nicht aufhören zu zittern. Das nein, das mir vorhin entschlüpft war, war nur rhetorisch gewesen. In Wirklichkeit glaubte ich jedes Wort, fast bevor er es ausgesprochen hatte. »Und Peter Blake …«
»Peter Blake war nicht hier, Hannah. Sie wollten sich erst am folgenden Tag treffen. Er war in jener Nacht weg, und jetzt ist er auch nicht da. Als ich vor einer Weile in der Stadt war, ist etwas Interessantes geschehen, hab ich dir das nicht erzählt? Die Polizeistation wurde telefonisch verständigt, dass seine Mutter ernsthaft krank sei. Hier draußen gibt es keine Telefone, deshalb mussten
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