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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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hatte. Neugierig beobachtete er
die Reaktion seines ersten Offiziers, den er auch nach sechs Wochen
noch immer nicht richtig einzuschätzen wusste.
„Kann ich offen
sprechen, Sir?“ Pickett nickte und ermutigte Chandler fortzufahren.
„In der Tat halte ich die Entscheidung, den Männern ihre
tägliche Ration Rum weiterhin vorzuenthalten, für nicht klug!“,
sagte Edan mit ruhiger Stimme.
„Weil?“
„Rein aus
gesundheitlichen Gründen. Mit jedem Tag, den wir uns der Karibik
nähern, wird es heißer auf dem Schiff. Das Trinkwasser in den
Fässern hat bereits jetzt einen sehr brackigen Geschmack. Es ist nur
noch eine Frage der Zeit, bis es völlig kippt und eine Brutstätte
für Krankheiten und Seuchen wird. Ebenso die Lebensmittel. Der Rum
desinfiziert zumindest ein bisschen die Eingeweide der Männer. Wie
Ihr schon sagtet: Uns steht eine Schlacht bevor und wir werden jeden
Mann brauchen. Mit kranken Männern ist nichts zu gewinnen. Keine
Schlacht und schon gar kein Krieg!“
„Ist denn schon jemand
krank?“, fragte Pickett mit einem süffisanten Lächeln, hinter dem
er geschickt seinen Unwillen über die unverhohlene Kritik seines
ersten Offiziers zu verstecken wusste. „Noch nicht Sir!“
„Dann
lasst uns einfach abwarten, bis es soweit ist!“ Pickett hatte seine
Ellbogen auf den Tisch gestützt und tippte gereizt seine gespreizten
Finger gegeneinander. Es war das einzige, aber deutliche Zeichen
dafür, dass er die Meinung seines ersten Offiziers nicht zu teilen
bereit war. Pickett gab Edan mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass
er wegtreten konnte. Edan stand auf und salutierte kurz. Nachdenklich
sah Pickett der hochgewachsenen Gestalt seines ersten Offiziers nach.
Es störte ihn gewaltig, dass der Commander zu seinem Leidwesen nicht
ganz Unrecht hatte. Allerdings würde er ihm dies gegenüber niemals
zugeben.
    Kapitel
32

    „ Diese
verfluchte Hitze“, fluchte Thomas Slade, der Steuermann, leise vor
sich hin, während er angestrengt auf die Karten schaute, die vor ihm
auf dem Tisch lagen. Zum wiederholten Mal wischte er sich den Schweiß
mit seinem Uniformärmel von der Stirn. Sein dunkelblauer
Offiziersrock wies hässliche, große Flecken unterhalb der Achseln
auf und stank bereits fürchterlich nach altem Schweiß. Seine drei
Mitspieler am Tisch sahen nicht besser aus und rochen auch nicht
besser. Die vier Männer verbrachten ihre spärlich bemessene
Freizeit im Quartier von Edan Chandler. An Deck war es vor Hitze
nicht auszuhalten. Die Fensterluke in Edans Quartier stand offen,
doch selbst hier war nicht der leiseste Hauch eines Luftzugs zu
spüren. Seit drei Tagen saßen sie nun schon in dieser Flaute fest.
Obwohl sie jedes verfügbare Stück Segel gehisst hatten, blähte
sich nicht eines davon. Schlaff und trostlos hingen die Segel an den
Masten. Die heiße Sonne der Karibik brannte gnadenlos auf das Deck
und die Männer der „Royal Sun HRM“ herunter. Die Luft war heiß,
schwül und lähmte alle. Die täglichen Deckarbeiten wurden in der
Hitze zur Qual. Das wenige Trinkwasser an Bord war durch die
Temperaturen, brackig und faulig geworden. Auch die Rumrationen, die
der Captain zähneknirschend wieder freigegeben hatte, um Krankheiten
vorzubeugen, konnten den Durst der Mannschaft nicht mehr löschen.
Die Stimmung war gereizt und gefährlich.
„Wenn das mal kein
Vorgeschmack auf die Hölle ist, die uns noch erwartet!“ Thomas
Slade nahm einen Schluck Wasser, um ihn gleich darauf wieder in
seinen Becher zurückzuspucken. „Verdammt, dieses Wasser schmeckt
schlimmer als Kloake“, fluchte er, nachdem er sich den Mund an
seinem schmuddeligen Offiziersrock abgewischt hatte. Saubere
Uniformen gab es schon lange nicht mehr. Dafür war selbst das
wenige, noch verbliebene brackige Trinkwasser zu kostbar.
Schlechtgelaunt sah Slade in die Runde.
„Wenn diese verdammte
Flaute nicht bald ein Ende hat, krepieren wir hier alle noch elendig
vor Durst. Die Amerikaner wird’s freuen!“ Gereizt schob Slade
einen weiteren Schilling in die Mitte des Tisches, um den Einsatz zu
erhöhen. Die vier Männer spielten „Poque“, ein beliebtes
Kartenspiel um Strategie und Täuschung, das ursprünglich aus
Frankreich stammte, und sich unter Seeleuten in Windeseile verbreitet
hatte. Sowohl Offiziere als auch Matrosen spielten es mit Vorliebe
während ihrer äußerst gering bemessenen freien Zeit an Bord.
Offiziell durfte auf britischen Kriegsschiffen nicht um Geld gespielt
werden, aber hie und da wechselten dennoch

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