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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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gegeben, weil ich dachte, sie hätten sich
den Magen verdorben, was bei dem derzeitigen Essen ja auch nicht
verwunderlich wäre. Doch seit heute leiden sie unter dauerhaften
Bauchkrämpfen und schleimigen Durchfällen. Bislang waren es nur
zwei Fälle, aber vor wenigen Minuten haben sich vier weitere
Matrosen mit ähnlichen Symptomen bei mir gemeldet!“
Alle
schauten sich entsetzt an. Jeder wusste was dies bedeuten konnte.
„Seid Ihr sicher, dass es Ruhr ist und nicht nur ein
verdorbener Magen wegen des Essens oder des Trinkwassers?“, hakte
Edan nach.
„Ich fürchte, es ist Ruhr. Und vermutlich kommt es
vom Essen oder vom Trinkwasser. Die Männer haben Dauerdurchfall.
Einer hat bereits hohes Fieber und ist apathisch!“
Edan stand
auf und ging nachdenklich in seiner Kabine auf und ab.
„Was
glaubt Ihr, Jackson. Wie schlimm wird es werden?“ Vier Augenpaare
richteten sich wie gebannt auf den Schiffsarzt.
„Im Moment weiß
ich nur, dass es Ruhr ist. Und die ist verdammt ansteckend. Wie
schlimm es werden wird, hängt davon ab, wie viele Neuinfektionen es
innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden gibt. Dann erst kann
ich sagen wie virulent oder gefährlich diese Krankheit wird!“
„Weiß
der Captain schon Bescheid?“
„Ich dachte, es wäre besser, Ihr
würdet ihm die Nachricht überbringen!“
„Was ist zu tun?“,
fragte Edan.
„Wir brauchen schleunigst frisches Trinkwasser und
frische Lebensmittel. Vor allem aber frisches Trinkwasser! Die
Kranken werden sonst verdursten bei der Hitze und dem
Flüssigkeitsverlust, den sie durch die Durchfälle erleiden. Das
jetzige Trinkwasser verstärkt die Durchfälle nur noch! Die Kranken
müssen sofort isoliert werden. Das Schiff muss mehrmals täglich von
oben bis unten geschrubbt werden. Händewaschen ist oberste Pflicht.
Untereinander sollte jeder den größtmöglichen Abstand zum anderen
halten. Je weniger Hautkontakt, umso besser. Ich weiß, dass ist auf
diesem Schiff schier unmöglich – aber nur so haben wir eine
winzige Chance, eine mögliche Epidemie zu verhindern!“ Bei den
letzten Worten des Schiffsarztes hielten alle für einen Moment den
Atem an.
„Was erwartet uns im schlimmsten Fall, Jackson?“,
stellte Edan, die alles entscheidende Frage.
Der Schiffsarzt
zögerte merklich. Dann gab er sich einen Ruck.
„Der Tod!“

Trotz aller vom Doktor vorgeschlagener und sofort ergriffener
Maßnahmen, spitzte sich die Lage auf der Royal Sun mit jedem
weiteren Tag zu. Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden
erkrankten acht weitere Matrosen und damit war für den Doktor klar,
dass eine Epidemie unausweichlich war. Auf dem vorderen Deck der
Fregatte wurde eine provisorische Quarantäne-Station eingerichtet.
Die Kranken wurden unter einem schattenspendenden Segel platziert,
doch die schwüle Hitze schwächte und trocknete sie zusehends aus.
Das untere Deck und die Mannschaftsräume wurden mit Salzwasser
geflutet und so gut es ging gereinigt. Ebenso sämtliche Decks,
Aufbauten, Kabinen, Kombüse, Lagerräume, Seile, Wanten, Kanonen und
der sogenannte Schiffsgarten, die Toilette der Mannschaft am Bug.
Auch die Toilettenröhren der Offiziere im Achterkastell wurden
gründlichst gereinigt und durchgespült. Captain Pickett hatte zudem
veranlasst, dass alle Mann ein Bad im Meer nahmen und auch ihre
Kleidung darin wuschen, selbst wenn dies bedeutete, dass das Meersalz
die Stoffe steinhart und unbequem werden ließ.
Die Forderungen
des Doktors wurden bis auf das Kleinste befolgt. Jede nur erdenkliche
Maßnahme wurde ergriffen, um eine tödliche Ruhr-Epidemie noch
abzuwenden. Doch solange die Kranken kein frisches Trinkwasser
bekamen, schienen alle Mühen umsonst. Die Durchfälle und die hohen
Temperaturen führten dazu, dass die Kranken innerhalb kürzester
Zeit mehr und mehr austrockneten und ins Delirium fielen. Ihr Tod
schien unausweichlich.
Nach Edans Berechnungen trieb die Royal
Sun flautebedingt im Dreieck zwischen den Bahamas, Kuba und Florida.
Selbst bei optimalem Wind bräuchten sie mindestens zwei Tage bis zum
nächsten Hafen. So lange würde keiner der Kranken ohne Wasser
auskommen.
Die Rumrationen für den Rest der Mannschaft wurden
deutlich erhöht, doch sie waren bei dieser Hitze kontraproduktiv.
Auch die gesunden Männer litten bei der hohen Luftfeuchtigkeit und
der brüllenden Hitze unter Flüssigkeitsverlust. Der Alkohol
verstärkte ihren Durst nur noch. Einige der Matrosen waren dazu
übergegangen lieber ihren eigenen Urin zu trinken, als das

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