Wenn die Nacht dich kuesst...
zwang sich, Vivienne nicht länger anzusehen, und seine Augen verloren den glasigen Schimmer. »Ich habe Adrian in meinem ersten Jahr in Oxford getroffen. Er entdeckte mich in Christ Church Meadow, als ich gerade von einer Bande Grobiane umzingelt wurde, die schrien und mich herumschubsten. Ich war Waise und hatte nur ein Stipendium, wissen Sie, und sie fanden etwas an meiner Sprechweise auszusetzen, meiner schäbigen Kleidung und meinen gebraucht gekauften Büchern.« Ein zögerndes Lächeln umspielte seine Lippen. »Während ihr Interesse allein dem Glücksspiel, Frauenzimmern und dem Trinken von zu viel Schnaps galt sowie dem Verspotten derjenigen, die weniger vom Glück begünstigt waren, hatte Adrian in seiner Freizeit in Jacksons Boxsalon trainiert. Er hat sie alle niedergeschlagen, jeden einzelnen. Von dem Tag an hat er sich zu meinem Schutzengel erklärt, und niemand hat mich mehr belästigt.«
»Das ist eine Rolle, derer er sich mit mehr als der gewöhnlichen Begeisterung annimmt«, murmelte Caroline, die an Vauxhall Gardens und ihre Rettung in letzter Sekunde denken musste. »Und was ist mit Victor Duvalier? Ist er ein weiterer von Kanes Schützlingen?«
In den Augen des Konstablers glitzerte etwas, das bei einem weniger beherrschten Mann als Belustigung hätte bezeichnet werden müssen. »Sie passen sehr genau auf, nicht wahr, Miss Cabot? Erwägen Sie eine Laufbahn bei der Polizei?«
»Nur, wenn Sie mir erlauben, meine Befragung fortzuführen«, erwiderte sie und konnte sich ein selbstzufriedenes Lächeln nicht verkneifen.
Er seufzte. »Wenn Sie darauf bestehen. Victors Vater war ein reicher Comte, der zusammen mit seiner Frau während der französischen Revolution auf der Guillotine sein Leben lassen musste. Eine Tante hat Victor ein paar Jahre später nach England geschmuggelt. Unglückseligerweise hat er nie seinen Akzent verloren, was wiederum endlose Scherze unserer Kommilitonen nach sich zog, besonders da wir damals mit Frankreich im Krieg lagen. Bis Kane ihn unter seine Fittiche genommen hat, haben sie ihm das Leben zur Hölle gemacht.«
Neugierig schaute sie Larkin ins Gesicht. »Nach dem, was Sie mir in London gesagt haben, war Kane nicht nur Ihr Beschützer. Er war Ihr Freund.«
Larkins Lächeln verblasste. »Das ist lange her.«
»Bevor Eloisa Markham verschwand?«, riet sie und senkte dabei die Stimme, damit sie nicht gehört wurde und ihr Gespräch unter vier Augen blieb.
»Nach Eloisas Verschwinden hat sich Adrian mir nie wieder anvertraut«, erklärte Larkin und konnte die Bitterkeit nicht aus seiner Stimme heraushalten. »Es war, als ob es unsere Freundschaft nie gegeben hätte.«
»Was ist mit Victor? Hat Kane ihm weiter sein Vertrauen geschenkt?«
»Victor kehrte nach Frankreich zurück, kurz nach Eloisas Verschwinden.«
Caroline verspürte ein Kribbeln, und sie setzte sich interessiert auf. »Woher wissen Sie, dass sie ihn nicht heimlich begleitet hat?«
»Weil es ein gebrochenes Herz war, das ihn nach Frankreich getrieben hat. Sehen Sie, Miss Cabot, wir drei waren gute Freunde, und von uns dreien liebte Victor Eloisa am meisten. Ich denke, er hat Adrian nie verziehen, dass er es war, dessen Liebe zu erwidern sie sich entschloss.«
»Was ist mit Ihnen?«, wagte Caroline zu fragen. »Haben Sie ihm verziehen? Oder Eloisa?«, fügte sie hinzu.
Larkin stellte seine Teetasse auf die Untertasse. »Wenn ich etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hätte, denken Sie dann ernsthaft, ich hätte meinen Traum, Pfarrer zu werden, aufgegeben und beschlossen, mein Leben der Jagd nach denen zu widmen, die solche Verbrechen begehen?«
Caroline wusste, dass Schuldgefühle Männer schon dazu getrieben hatten, merkwürdigere Dinge zu tun. »Das war ein großer Verlust für die Kirche, Sir«, sagte sie und sprach ihn mit einem Lächeln frei. »Sie hätten einen wunderbaren Vikar abgegeben.«
Als er einen Schluck von seinem Tee nahm, fiel ihm die störrische Locke wieder in die Stirn. Caroline widerstand dem Drang, sie zurückzustreichen, aber sie hatte zu oft Portias Schleifen und Bänder in Ordnung gebracht, um seine halb aufgegangene Krawatte ignorieren zu können.
Sie legte ihre Stickarbeit in den Schoß, streckte die Hand aus und band den schmalen Stoffstreifen kurzerhand zu einer ordentlichen Schleife. Es verwunderte sie selbst, dass sie für ihn ehrliche Zuneigung empfand. »Ich muss sagen, Konstabler Larkin, dass Sie dringend eine Ehefrau oder einen Kammerdiener benötigen.«
»Und um
Weitere Kostenlose Bücher