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Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Fäusten gegen die Tür. »Mach auf, und lass mich rein! «
    Caroline seufzte. Schließlich stand Portia häufiger am Rande der Hysterie, und gewöhnlich bot das keinen Anlass zu Sorgen. »Geh weg!«, rief sie und hielt sich mit dem Kissen die Ohren zu. »Wenn wir nicht von den Franzosen angegriffen werden oder die Burg in Flammen steht, will ich in Ruhe gelassen werden.«
    »Bitte, Caroline! Ich brauche dich. Jetzt, auf der Stelle!« Die flehentliche Bitte wurde begleitet von neuerlichem Getrommel.
    »Das reicht«, sagte Caroline laut zu sich.
    Kissen und Decken von sich schleudernd, sprang sie aus dem Bett und stürmte durch das Turmzimmer zur Tür. Sie sperrte sie auf, schwang sie auf und entdeckte ihre kleine Schwester auf der Schwelle, die gerade die Faust gehoben hatte, sodass sie drohend vor Carolines Nase schwebte.
    »Was ist es diesmal, Portia?«, verlangte Caroline mit zusammengebissenen Zähnen zu wissen. »Nixen im Burggraben? Kobolde, die auf dem Rasen tanzen? Untote, die aus der Familiengruft der Kanes stolpern? Eine weiße Dame, die über den Korridor schwebt, Wilburys Kopf unter dem Arm?« Sie beugte sich vor, bis sie mit ihrer Nase fast Portias berührte. »Wenn du es unbedingt wissen musst, es schert mich nicht, ob du ein ganzes Rudel Vampire gesehen hast, wie es den Turm emporfliegt, um ihre Reißzähne in unsere Kehlen zu schlagen und uns zu ihren unsterblichen Bräuten zu machen. Um es ganz deutlich zu sagen, wenn du mich nicht endlich in Ruhe lässt, dann fange ich an, Leute zu beißen und zwar aus reiner Boshaftigkeit. Und du wirst mein erstes Opfer sein.«
    Sie umfasste die Klinke, um ihrer Schwester die Tür vor der Nase zuzuschlagen, als Portia mit tonloser Stimme erwiderte: »Es geht um Vivienne.«
    Caroline kniff die Augen zusammen, nahm zum ersten Mal Portias wirre Locken wahr, ihre aschfahle Haut und die zitternden Lippen. »Was ist?«, fragte sie, und das Herz wurde ihr unter einer bösen Vorahnung schwer.
    »Sie will nicht aufwachen.«

13
    »Wann hast du zum ersten Mal bemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist?«, wollte Caroline wissen, während sie die Treppe hinablief und sich dabei ungeschickt den Gürtel ihres Samtmorgenmantels zuband, den der Viscount so umsichtig zur Verfügung gestellt hatte. Im Vorübereilen schaute sie auf die Standuhr auf dem Treppenabsatz. Der Morgen war schon halb vergangen.
    »Zuerst dachte ich, sie sei nur schläfrig«, gestand Portia und folgte Caroline über den langen Flur mit der Mahagonitäfelung, gezwungen, zwei Schritte für jeden ihrer Schwester zu machen, wollte sie nicht zurückbleiben. »Schließlich hat Julian uns beide bis beinahe drei Uhr morgens wach gehalten. Wir haben um Haarnadeln Pharao gespielt. Aber als ich sie zum Frühstück wecken wollte, hat sie sich nicht gerührt. Ich habe ihr ins Ohr gehustet, sie mit einer Feder an den Zehen gekitzelt und ihr sogar kaltes Wasser auf die Stirn getropft. Ich habe nach den Zimmermädchen geläutet, aber die konnten sie auch nicht wecken. Da habe ich Angst bekommen und bin dich holen gegangen.«
    Caroline warf ihr über die Schulter ein beruhigendes Lächeln zu, während sie sich bemühte, ihre eigene Furcht zu verbergen. »Das hast du gut gemacht, Liebes. Sie ist vermutlich nur müde und möchte im Bett faulenzen. Sicher haben wir sie innerhalb kürzester Zeit wieder auf die Füße gebracht.«
    Als sie durch den gemütlichen Salon schritt, der zu den Räumen ihrer Schwestern gehörte, konnte Caroline nur beten, dass sie Recht behielt. Sie betrat Viviennes Schlafzimmer, in dem drei Dienstmädchen dicht zusammengedrängt am Fußende des Bettes standen, die Hände rangen und aufgeregt miteinander tuschelten.
    Sobald Caroline sich dem eleganten Himmelbett näherte, wuchs ihre ungute Vorahnung. Die sonst zartrosa angehauchten Wangen ihrer Schwester waren bleich, ihre goldenen Locken lagen glanzlos auf dem Kissen — Vivienne sah aus, als würde sie für die Rolle von Schneewittchen aus einem der Theaterstücke ihrer Kindheit proben, und zwar die Szene im Sarg.
    Caroline ließ sich auf der Bettkante nieder und berührte mit dem Handrücken Viviennes Stirn. Die Haut ihrer Schwester war nicht fieberheiß, sondern kalt wie der Tod. Von dem Gedanken bis ins Herz getroffen, warf Caroline einen verstohlenen Blick auf Viviennes Brustkorb. Das gleichmäßige Heben und Senken des rüschenbesetzten Nachthemdes gab keinen Anlass zur Sorge. Sie sah einfach aus, als sei sie mit einem bösen Fluch belegt.
    Caroline

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