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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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tröstend in
den Arm genommen zu werden, wie Edan, bevor er zur Strafe wieder für
Stunden in die stockdunkle Sattelkammer gesperrt wurde. Insgeheim
lachte William über seinen unverbesserlichen Bruder, dessen dummer
Stolz und Jähzorn, ihm immer wieder diese gruselige Strafe
einbrachten. William war nur ein einziges Mal und auch nur für
wenige Minuten in die Sattelkammer gesperrt worden. Noch heute liefen
ihm Schauer über den Rücken, wenn er an diese unheimliche,
nachtschwarze Finsternis dachte, die einen darin umgab. Die Luft war
stickig, und der durchdringende Geruch von Leder und Fett nahm einem
den Atem; das willkürliche Knarzen des Leders ließ das Blut in den
Adern gefrieren ... Ratten, Spinnen, Geister, Dämonen … in dieser
Kammer des Schreckens schien alles möglich zu sein. Er fragte sich,
wie sein Bruder es stundenlang darin aushalten konnte, wo er es
normalerweise schon kaum ertrug, wenn man ihn nur in sein Zimmer
verbannte. In der Sattelkammer schrie und tobte Edan jedes Mal wie
ein Wilder. Die stabile Holztür mit den vielen eisernen Beschlägen
erzitterte unter der Wucht seiner Tritte und seiner gewaltigen Wut,
aber sie hielt mindestens zehn solcher Ausbrüche stand, bevor sie
erneuert werden musste. Irgendwann wurden Edans Schreie dann
schließlich leiser und verstummten schlussendlich ganz.
    Jahrelang
beneidete William seinen großen Bruder insgeheim um dessen
unbeugsamen Willen, mit dem er die harten Strafen ihres Vaters ertrug
und dennoch nie klein beigab. Bis er eines Tages durch Zufall Edans
Geheimnis entdeckte. Nachdem Edan wieder einmal in die Sattelkammer
verbannt worden war, hatte sich William neugierig dorthin
geschlichen, um seinem eingesperrten Bruder noch mehr Angst
einzujagen. Doch als er dort ankam, war die Tür der Kammer nur
angelehnt und als er vorsichtig hineinspähte, sah er, dass sie leer
war. Von Edan gab es weit und breit keine Spur. Er wollte schon Alarm
schlagen, als er Edan im hinteren Teil des Stalles lachen hörte.
Vorsichtig schlich sich William näher heran. Er traute seinen Augen
kaum, als er sah, dass Edan, statt in der dunklen Kammer zu schmoren,
mit dem alten Sattelmeister Ian O'Shea fröhlich Karten spielte.
    Wütend
presste William die Lippen zusammen. Wieder hatte es Edan geschafft,
alle - vor allem aber seinen Vater - auszutricksen, und wieder half
ihm das Personal dabei. Vorsichtig trat William den Rückzug an und
überlegte sich bereits voller Vorfreude, wie er diese Beobachtung
nutzbringend für sich einsetzen konnte. Wenn er seine Beobachtung
seinem Vater mitteilen würde, bekäme er vielleicht doch eines
dieser teuren Teleskope, mit dem er seine geliebten Sterne noch viel
genauer beobachten konnte.
    William
hatte kaum ausgedacht, da trat er mit dem Fuß auf die Zinken eines
Heurechens; der Stiel schnellte nach oben und traf ihn mit voller
Wucht am Hinterkopf. Ihm wurde schwarz vor Augen und er sank
bewusstlos zu Boden.
    Als
er wieder zu sich kam, lag er in seinem Bett und sein Schädel
brummte gewaltig. Edan saß neben ihm und grinste ihn frech an.
    „ Na,
Speichellecker? Wie geht es deiner Denkbeule!“, begrüßte ihn sein
älterer Bruder gewohnt spöttisch.
    „ Gib
dir keine Mühe, Edan! Ich weiß Bescheid! Ich habe dich und O'Shea
gesehen! Warte nur, bis ich Vater davon erzähle. Dann verschwindest
du für den Rest deines Lebens in diesem schwarzen Loch!“
    „Meine
Güte! Doctor Mills hatte recht!
Dich hat's verdammt schlimm erwischt …!“ Edan führte den Satz
bewusst nicht zu Ende, sondern schaute seinen kleinen Bruder
stattdessen mitfühlend an.
    „ Was
... was meinst du damit?“ Trotz seines gewaltigen Brummschädels,
begann sich William ängstlich aufzurichten.
    „ So
ein gewaltiger Schlag auf den Kopf, bleibt nicht ohne Folgen,
Speichellecker! Sagt zumindest Dr. Mills! Von Gedächtnisverlust bis
hin zu Fantastereien sei alles möglich ...!“
    „ Komm
mir nicht damit, Edan. Ich weiß genau was ich gesehen habe. Du und
O'Shea habt hinten im Stall Karten gespielt!“
    „ Wie
gesagt, so ein Schlag auf den Kopf ...!“, lachte Edan frech.
    „ Ich
werde Vater sagen, dass er O'Shea …!“
    „ Oh,
hab ich dir das nicht gesagt? Vater war O'Shea so überaus dankbar,
dass er dich, seinen Lieblingssohn, vom herbeieilenden Tod errettet
hat“, übertrieb Edan theatralisch, „dass er dem alten
Sattelmeister ein paar Schillinge extra zugesteckt hat. O'Shea war
nämlich gerade zum Nachmittagstee bei Luisa in der Küche, als sie
dein

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