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Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition)

Titel: Wenn die Nacht in Scherben fällt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Beer
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darauf war, sich durch die drückende Schwärze einen Weg zurück zu suchen.
    Misstrauisch musterte Nele die Kamera. Sie war offenbar über ein Kabel mit dem Schaltpult und der Monitorwand verbunden. Vorsichtig inspizierte Nele das Gerät, ohne es vom Stativ zu nehmen. Sie hatte in ihrem Leben schon etliche Kameras in der Hand gehabt. Ihr Vater war schließlich Kameramann aus Leidenschaft, und das nicht nur, wenn es um die großen Linsen am Filmset ging. Dieses Modell kannte sie nicht, aber die funktionierten ja im Prinzip alle gleich. Wenn sie nun auf »Play« drückte…
    Ihr Finger zitterte. Warum stellte sie sich eigentlich so albern an? Schließlich war das hier immer noch Jaris Traum, oder etwa nicht?
    Entschlossen drückte sie den Knopf. Und tatsächlich, die Bildschirme flammten auf– und bildeten zusammen ein großes Bild. Unwillkürlich wich Nele zurück, und nun kamen ihr wirklich die Tränen.
    Jari.
    Nicht irgendein Fremder, der sie böswillig hergelockt hatte, nein.
    Das war Jari !
    Er war zerzaust und blass, tiefe Ringe lagen unter seinen Augen. Und er wirkte irgendwie unscharf. Nele verengte die Lider zu schmalen Schlitzen, aber das änderte nichts. Lag es an der Qualität der Aufnahme? Aber das Equipment war doch eigentlich top…
    »Hi Nele.« Ein schmales Lächeln erschien auf Jaris Gesicht. »Na ja, zumindest hoffe ich, dass du diejenige bist, die diese Aufnahme sieht. Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe mit dem ganzen Kram hier. Ich… wusste nicht, wie ich dich sonst erreichen sollte.«
    Unruhig zupfte Nele an ihrem Piercing. Dann war das alles Jaris Idee gewesen? Aber wieso? Wo war er, und warum der ganze Aufwand?
    »Hör zu, ich weiß, das klingt alles verrückt, aber ich hoffe wirklich, dass du das hier siehst und dass du mir helfen kannst.« Jari fuhr sich etwas fahrig durch die struppigen Haare. »Ich bin mir nicht sicher, wie es passiert ist, aber offenbar stecke ich ziemlich tief in der Tinte. Vor ein paar Tagen bin ich in einer ganz schrägen Welt aufgewacht, und es scheint, als käme ich hier allein nicht wieder raus…«
    Nele schluckte trocken. Ja, das klang alles sehr nach dem, was Seth ihr erzählt hatte. Aber woher wusste Jari, dass sie nach ihm suchte? Wie hatte er sie gefunden?
    »Vorhin hat mich dann eine seltsame Frau aufgespürt. Ihr Name ist Tora, und sie behauptet, sie wäre eine Traumwächterin oder so. Sie sagt, du kannst mir helfen, weil du eine Klarträumerin bist. So ganz habe ich es auch nicht verstanden. Sie will bald zu dir kommen und mit dir reden, aber ich wollte…« Etwas krachte im Hintergrund, und Jari stockte. »Warte mal kurz.«
    Er stand auf und entfernte sich ein Stück, sodass Nele ihn nicht mehr sehen konnte. Aber sie hörte, wie er sich mit einer zweiten Person unterhielt.
    Nele saß wie auf Kohlen. Eine Traumwächterin! Dann war also auch eine Katze bei Jari und versuchte, ihm zu helfen? Das erleichterte Nele sehr. Wenn jemand etwas tun konnte, dann waren es doch sicher die Katzen. Aber… wenn diese Tora bei Jari war, warum hatte Seth dann gesagt, er wüsste nicht, wo Jari steckte? Dass er es nicht wusste, aber diese Tora schon, das war doch Unsinn! Warum hätte Nele so verzweifelt nach ihm suchen sollen, wenn die Katzen das doch viel schneller konnten? Neles Herz begann, wild zu schlagen.
    Die Stimmen näherten sich jetzt wieder. »Ich hatte das alles schon vorher! Ehrlich, Tora, ich habe kaum etwas verändert!«
    Jemand schnaufte. Dann trat ein Wesen vor die Kamera, von dem Nele sofort wusste, dass es diese Tora sein musste. Sie sah Seth sehr ähnlich, dann aber war sie auch ganz anders als er. Die mandelförmigen Augen, die flaumbedeckten Ohren und die spitzen Raubtierzähne, all das hatte Nele auch bei Seth gesehen. Aber ihre Haut war rot, und sie hatte einen– wenngleich auch sehr schmalen– eindeutig weiblichen Körperbau. Mit glühenden Augen sah sie in die Kamera.
    »Hallo, Nele. Ich bin Tora.« Selbst ihre Stimme ähnelte der von Seth. Das gleiche rauchige Timbre, die gleiche einnehmende Sprachmelodie. »Ich hoffe sehr, dass dieser Plan funktioniert. Hör gut zu. Ich weiß, dass einer von meiner Art bei dir ist. Ein Kater namens Seth, der im Körper dieses Jungen herumspaziert.« Sie beugte sich vor, sodass ihr Gesicht jetzt fast die ganze Fläche ausfüllte. Riesengroß und eindringlich starrte sie Nele an, die unwillkürlich einen Schritt zurückwich. »Ich weiß nicht, was er dir bisher erzählt hat, aber dein Freund hier war die

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